Wie oft findet die Riesenechse Godzilla denn noch den Weg auf die Kinoleinwände dieser Welt? Antwort: Ja. Der mittlerweile 37. Auftritt des Ungeheuers hat es aber in sich. "Godzilla Minus One" gewann einen Oscar für die beeindruckenden visuellen Effekte und wurde nun still und heimlich von Netflix ins Portfolio geholt. Doch was macht den Film denn so gut?

Achtung, es folgen Spoiler. Wer den Film noch nicht gesehen hat, sollte nun vorsichtig sein.

"Godzilla Minus One": Aktuelle Gefahr

Regisseur Takashi Yamazaki versetzt die Geschehnisse rund um das geheimnisvolle Monster ins Nachkriegsjapan. Damit orientiert er sich am Original von 1954 und grenzt sich von Vorgänger "Shin Godzilla" (2016) ab. Doch der nukleare Holocaust Japans am Ende des Zweiten Weltkrieges scheint in 2024 wieder aktueller denn je zu sein. Zahlreiche Nationen befinden sich im Krieg, darunter Atommächte, von Drohungen eines atomaren Erstschlags liest man in den Nachrichten in beängstigender Vielzahl. Yamazaki warnt die Welt, den Fokus auf die wichtigen Dinge zu legen: Im Film haben die Regierungen Japans und der USA mit anderen Dingen zu tun (u.a. Konflikte mit der Sowjetunion). So bleibt es bei einer kleinen selbst formierten Einheit ehemaliger Soldaten, Godzilla zu besiegen.

Der Plan von Professor Kenji Noda (Hidetaka Yoshioka) ist dabei so abenteuerlich wie in den alten Gummianzug-Godzilla-Filmen von Toho häufig auch: Mithilfe von Freon-Gasflaschen soll Godzilla auf den Grund der Sagami-Bucht versenkt und anschließend durch Gasballons wieder an die Oberfläche gebracht werden. Die immensen Druckunterschiede sollen ihn dabei töten. Der Plan schlägt fehl und nur der fahnenflüchtige Pilot Koichi Shikishima (Ryunosuke Kamiki) kann die Katastrophe jetzt noch abwenden.

Mitreissend, fesselnd, spannend

Die emotionale Musik von Naoki Satô schafft dabei ein gebührendes Setting. Insbesondere im Finale bringt er den Zuschauer in die richtige Stimmung. Hier geht es nicht mehr um ein paar Davids, die gegen Goliath antreten. Jetzt steht das Schicksal der Menschheit auf dem Spiel. Und das altbekannte "Godzilla"-Thema von Akira Ifukube darf natürlich auch nicht fehlen.

Und wieso gewann nun ein japanischer Film mit einem geschätzten Budget von nur 15 Millionen US-Dollar bei den Oscars gegen Blockbuster wie "Guardians of the Galaxy Vol. 3" oder "Mission: Impossible - Dead Reckoning Teil Eins" in der Kategorie "Beste visuelle Effekte? Die kurze Antwort: Weil sie verdammt gut sind. Die etwas längere Antwort: Die Effekte wurden von einem vergleichsweise kleinen Team mit wenig Budget und viel Leidenschaft umgesetzt. So war es beispielsweise der Digital Compositor Tatsuji Nojima, der zu Hause als Hobby Wasseranimationen am Computer erstellte. Als er diese Ergebnisse Regisseur Yamazaki zeigte, entschied dieser, dass der Film vermehrt im Wasser spielen müsse, da Nojimas Arbeit so gut war. Nojima wurde schließlich einer vier ausgezeichneten Oscar-Preisträger.

Der große Unterschied zu den Interpretationen aus Hollywood ist eindeutig: Bei "Godzilla Minus One" machen die Dialoge, die Motive, die Ängste der Menschen Sinn. Während in Hollywood das Drehbuch gebogen, gequetscht und gestreckt wird, damit am Ende ein möglichst actionreiches Finale entsteht, geht es in "Minus One" um Wiedergutmachung, Liebe und Aufarbeitung.

Monieren könnte man vielleicht das überaus theatralische Schauspiel der Darsteller. Doch selbst das passt ins Setting des Nachkriegsjapans. Schließlich sehen wir hier keinen Zeitzeugenbericht, sondern eine fantastische Mär, die den Zuschauer noch lange begleiten wird  - auch wegen Yamazakis Warnung.