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"How to Sell Drugs Online (fast)": Wahre Geschichte hinter Netflix-Serie

Bjarne Mädel in Netflix-Serie HtSDO(f)
Bjarne Mädel als übler Schurke in der Netflix-Serie HtSDO(f) Sender

Auf Netflix sorgt die Serie "How to Sell Drugs Online (fast)" derzeit für Furore. Jan Böhmermanns TV-Firma BildundTonFabrik produzierte sechs witzige Comedy-Episoden über einen Online-Drogenversand. Doch ganz so lustig ist die Geschichte dahinter gar nicht.

Als Maximilian Mundt (Moritz) und Danielo Kamperidis am Netflix-Set von "How to Sell Drugs Online (fast)" gerade in einer Drehpause die Glieder strecken, staunen sie nicht schlecht. Ein Mitarbeiter der Kölner Produktionsfirma BildundTonFabrik kommt auf sie zu und stellt ihnen einen Mann vor: Maximilian S. - ein verurteilter Drogendealer, der bis auf Heroin alle Drogen der Welt im Wert von mehr als vier Millionen Euro über das Internet vertickte. Aus einem deutschen Kinderzimmer bei Leipzig.

Und genau das ist die Geschichte, die für die neue Comedy-Serie von Netflix als Inspirationsquelle dient. Die Macher von "How to Sell Drugs Online (fast)" orientieren sich an diesem unfassbaren Drogenskandal und nutzen ihn als Ausgangslage für eine Serie über zwei Teenager, denen das Drogen-Dealen irgendwann über den Kopf wächst. So wie den Darstellern die Situation mit Maximilian S. am Set der Netflix-Serie. Als das "wahre Vorbild" aus Fleisch und Blut vor ihnen steht, wissen sie gar nicht, wie sie reagieren sollen. Ihr Gefühlszustand changiert zwischen Ablehnung und Skepsis, wie Mundt und Kamperidis uns im Podcast-Interview erzählen:

Alles außer Heroin: Die wahre Begebenheit hinter HtSDO(f)

Foto: picture alliance / dpa, Drogenfund in Leipzig: Polizei und die "Shiny Flakes"
Kaum verwunderlich, schließlich ist der Junge nicht nur ein kriminelles Genie, sondern in erster Linie ein gewissenloser Gierhals, der ihm unbekannte Menschen mit gefährlichen Substanzen versorgte - und dabei Millionen scheffelte. Am 26. Februar 2015 flog der damals 20-jährige Online-Drogenhändler auf, gemeinsam mit einem 51-jährigen Komplizen. Über die Seite "Shiny Flakes" ("Glitzernde Flocken") hatte Maximilian S. tausende Kunden in der ganzen Welt beliefert. Als die Polizei seine bzw. die Wohnungstür seiner Mutter aufbrach, fanden sie 360 Kilogramm Drogen in seinem Kinderzimmer, darunter Kokain, LSD, Ecstasy und Marihuana.

Nur Heroin soll nicht darunter gewesen sein, der Gesamtwert belief sich dennoch auf mehr als vier Millionen Euro. Die Polizei stellte bei der Wohnungsdurchsuchung allein 48.000 Euro in bar sicher. Die Online-Plattform "Shiny Slakes" funktionierte mithilfe von Bitcoins, laut Polizeiangaben soll mit dieser Web-Währung zwischen Oktober 2014 und Februar 2015 etwa eine Million Euro Umsatz gemacht worden sein. Die Gewinnmarge: bis zu 300 Prozent.

Verrückt ist auch die Geschichte, die Drogenhändler-Max am 28. September 2015 am dritten Verhandlungstag vor dem Leipziger Amtsgericht erzählt. Anfangs wollte er im Internet mit Kopien voin beliebten kostenpflichtigen Porno-Websites Geld verdienen. Doch die Konkurrenz war ihm zu groß, also schwenkte er um auf Drogen. Seine Ersparnisse ergaben rund 2000 Euro. Einen Teil davon investierte er in Pilze und 30 Gramm Kokain, um das Zeug anschließend online weiterzuverkaufen. Sein Vorteil: Er kannte sich mit Darknet- und Internetthemen gut aus und konnte einigermaßen programmieren. Das Geschäft florierte schnell, zu schnell.

Jetzt schlägt Netflix aus der Geschichte Profit

Foto: picture alliance / dpa, Maximilian S. mit seinem Anwalt vor Gericht
Wenige Monate nach Business-Start erhöhte der DIY-Drogenboss die Mindestbestellmenge auf 200 Euro: "Ich hatte keine Zeit mehr, zu denken", sagte der Angeklagte damals vor Gericht. Er habe 16 Stunden am Tag gearbeitet: Um 23 Uhr begann er, das Koks zu zerkleinern und zu portionieren, um sechs Uhr morgens brachte er die zuvor präparierten Briefe zur Packstation. Laut der damaligen Anklageschrift habe Maximilian S. über eigens aufgebaute Shopsysteme im Clearweb und später auch im Darknet mit 914 kg Drogen von seinem Kinderzimmer aus gehandelt und diese weltweit verschickt.

Doch er wurde erwischt. Ein entscheidender Fehler unterlief S. offline. Er sparte beim Porto und schlampte bei den Empfänger-Adressen. Wie ein Ermittler 2015 erklärte, führte das zu kuriosen Szenarien: "Die Pakete landeten teils in Hausfluren, wo Bewohner sie schließlich öffneten und zur Polizei gingen." Daraufhin begann die Polizei, Packstationen zu observieren – und kam S. auf die Spur.

Das Urteil: Max musste für sieben Jahre hinter Gittern, nach Jugendstrafrecht. So ist es auch zu erklären, warum er im Jahr 2018 für einige Stunden am Set der neuen Netflix-Serie "How to Sell Drugs Online (fast)" zugegen war. Es dürfte sich um einen begleiteten Ausgang unter Auflagen gehandelt haben. Neben der Haft muss der inzwischen 24-jährige Ex-Drogenabron eine enorme Forderung von über drei Millionen Euro an die Staatskasse blechen. Längst sind die Zeiten vorbei, in denen er Kohle scheffelte.

Nun machen andere mit seiner Geschichte Profit, Netflix zum Beispiel.