"Netflix my Ass!" Mit diesem Satz (auf deutsch etwa: "Netflix kann mich mal") trat Anfang der Woche Tom Rothman, Chef von Sony Pictures, vor's Publikum der CinemaCon. Auf der Messe der amerikanischen Kinobetreiber stellen die Filmproduktionsfirmen und Verleiher jährlich den Kinounternehmen ihre neuen Filme vor. Rothman eröffnete mit diesem Satz seine Präsentation von "Blade Runner 2049" und machte deutlich klar, dass für ihn Filme weiterhin auf die Leinwand gehören und nicht auf Tablet oder Smartphone.

Rothmans Spruch kann man natürlich als populistische Verbeugung vor den Kinobesitzern sehen, er zeigt aber, dass es in der Branche gerade gewaltig gärt.

Der Hintergrund: Nach einem Bericht der Branchenzeitschrift Variety planen die großen Produktionsfirmen, ihre Filme in Zukunft bereits 17 Tage nach Kinostart auf Streamingportalen wie Netflix oder Amazon Video bereitzustellen. Bisher hielten Produktionsfirmen und Kinobesitzer in Verträgen fest, dass Filme erst 70 bis 90 Tage nach Kinostart auf DVD erscheinen dürfen und erst danach auf Streaming-Portalen.

Die Filmstudios fürchten Verluste durch Raubkopien und nähern sich deshalb Netflix und Co. an. Die Kinobetreiber haben wiederum Angst davor, Besucher an die Streaming-Plattformen zu verlieren. Bei dem angestrebten Deal sollen die Kinos an den Erlösen der kostenpflichtigen Streams der Filme beteiligt werden. Filme, die gerade erst im Kino gelaufen sind, sollen zwischen 30 und 50 Dollar kosten.

Filme, für's Kino gemacht

Imago

Sofia Coppola

Nicht nur Studiobosse, sondern auch Regisseure bekannten sich auf der CinemaCon zum guten alten Kino. Regisseur Christopher Nolan ("Inception") stellte seinen neuen Film "Dunkirk" vor, ein gigantisches Breitwandspektakel aus dem Zweiten Weltkrieg und äußerte gegenüber den Kinobetriebern die hoffnung, dass sie das beste aus seinem Werk herausholen. "Die einzige Plattform, über die ich sprechen will ist das Kino" sagte er über die Debatte um einen frühen VOD-Release für aktuelle Kinofilme.

Nolans Kollegin Sofia Coppola ("Lost in Translation") schlug in die gleiche Kerbe. "Ich hoffe, dass die Leute ihn im Kino sehen, weil er dafür gemacht wurde". Sagte sie über ihren neuen Film "The Beguiled". Das Remake des Südstaatendramas von Clint Eastwood (1971) stellte sie ebenfalls bei der CinemaCon vor.

Der Tod des Kinos drohte schon einmal

Klagen der Kinobetreiber sind nichts neues. Bereits in den 1950er drohte wegen der Konkurrenz des Fernsehens das Ende der Lichtspielhäuser. In den 60er-Jahren kam es tatsächlich zu einem Zuschauerschwund. Doch dann kamen in den 70ern kinobegeisterte Regisseure wie Steven Spielberg, George Lucas oder Sofias Vater, Francis Ford Coppola. Sie retteten die Kinos, weil sie Filme für die große Leinwand drehten. Wie jetzt Christopher Nolan und Sofia Coppola.
Autor: Sebastian Milpetz