Update vom 3. Mai 2019: Vor einigen Tagen hat Cinemaxx ver.di ein neues Angebot vorgelegt, das jetzt erst einmal diskutiert werden muss. Von daher wird es zunächst einmal bis zum 14. Mai keine weiteren Streiks in Cinemaxx-Kinos geben, wie uns telefonisch mitgeteilt wurde. Es folgt noch die ursprüngliche Meldung.

Schon seit einiger Zeit befindet sich die Gewerkschaft ver.di in schwierigen Tarifverhandlungen mit den beiden Kinoketten Cinemaxx und Cinestar. Da die Gespräche nicht wie gewünscht verlaufen, werden seit dem 24. April 2019 zahlreiche Häuser beider Marken bestreikt – und das bestimmt nicht zufällig genau in der Startwoche von "Avengers 4: Endgame", einem der mit Abstand größten Neustarts des Jahres. Nachfolgend verraten wir euch, welche Standorte betroffen sind, was euch erwartet und liefern euch darüber hinaus Hintergründe.

Diese Kinos sind betroffen

Für Kinogänger dürfte dies die wohl wichtigste Information im Zusammenhang mit den Streiks sein: Welche Kinos sind bundesweit überhaupt davon betroffen? Eine Quelle von TV SPIELFILM hat eine Auflistung mit allen Filmtheatern mit uns geteilt. Dabei gilt dringend zu beachten: Die folgende Liste ist auf dem Stand vom 25. April 2019, 15 Uhr, und ist nicht final. In den folgenden Tagen und Wochen können noch weitere Lichtspielhäuser, die hier nicht berücksichtigt werden konnten, dazukommen, andere könnten wiederum in der Zwischenzeit zum regulären Betrieb übergehen.

Cinestar

Berlin Sony Center
Berlin Cubix
Berlin Treptower Park
Berlin Tegel
Osnabrück
Siegen
Frankfurt Mainzer Landstraße
Frankfurt Metropolis
Bamberg
Mainz
Erlangen
Bonn
Bielefeld
Dortmund
Gütersloh
Hagen

Cinemaxx

Oldenburg
Kiel
Freiburg
Berlin
Trier
Hannover
Wuppertal
Göttingen
HH Harburg
HH Wandsbek
HH Dammtor
Krefeld
Offenbach
Halle

Insgesamt können sich laut unseren Quellen Filmfans in Ost- und Süddeutschland glücklich schätzen, da in diesen Regionen deutlich weniger bis fast gar nicht gestreikt wird.

Das kann euch passieren

Will man dennoch das Risiko eingehen und dem Kino seines Vertrauens einen Besuch abstatten (sofern es Teil einer dieser Ketten ist), sollte man in erster Linie viel Zeit mitbringen. Durch die Streiks wird logischerweise viel weniger Personal vor Ort sein und das wird in erster Linie heißen: Ganz lange Schlangen!

Mit einer geringeren Truppenstärke wird es erwartungsgemäß an den Kassen und an den Snack-Theken zu Verzögerungen kommen. Das stellt allerdings noch ein vergleichsweise moderates Szenario dar: Wie uns aus verlässlichen Quellen mitgeteilt wurde, fiel in manchen Häusern die Versorgung mit Snacks und Getränken komplett aus, weshalb Gäste sogar schon an den Schnellimbiss um die Ecke verwiesen wurden. Vereinzelt hat auch die Saalreinigung zwischen den Vorstellungen nicht stattgefunden und darüber hinaus muss auch insgesamt mit Ausfällen ganzer Vorstellungsrunden gerechnet werden: Früh- und Spätvorstellungen wurden schon gestrichen und es ist nicht auszuschließen, dass in naher Zukunft noch weitere Screenings davon betroffen sein werden.

Die Pressesprecherin von Cinemaxx Ingrid Breul-Husar versichert jedoch "einen regulären Kinobetrieb ohne merkliche Einschränkungen für unsere Gäste". "Dies ist auch das erklärte Ziel für alle folgenden Arbeitsniederlegungen und wir sind zuversichtlich, dass wir einen regulären Kinobetrieb bieten werden."

