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Das große Tatort-Special - Kolumne

TATORT: DIE ANWÄLTIN

Charakterrollenkatalog

Der Mörder ist immer der Schenk. Warum es doof ist, dass immer die gleichen Schauspieler in den Charakterrollen zu sehen sind.

TATORT: DIE ANWÄLTIN (ARD, Sonntag, 20.15 Uhr) Mir ist es egal, ob ein Tatort altmodisch inszeniert ist oder hypermodern gefilmt wurde. Hauptsache spannende Sonntagabendunterhaltung. Aber der gestrige Fall aus Leipzig kam schon ziemlich altbacken daher. Natürlich ist es interessant und engagiert, wenn ein Fernsehkrimi gesellschaftliche Fehlentwicklungen wie Korruption, Unterschlagung und Betrug beim Bau als Hintergrund wählt. Muss aber der anfangs gemeuchelte Oberschurke denn wirklich von Udo Schenk gemimt werden? Der 54-jährige Ostdeutsche ist ein toller Schauspieler - ohne Frage. Es ist jemand, der menschliche Abgründe glaubhaft darstellen kann. Aber bereits zum sechsten Mal (gefühlt weitaus öfter) stand der Charakterkopf bei einem Tatort in der Bösenrolle vor der Kamera. Er ist mittlerweile das Klischee des Tatort-Verbrechers aus der Managerebene. Dazu passten seine Lifeystylekatalog-Einrichtung, seine schwer moderne Architektenvilla und sein seidener Hausanzug ebenso wie sein Komplize aus gutem Haus. Auch Bernhard Bettermann wirkte in seinem vierten Tatort wie aus dem Charakterrollenkatalog bestellt. Zumal verwunderte es, dass es in der Gegend soviel altes Geld in noch älteren Schlössern geben soll.

Natürlich ist es toll, wenn Menschen wie Peter Sodann auch jenseits ihres 70. Geburtstags noch Anerkennung und Beschäftigung finden. Aber trotzdem sollte der sympathische Schauspieler aus dem Osten sich auf seine baldige Pensionierung als Tatort-Hauptkommissar freuen.

Kai Rehländer