Warum heißen "Trailer" eigentlich Trailer? Mit dem gleichnamigen Anhänger fürs Auto haben sie ja bekanntlich nichts zu tun. Tatsächlich stammt der Name vom englischen "trail", dem Nachlauf. Wieso? Früher liefen Trailer nicht vor einem neuen Kinofilm, sondern im Anschluss an diesen – als Ausblick auf das zukünftige Programm. Heute weiß der Kinogänger: Er braucht erst 15-25 Minuten nach offiziellem Startzeitpunkt im Saal erscheinen. Vorher laufen die Trailer.
Nur sind heute viele Trailer, sei es im Kino, im Fernsehen oder auf YouTube, meiner Ansicht nach kein Vergnügen mehr. Denn während sie ursprünglich mal Vorfreude generieren sollten, verraten sie heute gerne schon die komplette Handlung oder sind so lang, dass alle Highlight-Momente bereits in ihnen verbraten wurden. Das nervt – und muss dringend wieder aufhören!
Der vielleicht größte Übeltäter: Netflix
Trailer sollen Filme und Serien verkaufen, die noch gar nicht erschienen sind. Folglich müssen sie große Geschütze auffahren. Ärgerlich wird das nur, wenn bei großen Blockbustern wie "Star Wars: Der Aufstieg Skywalkers" oder erst jüngst "Ghostbusters: Legacy" kaum noch eine Überraschung vorhanden ist, die in der Vorschau nicht schon verraten wurden – bis hin zur großen Rückkehr alter Stars. Selbst bei den noch gar nicht erschienenen "Spider-Man: No Way Home" und "Matrix: Resurrections" habe ich das Gefühl, bereits viel zu viel zu wissen.
Vor allem in eine Richtung geht der Ärger: Netflix. Deren Trailer gehen gerne mal bis oder sogar über drei Minuten (!) und zeigen damit schon eine ganze Menge. Beim enorm teuren Streaming-Blockbuster "Red Notice", bei dem unter anderem Dwayne Johnson mitwirkte, brauchte man nach dem Trailer gar nicht mehr reinschauen – man hatte bereits alles gesehen. Die neue Serie "Cowboy Bebop" protzte schon in der Vorschau mit den aufwendigsten Szenen, sodass sie in den Folgen selbst weniger cool erschienen und bereits bekannt waren. Und der Trailer zu den letzten Folgen "Haus des Geldes" spoilerte zwar noch nicht das Ende, aber dafür detailliert alle Überraschungen der vorherigen Folgen. Wer nur mal zufällig in das Video schaute und noch nicht auf neuestem Stand war, durfte sich schön ärgern. Seht selbst, aber auf eigene Gefahr:
Es geht auch anders: Positivbeispiele
Die Kunst, gute Trailer zu schneiden, ist die letzten Jahre allerdings nicht verloren gegangen. Das Marvel-Superhelden-Epos "Avengers: Endgame" wurde in zahlreichen Trailern nur mit sehr wenig Bildmaterial vorgestellt. Nahezu der ganze Plot war bis zum Kinostart noch unbekannt. Dem Mysterythriller "Old" gelang es dieses Jahr, zum medialen Gesprächsthema zu werden, in dem er einerseits die Prämisse des Films erklärte, andererseits aber kryptisch und geheimnisvoll blieb. Wunderbar: So geht das!
Im Serien-Bereich gelingt es vor allem Disney, die Eigenproduktionen vielversprechend, aber nebulös genug zu verkaufen. Die "Star Wars"-Serie "The Mandalorian" erzeugte einen großen Hype, obwohl die Trailer nahezu nix verrieten. Dasselbe Spiel wiederholte das Maushaus für die nächste "Star Wars"-Serie "The Book of Boba Fett". Auch HBO-Dramen wie "Westworld" oder "His Dark Materials" gelingt es mit jeder Staffel, fantastische Trailer zu präsentieren, die sich wie eigene Kurzfilme anfühlen – und doch nur einen sehr groben Ausblick geben.
Früher war (nicht) alles besser
Gerne dürften sich noch mehr heutige Trailer-Macher an den Trailern vergangener Zeiten orientieren. Zum Beginn der 2010er wurden Blockbuster oft phänomenal gut vermarktet: Filme wie "Inception", "James Bond 007 – Skyfall" oder "Prometheus – Dunkle Zeichen" hatten ihre großen Erfolge maßgeblich dem aufwendigen und cleveren Marketing zu verdanken. Da ging man gern ins Kino: Weil man wusste, was einen erwartet, aber noch lange nicht alles kannte, was man bekam.
Nur bei der Orientierung an früher bitte nicht zu weit zurückgehen. Spoilerlastige Trailer hatten wir in Deutschland nämlich schon mal – als Trailer noch ihrem Namen gerecht wurden und nach dem Kinofilm liefen. Wer es nicht glaubt, schaue sich mal die originalen Vorschau-Filme für die alten "Winnetou"-Filme der 1960er an. Die verrieten nämlich wirklich alles – notfalls mit einem Sprecher aus dem Off, der die gesamte Handlung bereits einfach vorlas.