Die Filme von Stanley Kubrick in eine Reihenfolge von schlecht nach gut zu bringen ist unmöglich. Denn der Regietitan hat keinen belanglosen oder gar schwachen Film gemacht. Da er bei seinen Werken immer aufs Ganze ging, hat der Perfektionist zwischen 1953 und 1999 nur 13 Spielfilme gedreht.

1928 in New York geboren, arbeitete der hochbegabte Kubrick zunächst als Fotoreporter, was man den sorgfältig komponierten Bildern in seinen Filmen anmerkt. Ob Kriegsfilm ("Wege zum Ruhm", "Full Metal Jacket"), Science Fiction ("2001", "Uhrwerk Orange") oder Horror ("Shining"): Der öffentlichkeitsscheue Regisseur drehte Filme in allen klassischen Genres, dreht sie aber immer auf links. 1961 siedelte er mit seiner Familie nach England über, die Insel verließ er nie mehr. 1999 starb kurz nach der Fertigstellung seines letzten Films "Eyes Wide Shut" im Alter von 70 Jahren.

13) Fear and Desire (1953)

Gerade mal eine Stunde und zwei Minuten dauert Stanley Kubricks erster Spielfilm nach drei kurzen Dokumentationen. Der Regisseur selbst hasste seinen ersten Spielfilm wegen seiner "amateurhaften Inszenierung". Dabei blitzt in der Erzählung von vier Soldaten, die im Feindesland überleben müssen, die Genialität des damals erst 25-jährigen, späteren Regieexzentrikers immer wieder auf.

12) Der Tiger von New York (1955)

Seinen zweiten Spielfilm realisierte Stanley Kubrick überwiegend im Alleingang (Regie, Kamera, Buch, Schnitt, Produktion). Die 75 000 Dollar für die Low-Budget-Produktion lieh er sich von Freunden und Verwandten. Es geht um den zweitklassigen New Yorker Boxer Davy Gordon (Jamie Smith). Als er wieder einmal von einem verlorenen Kampf zurückgekehrt, beobachtet er durch sein Fenster beobachtet, wie der Nachtclubbesitzer Vincent Rapallo in der gegenüberliegenden Wohnung die junge Gloria (Irene Kane) fast vergewaltigt. Er eilt ihr zur Hilfe und steckt mitten drin im Schlamassel.

11) Lolita (1962)

Lolita (Sue Lyon) weiß ihre Reize einzusetzen. Das bekommt auch der alternde Literaturdozent Humbert (James Mason) zu spüren. Die frühreife Tochter von Witwe Charlotte (Shelley Winters) verdreht dem neuen Mieter gehörig den Kopf. Um dem Mädchen nahe sein zu können, heiratet Humbert sogar ihre Mutter - und stürzt mit seiner blinden Verliebtheit schließlich nicht nur sich selbst ins Unglück. Stanley Kubrick verfilmte Vladimir Nabokovs Roman mit Hintersinn und bitterem Humor, erhöhte jedoch aus Angst vor der Zensur das Alter der ursprünglich zwölf Jahre jungen Lolita auf 15.

10) Eyes Wide Shut (1999)

Stanley Kubricks letzter Film ist ein Erotikthriller nach Arthur Schnitzlers "Traumnovelle": Bekifft beichtet Galeristin Alice (Nicole Kidman) ihrem Mann William (Tom Cruise) Sexfantasien mit einem anderen. Von Eifersucht getrieben, stürzt sich der Arzt in die erotischen Abgründe des New Yorker Nachtlebens und landet beim Maskenball einer Geheimverbindung... Sarkastisches Vexierspiel um Wahn, Wirklichkeit, Eros und Angst. Ein Film über den sexuellen Kleinbürger in uns allen.

9) Spartacus (1960)

Stanley Kubrick übernahm die Regie von Anthony Mann, der mit Star und Produzent Kirk Douglas in Streit geriet. Spartacus (Kirk Douglas) kann die Willkür römischer Senatoren nicht mehr erdulden. Er entschließt sich zur Rebellion und führt Sklaven in die Freiheit... Zwei Jahre dauerten die Dreharbeiten, 10 000 Menschen wirkten mit. Vier Oscars waren der Lohn.

8) Barry Lyndon (1975)

Mitte des 18. Jahrhunderts: Mit der Moral hält es der junge Ire Barry (Ryan O'Neal) recht locker, und er kommt rum: Er dient als Offizier in der englischen und in der preußischen Armee. Durch die Heirat mit der reichen wie schönen Lady Lyndon (Marisa Berenson) steigt er in die höchsten Gesellschaftskreise auf. Doch bald beginnt der soziale Abstieg... Stanley Kubrick inszenierte das prächtige Drama nach dem Roman von William M. Thackeray ("Jahrmarkt der Eitelkeit"). Dank spezieller Optik, die sonst für die NASA-Raumfahrt gedacht war, drehte er bei Kerzenschein ganz im Stil der alten Meister!

