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2. Staffel "Outlander"

Licence to Kilt

Sam Heughan und Caitriona Balfe haben mit der Fantasyromanze "Outlander" einen Riesenhit gelandet. Wir trafen das Duo am Set in Glasgow zum Interview.

Es ist ein ungewöhnlicher Anblick, den Caitriona Balfe und Sam Heughan am "Outlander"-­Set im schottischen Cumbernauld bieten. Bisher kannten wir sie nur im schlichten Kleid und ihn im Kilt. Doch jetzt sitzt Sam in edle Ge­wänder gehüllt vor uns, während Caitriona verzweifelt einen Stuhl sucht, auf dem sie sich mitsamt ihres ausladenden Kleids niedelassen kann.

Ganz offensichtlich wird die zweite Staffel "Outlander" ein völlig anderes Erlebnis als der im Matsch der Highlands spielende Auftakt. Dennoch ist und bleibt Schottland der Dreh­- und Angel­punkt der Zeitreiseserie, die sich eine ähnlich begeisterte Fangemeinde erspielt hat (auf Vox schalteten regelmäßig über zwei Millionen ein) wie das irische "Game of Thrones".

Insbesondere dem in Schottland geborenen Heughan merkt man an, wie sehr er sich mit der Rolle als Freiheitskämpfer Jamie Fraser identifiziert. Beim Referendum 2014 machte er sich für die Unabhängigkeit Schottlands stark. Kein Wunder also, dass das Gespräch in diese Richtung driftet. Seine irische Partnerin Caitriona Balfe scheint mit den Gedanken hingegen ganz woanders zu sein: Schließlich sitzt sie wie der Rest der Crew schon auf gepackten Koffern.
Warum herrscht hier am Set so eine Aufbruchstimmung?

SAM HEUGHAN Weil Paris, wo ein Teil der Handlung spielt, nicht mehr wie Paris aussieht und es in Edinburgh zu wenige Locations gab, geht es nächste Woche wieder nach Prag. Gerade werden die Pferde verschickt und die Touristen von den Orten weggezerrt, an denen wir drehen wollen. (lacht)

Das klingt nach Urlaub.

SAM HEUGHAN Beim ersten Mal war es auch fast so. Die ganze schottische Crew lag in der Sonne. Und nach einem Tag haben sich alle beschwert, dass es zu heiß ist. Es war sehr witzig.

CAITRIONA BAlFE So seltsam es klingt: Wir alle freuen uns immer, wenn wir im Regen und Matsch sind, weil das unser Heim ist.

Werden Sie nicht die opulenten Pariser Kostüme vermissen?

CAITRIONA BAlFE Sie sind sehr schön, das stimmt. Aber wie Sie sehen, gibt es gewisse Einschränkungen. Sagen wir mal so: Die Toilettenpausen sind in dieser Robe sehr lang.

Warum reisen Sie in der Serie nach Paris?

CAITRIONA BAlFE Es ist die einzige Mög­lichkeit. Jamie ist nicht sicher in Schottland. Und der einzige Ort, an den sie fliehen können, ist Frankreich. Aber Claire weiß, wie wichtig Schottland für Jamie ist. Und um zurückgehen zu kön­nen und dort ein Leben als Fami­lie zu führen, müssen sie die politischen Umstände ändern...

SAM HEUGHAN...indem die beiden verhindern, dass Bonnie Prince Charlie finanzielle Unterstützung aus Frankreich bekommt und dadurch nicht die Mittel hat, um die Schlacht bei Culloden zu führen, wo er vernichtet wird.

In was für einem Schottland würden wir leben, wenn es die Schlacht nicht gegeben hätte?

SAM HEUGHAN Vermutlich in einem Schottland, in dem viel mehr Gälisch gesprochen wird.

Kannten Sie als Schotte den historischen Hintergrund?

SAM HEUGHAN Als Kind habe ich mir oft vorgestellt, Bonnie Prince Charlie, Robert the Bruce oder William Wallace zu sein. Mit diesen Legenden sind wir aufgewachsen. Doch es waren romantisierte Versionen, deshalb war es interessant zu erfahren, wie es wirklich in dieser Zeit war.

In gewisser Weise ist "Outlander" ja immer noch aktuell...

SAM HEUGHAN Ja. Letztes Jahr hatten wir das Referendum zur Unabhängigkeit, demnächst gibt es vielleicht ein weiteres. Es hat sich also nicht so viel verändert in den letzten 200 bis 300 Jahren.

Stimmt es, dass die Serie wegen des schottischen Referendums verschoben wurde?


SAM HEUGHAN So steht es zumindest bei WikiLeaks.

Ich merke schon, Sie dürfen nichts sagen, aber halten Sie diese Bitte für verständlich?

SAM HEUGHAN Unsere Serie feiert Schottland und hat sicherlich auch einige Pro-­Unabhängig­keit­-Botschaften. Aber das ist auf diese Zeitperiode bezogen. Die politischen Umstände und die Gründe für die Unabhängigkeitsforderung sind heutzutage doch andere. Vermutlich hätte die Se­rie für beide Seiten Argumente liefern können.

Die Serie hat einen enormen Fankult ausgelöst. Haben Sie irgendwelche besonderen Erlebnisse mit Fans gehabt?


