Am 31. März 2022 startete mit "Morbius" der neueste Marvel-Film in den deutschen Kinos. Doch der Comic-Kracher mit Oscarpreisträger Jared Leto in der Hauptrolle des Wissenschaftlers Michael Morbius, der sich beim Versuch sich von einer seltenen Blutkrankheit zu heilen in einen Vampir mit übermenschlichen Kräften verwandelt, ist nicht Teil des Marvel Cinematic Universe (MUC). Vielmehr gehört der Film zum sogenannten Sony's Spider-Man Universe (SSU), zu dem bisher auch "Venom" und "Venom: Let There Be Carnage" gehören.

Und genau an dieser Stelle wird es zumindest für Fans von Spider-Man langam kompliziert. Denn selbst eingefleischte Kenner von Marvel und den Filmen der vergangenen Jahre fragen sich: Gehört der aktuelle Spider-Man, gespielt von Tom Holland, nun zum MCU oder zum SSU – oder zu beidem?

Achtung, hier kann es zu SPOILERN kommen!

Die Geschichte des Sony's Spider-Man Universe

Doch bevor diese Frage beantwortet werden kann, muss man  zunächst die Geschichte von Spider-Man und dem SSU durchexerzieren. Ansonsten versteht man diesen Verhau nicht.

Bereits seit den ersten "Spider-Man"-Filmen mit Tobey Maguire in der Hauptrolle liegen die Filmrechte der freundlichen Spinne aus der Nachbarschaft bei Sony Pictures. Ende 2013, also etwa ein Jahr nachdem der Superheld mit Andrew Garfield eine Neuauflage verpasst bekam, entschied das Studio, es dem MCU, das 2008 mit "Iron Man" seinen Siegeszug begann, gleichzutun und ein eigenes Filmuniversum um Spider-Man zu entwickeln. Doch diese Pläne scheiterten, als "The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro" sowohl bei Kritikern, Fans und an den Kinokassen ein Riesenflop wurde.

Anfang 2015 schloss Sony schließlich einen Vertrag mit Marvel Studios bzw. Disney, welche die Filmrechte an Marvel-Superhelden wie Iron Man, Captain America, Hulk, Thor und Co. inne haben. Der erlaubte es, Spider-Man in das MCU einzuführen – was 2016 mit dem Debüt von Tom Holland in "The First Avenger: Civil War" dann auch geschah.

Unterdessen arbeitete Sony selbst aber auch fleißig weiter an einem eigenen Marvel-Filmuniversum, das zunächst Sony Pictures Universe of Marvel Characters hieß, bis es 2021 in Sony's Spider-Man Universe umbenannt wurde. Darin sollen ausschließlich Figuren auftauchen, die im Zusammenhang mit Spider-Man stehen. 2018 machte "Venom" den Anfang. Drei Jahre später folgte mit "Venom: Let There Be Carnage" dann eine Fortsetzung über den Antihelden und Nemesis von Spider-Man. 2022 stieß dann "Morbius" zum SSU dazu.

Währenddessen gab es immer wieder Pläne Spider-Man in beiden Universen auftauchen zu lassen. So wollte Sony dem Wandkrabbler bereits in "Venom" einen Kurzauftritt spendieren, doch Disney war dagegen. Vielmehr war es sogar abgemacht, dass Tom Holland nicht unter Vertrag genommen würde, wenn er als Spider-Man auch in Filmen außerhalb des MCU auftritt. 2019 kam es schließlich erneut zu Verhandlungen zwischen den beiden Parteien. In deren Folge einigte man sich, dass Spider-Man weiterhin Teil des MCU ist. Im Gegenzug darf die Figur aber auch im SSU vorkommen.

Ist Spider-Man Teil des MCU oder des SSU?

Gehört Spider-Man nun also zum MCU oder zum SSU – oder sogar zu beidem? Die Frage ist leider nicht gerade leicht zu beantworten.

Bisher war Spider-Man in sechs MCU-Filmen zu sehen. In "The First Avenger: Civil War", "Avengers: Infinity War" und "Avengers: Endgame" spielte er jeweils eine eher untergeordnete Rolle. In "Spider-Man: Homecoming", "Spider-Man: Far From Home" und zuletzt "Spider-Man: No Way Home" war er wiederum die Hauptrolle. Und gerade der letzte Film ist nötig, um zu verstehen, wo Spider-Man nun anzusiedeln ist.