7) Die Rechnung ging nicht auf (1956)

Nach fünf Jahren Zuchthaus plant Johnny Clay ein neues Ding. Mit Freund Marvin will er die Kasse einer Pferderennbahn plündern. Mit an Bord sind drei dort angestellte Biedermänner und zwei Profis. Jeder von ihnen kennt nur seinen Part... Mit dieser Verfilmung des Romans "Clean Break" gelang dem damals 27-jährigen Stanley Kubrick ein wahres Kabinettstück. Der Film fasziniert noch heute durch seine komplexe Zeitdramaturgie, die die Story in raffinierte Vor- und Rückblenden auflöst.

6) Full Metal Jacket (1988)

Marines-Ausbilder Hartman drillt seine Rekruten mit gnadenloser Härte für den Dschungelkrieg in Vietnam. Private Joker (Matthew Modine), der sensible Private Paula (Vincent D'Onofrio) und ihre Kameraden stehen unter einem mörderischen Druck, noch bevor sie in den Kampfeinsatz ziehen. Joker sieht als Kriegsberichterstatter an der Front seine (und unsere) schlimmsten Erwartungen übertroffen... Kubrick schwebte kein Antikriegsfilm vor, ihm ging es um Realismus. Heraus kam ein krasses Gewaltszenario, das auch vom Bild des Vietnamkrieges im Film und in der Populärkultur (Musik!) erzählt.

5) Wege zum Ruhm (1958)

30 Jahre vor "Full Metal Jacket" drehte Kubrick dieses Antikriegsdrama: Während des Ersten Weltkriegs wird eine französische Einheit auf ein Selbstmordkommando gegen die deutsche Armee geschickt. Der Angriff schlägt fehl. Drei Soldaten kommen wegen "Feigheit vor dem Feind" vors Kriegsgericht. Nur der rebellische Colonel Dax (grandios: Kirk Douglas) stellt sich eindeutig hinter seine Männer. Nüchtern wie erschütternd klagt der junge Kubrick die Unmenschlichkeit der Militärhierarchie an. In Frankreich konnte der Film von 1957 erst 1975 gezeigt werden, da man Proteste gekränkter Veteranen befürchtete.

4) Dr. Seltsam oder Wie ich lernte, die Bombe zu lieben (1964)

Vom Polit-Thriller zur absurden Farce: Der Roman "Red Alert" von Peter George lieferte die Grundlage für "Dr. Seltsam". Während Regisseur Stanley Kubrick am Drehbuch arbeitete, wandelte sich die Geschichte vom Thriller über die nukleare Bedrohung zur durchgeknallten Farce. Im Alleingang schickt ein US-General (Sterling Hayden) Atombomber Richtung UdSSR. Der Präsident (Peter Sellers in einer von drei Rollen) greift zum roten Telefon, um zu retten, was zu retten ist... Kubricks einzige Komödie spaltete bei Erscheinen Kritiker und Publikum, wurde aber 1965 für vier Oscars nominiert.

3) Shining (1980)

Schriftsteller Jack (Jack Nicholson) soll in den Bergen von Colorado ein riesiges Hotel bewachen. Das steht im Winter leer. Der ideale Job also, um in Ruhe seinen Roman zu beenden. Außerdem sind seine Frau Wendy (Shelley Duvall) und Sohn Danny mit dabei. Doch von Tag zu Tag wirkt Jack gereizter. Als Wendy das Ergebnis seiner manischen Tipparbeit sieht, sind sie und Danny in höchster Gefahr... Nichts für schwache Nerven! Mit suggestiver Musik und irren Kamerafahrten schuf Kubrick einen verrückten, abgründigen Albtraum - für den er einzelne Szenen bis zu 148-mal wiederholen ließ.

2) Uhrwerk Orange (1971)

"Freude schöner Götterfunken..." Mordend und vergewaltigend ziehen Beethoven-Fan Alex (Malcolm McDowell) und seine Kumpel durchs London der nahen Zukunft. Nach Alex' Verhaftung schlägt der Staat mit einer brutalen "Anti-Gewalt-Therapie" zurück... Kubrick kleidete Anthony Burgess' Kultroman in bizarre Popästhetik. Nach Protesten zog er selbst den Film in Großbritannien zurück. Der stilprägende Skandalfilm wirkt heute theatralisch.

1) 2001: Odyssee im Weltraum (1968)

Ganz ohne die bisher gewohnten Monster und Helden schuf Stanley Kubrick den ersten "erwachsenen" Sci-Fi-Film - und ließ ihn auf der Erde in grauer Vorzeit beginnen: Über Nacht taucht ein geheimnisvoller Monolith vor der Höhle einer Urmenschen-Sippe auf. Der berühmteste Schnitt der Filmgeschichte führt in die Gegenwart: Auf dem Mond entdecken Wissenschaftler einen Monolithen, der Signale in Richtung Jupiter sendet. Im Jahr 2001 bricht das Raumschiff "Discovery" zum Jupiter auf. Als die Astronauten Bowman und Poole den Bordcomputer HAL 9000 wegen eines Defekts abschalten wollen, schlägt dieser zurück - denn er kennt als einziges Besatzungsmitglied den wahren Zweck der Mission: Die Begegnung mit einer fremden, überlegenen Intelligenz...