Großes Drama: In "Blue Valentine" spielen Ryan Gosling und Michelle Williams ein Paar, deren Ehe im verflixten 7. Jahr an "unüberbrückbaren" Differenzen scheitert: er ein planloser Romantiker mit Alkoholproblem, sie eine frustrierte Krankenschwester, die ihre Karriere für die Familie geopfert hat.

Im Interview sprachen die Darsteller über Nacktszenen, Beziehungsstress und die Angst vorm Improvisieren.

TV SPIELFILM: Sie haben sich sehr für den Film eingesetzt. Warum?

RYAN GOSLING Als ich Derek (Regisseur Cianfrance) traf, wusste ich, dass ich einen Film mit ihm machen wollte, egal was für einen. Ich denke, man spürt, wie viele Jahre Michelle und ich den Film vorbereiten konnten. Diese Authentizität hätten wir sonst nie erreicht.

MICHELLE WILLIAMS Derek und Ryan versicherten mir, wenn ich mich bei irgendwas unwohl fühlen würde, käme es nicht in den Film. Ryan und ich mussten uns ja blamieren und Fehler machen, was nicht leicht ist. Deshalb vertraue ich ihm mehr als allen anderen Schauspielern, mit denen ich gearbeitet habe.

Aus Liebe wird hier Hass. Was haben Sie über den schmalen Grat zwischen beidem gelernt?

MICHELLE WILLIAMS Es bleibt ein Rätsel für mich, wie man erst die tiefsten Gefühle für jemanden haben kann und ihn dann auf einen anderen Planeten wünscht. In diesem Film sind beide extrem gegensätzlich. Aber ich glaube, Liebe und Hass sind bessere Tanzpartner, als man denkt. (lacht)

RYAN GOSLING Vor dem Dreh befragte ich verheiratete Freunde von mir. Eine Freundin erzählte: Wenn er abwäscht, drückt er den Schwamm nicht aus. Wenn ich den Schwamm nehme, kriege ich dreckiges Wasser ab, und er macht das mit Absicht. Inzwischen sind die beiden geschieden. Im Film wollten wir uns auf solche Momente konzentrieren, denn diese scheinbar bedeutungslosen Dinge werden zu Symbolen für das, was in einer Beziehung nicht stimmt.

Wie kann man so einen tiefen Zwist authentisch spielen?

RYAN GOSLING Derek ließ uns einen Monat lang in dem Haus zusammenleben und ständig streiten. Uns wurde klar, dass wir nicht mal wussten, was die großen Probleme waren. Wir waren so beschäftigt mit dem Kleinkram, das war das Problem.

Stimmt es, dass Sie immer nur je ein Take hatten?

RYAN GOSLING Ja, im ersten Teil. Dadurch gab es eine Lockerheit und eine Freiheit, die sehr aufregend war. Als wir aber die Duschszene im zweiten Teil drehten, war klar, dass wir das den ganzen Tag machen. Wir waren nackt, wir bluteten schon von der Seife (lacht) und wuschen uns wund.

MICHELLE WILLIAMS Mit Ryan zu arbeiten war wie in den Ring mit Muhammad Ali zu steigen. Ich bin Mike Tyson, beiße in sein Ohr und kämpfe ums Überleben. Wir drehten den nächtlichen Spaziergang, und Derek sagte: Ihr müsst zwölf Stunden improvisieren. Ich hatte immer Angst vor Improvisation, denn ich bin schüchtern. Aber das war der Höhepunkt meines Lebens auf Film, fröhlich und befreiend! Seitdem will ich am liebsten in jedem Film improvisieren.

Männer und Frauen reagieren unterschiedlich auf den Film. Männer sympathisieren mit Dean und verstehen nicht, warum seine Frau nicht zuhört.

RYAN GOSLING Dereks Plan war, dass der Film für Unruhe sorgt. Er war überzeugt, dass eine Hälfte des Publikums mit ihm und die andere Hälfte mit ihr sympathisiert. Wir haben versucht, objektiv zu bleiben.

MICHELLE WILLIAMS Ich habe Derek immer gefragt: Wie verlässt man jemanden, der im Wesentlichen ein guter Vater und ein liebevoller Ehemann ist, ohne dass eine Armee von Frauen mich umbringen will? (lacht)

Warum können die beiden nicht zusammen sein, abgesehen von seinem Trinken?

MICHELLE WILLIAMS Ich denke, dass er ihr den Spiegel vorhält, wie es jeder in einer Beziehung tut, und sie ist gezwungen, sich von allen Seiten zu sehen. Ja, er trinkt zu viel, und ja, er ist nicht besonders ehrgeizig, und ja, er ist launisch, aber das wahre Problem bin ich in der Geschichte. Cindy war erst Tochter und dann gleich Ehefrau und nie etwas dazwischen.

RYAN GOSLING Leute wie Dean haben viel Potenzial, aber sie zerstören sich selbst. Beide versuchen, die Fehler zu vermeiden, die die Eltern in ihren Beziehungen machten, projizieren aber diese Angst in ihre eigene Beziehung.
Wollen Sie nach diesem Film jemals heiraten?

RYAN GOSLING Klar, nur nicht Michelle Williams. (lacht)

Scott Orlin

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