Denn in diesem Teil kommt zum ersten mal das Multiversum vor. Das heißt: Durch einen missglückten Zauberspruch von Dr. Strange (Benedict Cumberbatch) tauchen sowohl einige Schurken aus den alten "Spider-Man"-Filmen als auch Tobey Maguire und Andrew Garfield in ihren Interpretationen der Rolle auf. Dieses eigentlich versehentliche Zusammenführen unterschiedlicher Dimensionen, die je einen Spider-Man besitzt, machte den Weg endgültig frei, dass die Figur nun auch im SSU auftauchen kann.

So sorgte es damals für Fragezeichen, als Eddie Brock aka Venom (Tom Hardy) in "Venom: Let There Be Carnage" plötzlich in seiner Post-Credit-Sequenz Tom Hollands Spider-Man im Fernsehen sah. "Spider-Man: No Way Home" lieferte die Auflösung: Er wurde durch den Zauberspruch für einen kurzen Moment vom SSU ins MCU katapultiert. So hat Eddie Brock alias Venom auch in "Spider-Man: No Way Home" einen Kurzauftritt während des Abspanns.

In "Morbius" ist Spider-Man selbst zwar nicht dabei. Dafür aber Adrian Toomes aka The Vulture (Michael Keaton). Er war der Hauptschurke in "Spider-Man: Homecoming" und gelangte durch Stranges Zauberspruch ins SSU. So ist er am Ende von "Morbius" in zwei Post-Credit-Szenen zu sehen, in denen er sich mit Morbius verbündet, um Spider-Man zu töten.

Mit dem Auftritt von Arian Toomes alias The Vulture könnte also ein langersehnter Traum in Erfüllung gehen: So könnte Tom Hollands Spider-Man in kommenden SSU-Filmen auftauchen – oder Venom, Morbius und Co. kommen ins MCU. Offiziell sind die beiden Universen immer noch unabhängig voneinander, aber scheinbar werden sie sich für zukünftige Projekte vielleicht häufiger verzahnen. Somit wäre Spider-Man sowohl im MCU und dem SSU zu verorten.

So könnte es mit Spider-Man und dem SSU weitergehen

Doch wie könnte so eine Zusammenarbeit zwischen dem MCU und SSU aussehen? Eine erste gibt es mit der Web-Serie "The Daily Bugle" ja bereits. Doch vielmehr deutet das Aufeinandertreffen von Vulture und Morbius darauf hin, dass die beiden Universen erneut in einem Film über die Sinister Six aufeinandertreffen werden. So sagt Adrian Toomes in der zweiten Post-Credit-Sequenz, dass sich ein paar Typen wie er und Morbius zusammentun sollten, um "etwas Gutes" zu tun. Ein eindeutiger Hinweis, dass sie die Sinister Six formen wollen. Dabei handelt es sich um eine Gruppe aus sechs Spider-Man-Superschurken, deren Originalbesetzung aus Doctor Octopus, Electro, Kraven dem Jäger, Mysterio, Sandman und dem Vulture besteht. In einer späteren Version stößt in den Comics dann auch Morbius dazu.

Unwahrscheinlich ist ein Film über die Sinister Six keinesfalls, wenn sich Sony und Disney einig sind. Bisher wurden auch alle Mitglieder der Gruppierung eingeführt: Doc Oc (Alfred Molina) in "Spider-Man 2", Sandman (Thomas Haden Church) in "Spider-Man 3", Electro (Jamie Foxx) in "The Amazing Spider-Man 2: Rise of Electro", Vulture (Michael Keaton) in "Spider-Man: Homecoming" und Mysterio (Jake Gyllenhaal) in "Spider-Man: Far From Home". Nur Kraven fehlt noch. Allerdings bekommt der mit "Kraven the Hunter" einen eigenen Film, der im Januar 2023 in den Kinos starten soll. Gespielt wird er von Aaron Taylor-Johnson.

Durch die Einführung des Multiversums wäre es durchaus möglich, dass all diese Schurken in einem Film aufeinandertreffen und dann gegen Spider-Man antreten. Doch dafür müssten Sony und Disney an einem Strang ziehen. Die Fans dürfte es zumindest freuen – vor allem jetzt, wo "Morbius" die Sinister Six schon irgendwie angeteasert hat.

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