CAITRIONA BAlFE So direkt noch nicht. Aber ich habe einen sehr bewegenden Brief von einer Frau bekommen, die im Auftrag ihrer 82­-jährigen Mutter schrieb. Sie hatte ihren Mann vor 20 Jahren verloren und seither nie wieder geheiratet, weil er die Liebe ihres Lebens war. Ich war in Tränen aufgelöst.

SAM HEUGHAN Dann hättest du zu den Fans gepasst, die ein Freund von mir in Culloden an der Stelle der historischen Schlacht gesehen hat...

...wo im Jahr 1746 aufständische Highlander gegen englische Regierungstruppen unterlagen.

SAM HEUGHAN Einige Touristen standen dort in Tränen aufgelöst und legten Blumen am Grabstein des Fraser­-Clans ab.

"Outlander" wird gern als feministische Antwort auf "Game of Thrones" beschrieben. Was halten Sie von dieser Einordnung?

CAITRIONA BAlFE Wir haben nie eine be­wusste Entscheidung getroffen, Feminismus zu propagieren. Aber unsere Vorlage wurde nun mal von einer versierten und resoluten Frau geschrieben. Die Hälfte unserer Autoren ist weiblich, und wir versuchen zudem, so viele weibliche Regisseure wie möglich zu engagieren. Von da­her haben wir natürlich einen leicht feministischen Blick auf die Geschichte.

SAM HEUGHAN Wobei man sagen muss, dass die Serie mehr noch als die Bücher auch für Männer viel bietet. Ja, wir haben eine starke weibliche Hauptfigur. Aber die
Serie ist zugleich düster, und es gibt Kämpfe. Die gesamte zweite Staffel bereitet die Schlacht bei Culloden vor, eine große Schlacht, die eine ganze Kultur ausradiert hat. Wir haben es also mit großen Themen zu tun. Außerdem wird in dieser Staffel das Zeitreiseelement verstärkt.

Dabei hat uns die Filmgeschichte doch gelehrt, dass es gefährlich ist, wenn man die Zeit verändern will...

SAM HEUGHAN (lacht) Ich weiß. Claire hätte einfach "Zurück in die Zukunft" gucken sollen. Dann hätten sie gewusst, dass man das nicht tun sollte.

CAITRIONA BAlFE Okay, um fair zu sein: Die Frau ist da vollkommen unvor­bereitet reingeschlittert. Seid doch einfach mal nachsichtig mit ihr. (lacht)

Man merkt schon: Sie beide verstehen sich. Ist das wichtig, wenn man eine Serie dreht?

SAM HEUGHAN Ich glaube, es ist sehr wichtig, dass die Chemie stimmt, und glücklicherweise kommen wir gut miteinander zurecht.

Abgesehen von der neuen Location: Wie verändern sich Ihre Figuren in der zweiten Staffel?

CAITRIONA BAlFE In der ersten hat Claire nur auf äußere Umstände reagiert. Jetzt hat sie sich in ihrer Beziehung mit Jamie eingelebt und wird Mutter. Da kommt eine neue emotionale Ebene ins Spiel. Die zweite Staffel ist für Claire eine nach innen gerichtete Reise.

SAM HEUGHAN Man könnte grob sagen: Die erste Staffel zeigt zwei Menschen, die sich verlieben und einander entdecken. Staffel zwei zeigt mehr die Problemjahre. Die Flitterwochen sind vorüber. Sie müssen an ihrer Beziehung arbeiten.

CAITRIONA BAlFE Von daher gleich mal eine Warnung an alle "Outlander"-Fans da draußen, die sich fragen, wo denn der ganze Sex hin ist. Wir erzählen eine andere Ge­schichte. Wir zeigen nicht mehr, wie zwei Menschen scharf aufeinander sind. Das ist eine Ehe.

Die erste Staffel endete auch mit einer Art Sexszene, als Jamie von seinem Nebenbuhler vergewaltigt wird. Sie wussten den ganzen Dreh sicher, dass diese Szene kommt. War das belastend?

SAM HEUGHAN Klar war ich nervös, aber ich habe mich auch drauf gefreut. Jeder Schauspieler will etwas, in das er eintauchen kann. Und ich habe das Gefühl, dass solche schweren Szenen mehr Spaß machen, weil es eine größere Herausforderung ist.

Wird dieses Trauma noch lange über den beiden hängen?

CAITRIONA BAlFE Absolut. Und damit wei­chen wir von der Buchvorlage ab. In den Romanen ist eine lange Zeit vergangen, nachdem Claire und Jamie Schottland verlassen haben. Sie haben sogar schon wieder jede Menge Sex. Aber alle an der Serie Beteiligten waren sich einig, dass wir das nicht tun können. Er muss Zeit bekommen, um sich davon zu erholen. Es ist für ihn unmöglich, wieder intim zu sein, weil Black Jack ihm die Chance, sich jemandem hinzugeben, genommen hat.

Werden wir in der Serie also keine Zeitsprünge wie in den Büchern zu sehen bekommen?

SAM HEUGHAN Doch, an einem gewissen Punkt wird es einen Zeitsprung geben. Aber bisher haben die Verantwortlichen zum Glück gesagt, dass sie uns weiter beschäftigen. Ich habe zumindest noch keine älteren Schauspieler hier herumlaufen sehen (lacht).

Rüdiger Meyer