Und wie lange wird der Streik dauern? Das ist aktuell noch gar nicht konkret abzusehen und ist von verschiedenen Faktoren abhängig. Im schlimmsten Falle könnten die Streiks aber noch bis zum Weihnachtsgeschäft und zum Start von "Star Wars 9" für wiederkehrende Unterbrechungen sorgen.

Gründe

Es ist nicht das erste Mal, dass ver.di mit Cinemaxx und Cinestar über bessere Löhne für das Servicepersonal streitet und zu Warnstreiks aufruft. So gab es zum Beispiel 2012 ähnliche Vorkommnisse in Bezug zu Tarifverhandlungen. Die aktuelle Welle an Streiks begann bereits im März dieses Jahres und in einer offiziellen Pressemitteilung betont die Gewerkschaft die Notwendigkeit der geforderten Lohnerhöhung aufgrund steigender Mieten, Energie- und Fahrtkosten, die von den Mitarbeitern beider Ketten derzeit nicht gestemmt werden können.

Das Statement von ver.di

Bei den Multiplex-Kinoketten Cinestar und Cinemaxx wird ab heute Abend (24.4.) zum bundesweiten Filmstart von "Avengers: Endgame" in mehr als 20 Kinos gestreikt. Nach fünf Verhandlungsrunden für die rund 3.000 Beschäftigten sind die Tarifparteien immer noch keinen entscheidenden Schritt vorangekommen. "Die Servicekräfte im Kino verdienen Anerkennung und Respekt, sie leisten viel und haben daher einen Anspruch auf existenzsichernde Löhne", forderte der stellvertretende ver.di-Vorsitzende Frank Werneke. Die Servicekräfte müssten auch steigende Mieten, Energie- und Fahrtkosten schultern. Das sei mit den Niedriglöhnen bei Cinemaxx und Cinestar nicht zu schaffen. "Die großen Kinokonzerne zeigen keinerlei Wertschätzung gegenüber den Beschäftigten", kritisierte Werneke. Die Beschäftigten und ver.di hätten sehr wohl registriert, dass vorsorglich angeheuerten Streikbrechern mehr als 12 Euro Stundenlohn gezahlt würde, während sich die Stammbelegschaft mit 9,19 Euro Einstiegslohn zufriedengeben soll.

ver.di will die Streiks auch in den kommenden Tagen an unterschiedlichen Standorten fortsetzen. Bei der für Dienstag (30.4.) vereinbarten Fortsetzung der Tarifverhandlungen in Hamburg könnten die Cinemaxx-Betreiber ein verhandlungsfähiges Angebot vorlegen. Mit dem Unternehmen Cinestar konnte bisher kein neuer Verhandlungstermin vereinbart werden.


Von Cinemaxx gibt es ebenfalls eine offizielle Stellungnahme zur Lage:

Das Statement von Cinemaxx

Zu allererst: Unser Kernziel ist es, mit unserem Tarifpartner ver.di einen gemeinsamen Weg zu finden. Wir wollen am Verhandlungstisch zu einer guten Lösung kommen. So, wie wir auch schon 2015/16 zu einem für beide Seiten zufriedenstellenden Ergebnis gekommen sind – kompromissfähige Angebote in konstruktiven Verhandlungen waren hier die Basis. Cinemaxx hat in der nunmehr fünften Verhandlungsrunde am 26. März ein drittes Angebot von rund 7% Gehaltserhöhung in zwei Stufen vorgelegt.

Ver.di beharrt jedoch auf ihren ursprünglichen absolut realitätsfernen Forderungen. Steigerungen von über 20% sind für kein Unternehmen wirtschaftlich tragbar. Erst recht nicht für ein Kino-Unternehmen im angespannten Markt. Wenn man dann noch versteht, dass diese ver.di Forderung bisher nur für das erste Jahr vorliegt, zeigt das, wie maßlos diese Forderung ist. Unser aktuelles Angebot liegt schon heute deutlich über dem finalen Tarifergebnis 2015/16 – damals nach einem absoluten Kino-Rekordjahr!

