Der frischgebackene "Sexiest Man Alive" wusste genau, wem er zu danken hat: "Danke, Ryan Gosling, dass du diesen Titel ständig ablehnst", scherzte Maroon-5-Sänger Adam Levine in Anspielung auf frenetische Fans, die die vom US-Magazin "People" ausgesprochene Ehrung seit Jahren für Kanadas attraktivsten Export einfordern. Aber auch ganz Hollywood liegt dem Mormonensohn zu Füßen.

Obwohl Gosling bisher noch keinen echten Blockbuster auf dem Konto hat, gilt er als kassenträchtiger Star, der zugleich für kreative Integrität steht. Entsprechend begeistert sind die Kollegen - wenn sie sich nicht gleich in ihn verlieben: Bei "Mord nach Plan" verfiel Sandra Bullock seinem Silberblick, Rachel McAdams setzte die Romanze aus "Wie ein einziger Tag" im wahren Leben fort, bei "The Place Beyond the Pines" funkte es zwischen ihm und Eva Mendes.
Gosling ahnt, woher sein Schlag beim anderen Geschlecht rührt: "Nach der Scheidung meiner Eltern lebte ich zusammen mit meiner Schwester und meiner Mutter - seitdem denke ich wie eine Frau."

Star wider Willen

Gosling nimmt den Wirbel um seine Person verblüfft bis verschämt zur Kenntnis. Starkult ist ihm geradezu peinlich. So war es auch gar nicht mal so überraschend, dass er trotz Rekordgage von 30 Millionen Dollar die Hauptrolleinder Verfilmungdes Weltbestsellers "50 Shades of Grey" ausschlug. Zuvor hatte der Blondschopf bereits abgelehnt, der neue "Jack Ryan" und "Batman" zu werden.

Lieber setzt er auf Regisseure, denen er vertraut - wie den Dänen Nicolas Winding Refn, mit dem er die kontroversen Filme "Drive" und "Only God Forgives" drehte. "Ich mag Regisseure, die sich und ihrem Stil treu bleiben und niemanden imitieren", erklärt Gosling, der gerade das selbst geschriebene Regiedebüt "How to Catch a Monster" abgedreht hat, seine Rollenwahl.

Nachdem der Kanadier als Kind neben Justin Timberlake und Britney Spears im "Mickey Mouse Club" bekannt wurde, war er in oberflächlichen Teenierollen gefangen. Noch heute graut es ihn, wenn er an Serienauftritte wie als "Der junge Herkules" denkt. Mit 20 Jahren wurde er in dem von der Kritik gefeierten Rassismusdrama "Inside a Skinhead" als Ku-Klux-Klan-Mitglied besetzt: "Nach diesem Film haben die Leute mich plötzlich ernst genommen.

Im Grunde verdanke ich meine Karriere diesem Auftritt", reflektiert Gosling den Moment, in dem sich sein Leben als Schauspieler änderte. Seither gilt der 33-Jährige als Spezialist für ungewöhnliche Figuren - sei es als drogensüchtiger Lehrer in "Half Nelson", als mysteriöser Stuntfahrer in "Drive" oder als Gummipuppen-Liebhaber in "Lars und die Frauen".

Selbst die wenigen Rollen, in denen er einen Ausflug in den Mainstream wagt, wirken nur auf den ersten Blick oberflächlich. Bester Beweis: sein selbstironischer Auftritt als Sexsymbol in "Crazy. Stupid. Love". Als solches hat sich Gosling selbst nie gesehen.

Tatsächlich schwört er, Nick Cassavetes hätte ihn 2004 in "Wie ein einziger Tag" besetzt, "weil ich nicht schön und nicht cool war". Das würde heute sicher nicht mehr passieren.

R. Meyer

Blue Valentine
SO 5.1. Das Erste 23.30 Uhr

Blue Valentine - Vom Ende einer Liebe

Liebesdrama Keine Ahnung, wer gerade der Sexiest Man Alive ist, aber Ryan Gosling ("Drive") wäre ein smarter Kandidat. Wenn er zur Ukulele "You Always Hurt the One You Love" singt, schmilzt nicht nur Michelle Williams ("My Week with Marilyn") dahin.

Der raue, gnadenlos ehrliche Beziehungsfilm über das Verlieben und frustrierende Scheiden von Chaot Dean und der schwangeren Cindy ist ein kleines Wunder und gehört zu den besten Genrebeiträgen der letzten Jahre.

Der Dreh zog Gosling dennoch runter. Er ging zum Seelenklempner und verließ die Praxis mit einem Rezept, auf dem stand: "Dreh eine Komödie". (Das Erste (!) versenkt die Erstausstrahlung am 5.1. um 23.30 Uhr, erst tags darauf läuft der Film bei Eins Festival zur Primetime.)
■ MO 6.1. EINS FESTIVAL 20.15