"Das Dschungelbuch" und "E.T.", "Der Herr der Ringe" und "Titanic" - viele Menschen können sich noch genau an prägende Kinobesuche erinnern. An die Emotionen, die damit verbunden sind. Und an das Erlebnis, mit vielen anderen im Kinosaal zu sitzen, gemeinsam zu lachen, sich zu gruseln oder zu weinen. Ein Leben ohne Kinos? Undenkbar! Oder doch nicht?
Der Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr und die damit verbundenen Schließungen der Kinos trafen die Branche unvorbereitet und hart. Doch sobald es möglich war, öffneten die Kinos weltweit wieder - oft unter Einhaltung strenger Auflagen. Trotzdem blieb in vielen Ländern der erhoffte Aufschwung aus. In den USA und Großbritannien schloss die große Kette Cineworld bereits im Oktober vorübergehend ihre Kinos und setzt auf einen Neustart im nächsten Jahr.
Kinos in der Krise: Die Blockbuster fehlen
Mittlerweile sinken die Hoffnungen weiter, dass Sparmaßnahmen und finanzielle Unterstützung der Politik allen Kinos das Überleben sichern werden. Wirtschaftlich sei das Ganze eine Katastrophe, sagte Christian Bräuer von der AG Kino, als die jüngsten Schließungen verkündet wurden. Der Chef der britischen Kinovereinigung (UK Cinema Association), Phil Clapp, rechnet sogar damit, dass mehr Kinos schließen müssen.
"Im Moment, ohne große Titel bis zum Jahresende, gibt es für viele Veranstaltungsorte wenig andere Optionen", sagte Clapp kürzlich laut dem Hollywood Reporter im BBC-Radio 5-Interview. Immerhin wurde nicht nur der neue "James Bond" verschoben. Es fehlen in den kommenden Monaten auch andere große Filme, die viele Zuschauer in die Kinos ziehen könnten.
Streaming gewinnt
Genaue Zahlen gibt es nicht, aber die Vermutung liegt nahe, dass Streamingdienste die Gewinner dieser Krise sind. Der neue "Borat"-Film etwa kam nicht wie die anderen Werke von Sacha Baron Cohen in die Kinos, sondern war bei Amazon Prime zu sehen. Disney zeigte "Mulan" bereits bei seinem Bezahlanbieter Disney+. Auch das neueste Pixarabenteuer "Soul" soll dort zu Weihnachten verfügbar sein.
Ob Kinos aber vollständig verschwinden werden? Das scheint für viele unwahrscheinlich. "Das Kino befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel, wir müssen diese Krise nutzen, um der Zukunft zu begegnen", erklärte etwa Thierry Frémaux, Leiter des Festivals Cannes, schon im Frühjahr im dpa-Interview und prognostizierte: "Aber es wird noch stärker zurückkommen".
Auch Wim Wenders kann sich eine Zukunft ohne Kinos und das gemeinschaftliche Erlebnis nicht vorstellen. "Sollte sich 'das Kino' als Institution nicht halten können, wird es aller Wahrscheinlichkeit nach irgendwann wieder erfunden", war sich der deutsche Regisseur im Herbst im dpa-Interview sicher.
Rückkehr des Kinos: Man bleibt optimistisch
Die BBC stellte sich ebenfalls bereits zu Beginn der Pandemie die Frage, welchen Einfluss die Spanische Grippe, die Weltkriege, die Verbreitung des Fernsehens und der Videokassetten auf die Kinobranche hatten. Immer wieder hätten Menschen das Ende der Kinos vorhergesagt. Die Geschichte aber deute darauf hin, "dass sich das Kino anpassen" werde. Die Filmindustrie in den USA sei zwar durch die Spanische Grippe betroffen gewesen, habe aber nicht insgesamt gelitten, "sondern veränderte ihre Form - und blühte sogar noch weiter auf".
Tatsächlich gibt es erste Überlegungen, wie jetzt solche Veränderungen in der Kinobranche aussehen könnten. Dazu gehört auch, dass Studios vielleicht nicht mehr auf globale Kinostarts und Vermarktung setzen, sondern auf einzelne Regionen fokussieren. Möglicherweise wird es künftig auch nicht mehr so viele Filme geben, die jede Woche neu in den Kinos starten und sich gegenseitig Konkurrenz machen.
Die BBC jedenfalls kam zu einem optimistischen Fazit: "Nach einigen Wochen oder wahrscheinlicher Monaten, in denen wir uns Filme auf unseren Fernsehgeräten und am Computer angesehen haben, wird die Erfahrung, einen Film in Kinos so zu sehen, wie sie eigentlich gesehen werden sollten, umso magischer sein."