Und auch mit Blick auf aktuelle ver.di Tarif-Abschlüsse in anderen Branchen ist unser Angebot absolut fair und jetzt schon abschlussnah. Was dort an Steigerung in 3 Stufen über teilweise 3 Jahre geboten wird, bieten wir innerhalb von 2 Jahren jetzt schon zu diesem Verhandlungsstand - trotz angespannter Marktlage. Wir appellieren an ver.di, in der nächsten Verhandlungsrunde am 30.4.2019 ihre Forderungen auf ein realitätsnahes Maß zu reduzieren. Wir glauben, dass gute Ergebnisse nur am Verhandlungstisch zu erreichen sind und nicht durch Polarisierung und Arbeitskampf! Unser Ziel: Wir wollen so schnell wie möglich höhere Gehälter für unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zahlen.


Eine Mailanfrage an Cinestar blieb zum Zeitpunkt dieser Veröffentlichung unbeantwortet.

Fusion von Cinemaxx & Cinestar

Eine Quelle von TV SPIELFILM verriet, dass Verhandlungen mit Cinestar recht erfolgreich verliefen und man sich einer Einigung genähert habe, als die Gespräche dann Mitte April abrupt zum Stillstand kamen. Als Grund wird die australische Noch-Eigentümerin Event Hospitality & Entertainment Limited genannt, die den Verhandlungen nicht zugestimmt habe.

Im Herbst 2018 wurde bekannt, dass die Cinemaxx-Eigentümerin, die britische Kinokette Vue International, auch Cinestar übernehmen wird, wodurch zukünftig beide Marken unter einem gemeinsamen Dach firmieren werden. Da der Deal zum gegenwärtigen Zeitpunkt allerdings noch vom Bundeskartellamt geprüft wird, laufen die Verhandlungen von Cinemaxx und Cinestar mit ver.di noch separat ab und demzufolge hat im Fall von Letzteren auch der australische Konzern das entscheidende Wort. In der kommenden Woche (29. April bis 5. Mai) soll sich zeigen, ob die Gespräche wieder aufgenommen werden oder ob sich der Streit verlängert. Mit einer Entscheidung des Kartellamtes rechnet man derweil noch im laufenden zweiten Quartal, wie uns eine informierte Person mitteilte.

Das größere Problem

Die Fusionierung beider Marken könnte darüber hinaus die Frage mit sich bringen, ob es denn überhaupt noch in Zukunft einen Tarifvertrag für die Mitarbeiter geben wird: Geht die Übernahme offiziell durch, würde für Cinestar der gleiche Vertrag gelten wie für Cinemaxx. Problematisch ist aber laut einem in den Gesprächen involvierten Mitarbeiter, dass der Cinemaxx-Tarifvertrag von Vue gekündigt wurde und zum Jahresende 2019 ausläuft – danach müsste neu verhandelt werden und zwar nicht mehr nur über die Löhne an sich, sondern auch über die übrigen Arbeitsbedingungen.

Eine TV SPIELFILM nahe stehende Quelle äußert sich deshalb besorgt und glaubt, dass Vue zukünftig lieber einen Sparkurs fahren und auf einen neuen Tarifvertrag verzichten wird – Kinos würden dann dadurch profitabler werden, wenn sich die Konditionen der Servicemitarbeiter verschlechtern, so wird befürchtet.

Wie also der ganze Tarifstreit enden wird, ist also noch nicht abzusehen und man kann nur hoffen, dass sich die schlimmsten Befürchtungen nicht bewahrheiten und doch noch Kompromisse erzielt werden können. Bis dahin sollten Kinogänger am besten etwaige Probleme miteinplanen.