Sie kamen, um die Welt zu retten: Was Regisseur Edgar Wright und seine Hauptdarsteller Simon Pegg und Nick Frost in "The World's End" veranstalten, ist sehr schräg und sehr komisch. Fast so komisch wie die Begegnung in London mit den dreien, die nach nur einer Frage loslegten:

TV SPIELFILM Kennen Sie solche Typen wie die von Simon gespielte Nervensäge Gary King?

SIMON PEGG
Wir alle kennen einen Gary King. Und wenn Sie behaupten, keinen zu kennen, dann sind Sie selbst einer. (lacht)

EDGAR WRIGHT Gary King ist ein fataler Fall von Nostalgie; ein erwachsener Mann, der Teenager bleiben will. Er ist so eine Art Teen­agergeist der vergangenen Weihnacht.

SIMON PEGG Viele denken, ich sei so ein Gary. Dabei sträube ich mich viel weniger gegen das Erwachsenwerden als er. Ich bin gesetzter, als die meisten Leute glauben. Ich trinke nicht, mein Haus steckt nicht voller Jungsspielzeug. Seit ich ein Baby habe, weiß ich sogar, dass ich nicht die wichtigste Person im Universum bin. Und - ähm - ich sammle antike Möbel.

NICK FROST Man wird ja regelrecht gezwungen, erwachsen zu werden. Schließlich musst du auch deine Eigentumswohnung abzahlen.
EDGAR WRIGHT Ein Trip zurück in die Jugend ist nie eine gute Idee, vor allem nicht, wenn dieser Trip zugleich eine Reise in die Kleinstadt­paranoia deines Geburtsortes ist. Und Garys fiktiver Heimatort Newton Haven ist das Para­debeispiel einer britischen "New Town", eines Gartenstädtchens, wie sie nach dem Ersten Weltkrieg gern angelegt wurden.

SIMON PEGG
Der letzte Schulsommer, bevor Gary und seine Freunde sich trennen, ist der letzte Sommer ohne Verantwortung. Für Gary ist das die einzige Zeit, in der er glücklich war. Deswegen sind auch die Songs im Film so wichtig. All diese hedonistischen Hymnen aus den Jahren 1987 bis 1992; Songs, die jeder von uns mal auf einem Mixed Tape hatte. Und bei Gary läuft dieses Tape seit 1990 unverändert im Kassettenrekorder seines Autos.

EDGAR WRIGHT Die Sache mit dem Tape ist mir übrigens tatsächlich passiert: Als mich ein alter Schulfreund zur Hochzeit eines Klassenkameraden im Auto mitnahm, spielte er den AC/DC-Song "Get It Hot". Den hatte ich seit Ewigkeiten nicht gehört und fragte: "Hab ich dir das nicht mal auf ein Tape aufgenommen?" Und er: "Ja, dies ist dein Tape."
NICK FROST Ich kann diese Sehnsucht nach der Vergangenheit nicht verstehen. Ich habe überhaupt keinen Kontakt mehr zu irgendwem aus meiner Schulzeit. Aber ich bin 41 und habe noch immer den Todesstern aus "Star Wars" als Screensaver auf dem PC.

EDGAR WRIGHT Ich bin in dem Ort aufgewachsen, wo wir "Hot Fuzz" drehten. Sehr idyllisch. Da ist es schon merkwürdig, wenn mitten im Zentrum plötzlich ein Starbucks aufmacht. Vorbild für die Pubs in "World's End" waren die typischen britischen Kettenpubs, in denen alles so tut, als wäre es ganz traditionell und selbst gebastelt, samt Fake-Preistafel in Fake-Handschrift mit Fake-Kreide.

SIMON PEGG Der Brite hat die Kneipentour ja nur erfunden, um 12 Pints saufen zu können, ohne sich der Wahrheit stellen zu müssen, dass man Alkoholiker ist. Wenn du von Pub zu Pub ziehst, erscheint das Ganze wie eine Entdeckungsreise, ein Abenteuer. Wobei du in Wahr­heit nur eins tust: dich volllaufen lassen.
NICK FROST Ich mag eigentlich keine Kneipen­tou­ren. Als ich jung war, gab es bei uns in der Nähe ein wundervolles Pub. Da blieben wir den ganzen Abend. Aber Simon, Edgar und ich sind mal los, als wir 28 oder so waren. Edgar hielt bis zum vierten Pub durch, ich bis zum elften...

SIMON PEGG Wir mussten Edgar buchstäblich nach Hause tragen.

EDGAR WRIGHT Ich erinnere mich an eine legen­däre Kneipentour, als ich 19 war, die lieferte auch die Idee für "The World's End". Die ersten drei Minuten des Films sind eine romantisierte Zusammenfassung jenes Abends. Ich vertrage kein Bier - ich wäre bei Garys Tour als Erster ausgeschieden. Doch eigentlich ist der Alkohol in "World's End" so etwas wie eine Zeitmaschine: Je mehr sie saufen, desto kind­licher werden Gary und seine Kumpane.
SIMON PEGG Zum Glück gab es beim Dreh kein echtes Bier, sondern diesen Mix aus Soda und gebranntem Zucker, der nur wie Bier aussah.

NICK FROST Ich hatte in meinem Leben bestimmt eine Menge Übung, trotzdem mussten wir das Betrunkensein lange proben. Ein Bewegungscoach brachte uns Trunkenheit mit den unterschiedlichsten Alkoholpegeln bei.

EDGAR WRIGHT Bierfirmen zeigten jedenfalls wenig Interesse an so was wie Product-Placement. Der Film stellt Alkohol ja nicht gerade in posi­tivem Licht dar. Ein Bierhersteller wollte sogar ausdrücklich nicht mit dem Film in Verbindung gebracht werden. 

INTERVIEW: Michael Mutz