In der RTL-Sendung "Zahltag! Ein Koffer voller Chancen" erhalten Hartz-IV-Empfänger einen Koffer voller Geld und sollen sich damit selbstständig machen. Drei Experten schreiten ein, wenn sie von den Protagonisten um Hilfe gebeten werden. Ilka Bessin, selbst einst Hartz-IV-Empfängerin, Gründerberater Felix Thönnessen und der Ex-Bürgermeister von Neukölln, Heinz Buschkowsky, bilden dieses Experten-Team für RTL.

Eine der gezeigten Familien aus der vergangenen Staffel war Familie Traut. Die Eltern Michael und Melanie sind 29 und 28 Jahre alt, haben drei kleine Kinder und leben seit Jahren von Hartz IV. In "Zahltag" bekommen Zuschauer von den Trauts ein einseitiges Bild vermittelt: Melanie stapft überfordert durch die Wohnung, Wäscheberge türmen sich um sie herum. Michael wird mit einem O-Ton vorgestellt, bei dem er grinsend behauptet, in ein paar Jahren werde er Millionär. Ihre Geschäftsideen: Erst wollen sie Hotdogs verkaufen, dann einen Einkaufsservice gründen und schließlich eröffnet Melanie ein Tattoo-Studio. Nun lässt ein Interview von Michael Traut mit Watson an dieser Darstellung Zweifel aufkommen.

Angeblich sollte Familie Traut mehr Geld ausgeben

Das deutsche Online-Medium hat mit dem Familienvater gesprochen und dabei erfahren, dass der 29-Jährige alles andere als glücklich mit der Darstellung von RTL ist. "Ich fühle mich verarscht von RTL", sagt er in dem Gespräch. Sein Unmut sei allein schon in der Tatsache begründet, dass RTL behauptete, er und seine Frau würden bereits seit Teenager-Zeit von Hartz IV leben. Doch das sei schlichtweg falsch: "Ich habe zwischenzeitlich über zwei Jahre bei einem Getränkehandel gearbeitet", erklärt Michael gegenüber Watson. Aufgrund eines Wohnortwechsels sei der Job verloren gegangen.

Danach folgen allerlei unterschiedliche Vorwürfe an den Sender und das Team von "Zahltag". So sei das Hotdog-Geschäft laut Michael Traut letztlich nicht zustande gekommen, weil das Kamera-Team sich trotz erwünschter Bedenkzeit mehrmals pro Woche bei dem Vermieter der Location gemeldet habe. Der RTL-Rummel habe den Mann abgeschreckt, eine andere Ladenfläche zu gleichen Konditionen sei kurzfristig nicht zu organisieren gewesen.

Außerdem habe das RTL-Team bei den Dreharbeiten unangemessen Druck ausgeübt und die Familie Traut mehrmals aufgefordert, Geld auszugeben. Von den 28.000 Euro Startkapital kaufte Michael tatsächlich direkt zu Beginn für 10.000 Euro einen Smart - das sei in der Sendung gezeigt worden. Letztlich stellte sich der Kauf als Fehler heraus und das Auto wurde wieder verkauft, doch dass seine Frau Melanie von RTL dazu gedrängt wurde, weitere Anschaffungen zu machen und dies ablehnte, war letztendlich in der Sendung nie zu sehen. So habe sie laut Michael Traut einen Bürostuhl kostenlos von ihrer Oma besorgen können, doch das Team von "Zahltag" wollte, dass sie ein neues Modell für 100 Euro aus dem Möbelhaus erwirbt.

RTL äußert sich nicht zu den Vorwürfen

In dem Gespräch mit watson.de werden noch weitere Ungereimtheiten angebracht - so habe Michael bei dem Experten Felix Thönnessen keinen Einzeltermin erhalten im Gegensatz zu anderen Teilnehmern des Seminars. Doch mit den Vorwürfen konfrontiert, reagierte RTL schmallippig und schrieb lediglich: "Zu redaktionellen und produktionstechnischen Abläufen äußern wir uns nicht."

So steht Sendung gegen Aussage. Schwer zu beurteilen, ob RTL bewusst an der Inszenierung gedreht hat, um Familie Traut in ein schlechtes Licht zu rücken oder ob Missverständnisse in der Kommunikation zwischen Protagonisten und Sender zu einem für Familie Traut wenig zufriedenstellenden Ergebnis geführt haben.

Feststeht allerdings: Michael Traut ist inzwischen mit seinem Einkaufsservice erfolgreich und Melanies Tattoo-Studio bringe ebenfalls Geld ein. Hartz IV bezieht die Familie nicht mehr.