Sie ist die Grande Dame des deutschen Films: Iris Berben steht seit über 50 Jahren vor der Kamera und hat ihre Spuren in der Medienlandschaft hinterlassen, am deutlichsten wohl in 31 Episoden als Titelheldin "Rosa Roth". Wenige Tage vor ihrem 71. Geburtstag zeigt die ARD aber noch einmal den bislang besten Auftritt ihrer langen Karriere: "Hanne", einen TV-Film von 2019, für den sie mit dem gefeierten deutschen Regisseur Dominik Graf zusammenarbeitete.

Sie spielt die ältere Dame Hanne Dührsen, die sich eigentlich nur ein paar Krampfadern entfernen lassen wollte, als ihr Arzt ihr am Freitagnachmittag mitteilt: Es besteht Verdacht auf Blutkrebs. Montagmorgen sollen die Ergebnisse einer genaueren Untersuchung kommen. Jetzt heißt es für die Rentnerin: Abwarten und bangen. Und für den Zuschauer: Zurücklehnen und ein deutsches Film-Meisterwerk genießen!

Hanne: Eine Rolle wie gemacht für Iris Berben

Es ist, als sei das Drehbuch von Beate Langmaack extra für Iris Berben geschrieben worden. Die Rolle als Pensionärin, die durch eine schreckliche Diagnose ihr eigenes Leben neu zu schätzen lernt, vereint all ihre Stärken: Berben zeichnete sich stets durch ihre subtile Wandlungsfähigkeit aus. Und Hanne wandelt sich gewaltig in den 90 Minuten des Films, die Dominik Graf in 12 Kapitel unterteilt. Sie erwacht aus einem Leben, in dem sie schon lange nicht mehr richtig gefühlt hat, und ermittelt, was sie eigentlich in ihrer verbliebenden Zeit auf der Erde will.

Gleichzeitig wurde Berben immer nachgesagt, sehr kontrolliert zu wirken, ihre Auftritte genau durchzuplanen. Da ist sie wie ihre Figur Hanne: Auch die hat ihr Leben gerne fest im Griff, weiß genau, was als nächstes passiert. Durch solche Gemeinsamkeiten verschmilzt sie vor der Kamera mit ihrer Figur – und es liegt der Schluss nahe, dass Dominik Graf mit "Hanne" eine versteckte Liebeserklärung an Iris Berben inszeniert hat.

Einer der besten deutschen Filme seit Jahren

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Am Anfang macht es nicht unbedingt den Anschein, aber Hanne kämpft sich ins Leben zurück.

Dominik Graf, der genau wie Beate Langmaack und Iris Berben für "Hanne" einen Grimme-Preis erhielt, gibt dem Film seine eigene meisterhafte Note. Die Sinnsuche der Protagonistin zeigt er nicht als schwerfälliges, melancholisches Drama, sondern feiert lieber das Leben in all seinen Facetten. Außerdem erhält jedes der zwölf Kapitel einen eigenen visuellen Stil: Eine Passage zitiert überdeutlich aus dem französischen Klassiker "Cleo – Mittwoch zwischen 5 und 7". Ein anderer Abschnitt setzt auf wilde Zooms und imitiert den Stil von Italowestern. Wie passend, fand der erste große internationale Filmauftritt von Iris Berben doch 1970 tatsächlich im Italowestern "Zwei Compañeros" statt.

Auf diese Art und Weise ist Graf einer seiner besten und einer der besten deutschen Filme der letzten Jahre insgesamt gelungen. Die Gratwanderung, ein Drama im Angesicht des nahenden Krebstodes mit Humor, Leichtigkeit und Optimismus zu erzählen, ist gelungen. Und zu verdanken hat er das ohne jede Frage zu großen Teilen seiner Hauptdarstellerin. Iris Berben ist in "Hanne" noch mehr eine Ikone als sie es zuvor eh schon gewesen ist. Umso trauriger, dass der Film zwar bereits im Fernsehen lief, aber nie auf DVD oder Blu-ray erschienen ist.

Also unbedingt ansehen, wenn er denn mal im TV läuft: "Hanne" wird am Mittwoch, dem 4. August 2021, um 20:15 Uhr in der ARD ausgestrahlt.