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"Wolfsland: Der steinerne Gast"

Wolfsland: Der steinerne Gast
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Die Leichenmacher. Immer öfter zeigen Krimis gruselige Tote: die Dummies sind das Werk von Spezialisten und manchmal echter als die Realität

Die Bauarbeiter in dem TV-Krimi "Wolfsland: Der steinerne Gast" machen einen grausigen Fund: Unter den Dielen liegt eine alte Leiche. Ausgetrocknet und verschrumpelt wie in einem "Indiana Jones"-Film. Und natürlich nicht echt.

Der Körper ist aus Latex und stammt von Christiane Rüdebusch, die mit ihrer Firma Tricky Mac FX Tote für Filme fertigt - und verleiht. Der "Wolfsland"-Körper ist eine Leihleiche, die nun in Rüdebuschs Halle in Berlin-Spandau neben diversen abgetrennten Gliedmaßen, künstlichen Babys und Tieren lagert und 650 Euro pro Drehtag kostet.

Wird die Leiche extra gebaut, wird es teurer. "Wir haben kürzlich für einen Kinofilm Leichen gebaut, die genauso aussehen wie die Schauspieler", sagt Rüdebusch. "Die sollten in der Pathologie mit unversehrter Haut liegen. Dann wurden sie aufgeschnitten, Rippen durchgeknipst, Gehirn entnommen, Organe entnommen." Ein derart detaillierter High-End-Kadaver schlägt mit 50 000 Euro zu Buche. Hinterher nimmt Rüdebusch den offenen Körper wieder für den Fundus zurück.

Unterernährt und aufgerissen
Im deutschen Fernsehen mit seiner hohen Krimidichte ist der Bedarf an Gummitoten groß. Schwerthelm Ziehfreund von MovieSFX fertigt in seiner Werkstatt bei München fünf bis sechs frische Körper pro Jahr. Sonderwünsche kein Problem.

"Die Macher wollen schon ein bisschen was sehen", sagt Ziehfreund. "Die Redaktionen schauen aber darauf, dass es nicht zu hart wird." Für den Taunuskrimi "Der böse Wolf" baute Ziehfreund eine sechzehnjährige unterernährte Mädchenleiche. "Die war zu gut. Die hatte auch noch eine aufgerissene Brust, weil sie in eine Schiffsschraube gekommen war. Das ZDF hat aus dem Filmmaterial fünfzehn Minuten herausgenommen. Schade, war eine schöne Arbeit", sagt Ziehfreund.

Inspirieren lassen sich die Tricktechniker vom wahren Tod - beide haben gute Ver­bindungen zur Rechtsmedizin und sehen sich immer wieder echte Leichen an. "Es ist aber oft gewünscht, dass wir die Realität nicht allzu genau darstellen", sagt Ziehfreund. "Einen realistischen aufgesetzten Kopfschuss können Sie nicht zeigen. Da ist der halbe Schädel weg." Die Wirklichkeit ist zu hart, aber absurderweise oft auch zu unrealistisch für die Zuschauer. "Viele echte Leichen sehen einfach unecht aus. Die haben die erstaunlichsten Farben und eine wächserne Haut... wie aus Gummi. Wenn Sie so etwas präsentieren würden, würde der Zuschauer denken, das sei einfach schlecht gemacht." Bei besonders skurrilen Fällen rufen die Rechts­mediziner auch mal an: Wir haben hier jemanden, der unter Drogen in einem Teller Nudelsuppe ertrunken ist. Unrealistisch, aber wahr. Manchmal können sich die Filmhandwerker für solche Einsichten revanchieren. Auch wenn es schwerfällt. Rüdebusch rekons­truierte für die Berliner Behörden ein ermordetes Baby - was dazu führte, dass die Täter hinter Gitter ­gebracht werden konnten.

Verweste Tote auch bei "Aktenzeichen XY"
In Krimis liegen traditionell Leichen herum, mittlerweile aber auch in Serien wie "Charité" und selbst in nicht fiktionalen Sendungen wie "Aktenzeichen XY... ungelöst". Dass es hier tendenziell zu immer drastischeren Darstellungen kommt, sehen beide Tricktechniker nicht. "Höchstens phasenweise", sagt Rüdebusch. "Wenn dann mal wieder ein Terroranschlag war, bekomme ich eher Aufträge, süße Tiere zu bauen. Oder Babys." Echte Tiere und Kinder benötigen besondere Betreuung und machen Dreharbeiten teurer. Deshalb greifen Filmproduktionen gern auf ferngesteuerte Säuglinge zurück, die auf Knopfdruck blinzeln oder Mamas Finger greifen können.

Kommen in einer deutschen Filmhandlung Tiere zu Schaden, sind diese mit Sicherheit nicht echt. Auch wenn das manchmal schwer zu glauben ist. Für den Film "Die Relativitätstheorie der Liebe" baute Schwerthelm Ziehfreund Tauben, die auf Kommando explodierten und dabei so überzeugend aussahen, dass sich Tierschützer beschwerten. Auch eine Art Lob. Ziehfreund hat schon sprechende Bäume und jüngst für eine TV-Serie schlagende Herzen gebaut. "Wenn man es sich vorstellen kann, kann man es auch bauen", sagt er. "Wir machen alles." Bis auf Nudelsuppentote.