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"Zahltag" mit Ilka Bessin: RTL stellt Akademiker bloß

Zahltag mit Ilka Bessin: RTL stellt Akademiker bloß
Familie Kempe: Vater Yves wedelt mit den Euroscheinen! Sender

Die neue RTL-Sendung "Zahltag! Ein Koffer voller Chancen" überreicht Familien bis zu 33.000 Euro und beobachtet sie dann beim Scheitern. Die Berater Heinz Buschkowsky, Ilka Bessin und Felix Thönnessen verkommen dabei allzu oft zu hämischen Kommentatoren.

RTL führt jeden Dienstag um 20.15 Uhr ein "soziales Experiment" durch: Die neue Show "Zahltag! Ein Koffer voller Chancen" stellt drei Familien jeweils einen Koffer voller Geld vor die Tür, damit die den Weg aus Hartz IV heraus schaffen. Außer ein wenig Privatsphäre und Würde wird den Protagonisten zunächst nichts abverlangt. Das Motto soll lauten: Jeder ist seines Glückes Schmied. Doch RTL weiß, wie Trash-Formate aufgebaut sein müssen, um die größtmögliche Erregung zu provozieren.

Im Kern lautet daher der Ansatz der Show: "Sind Arbeitslose faul oder sind sie es nicht?"

Heinz Buschkowsky, ehemaliger Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, gibt dabei den harten Hund. Als gestern die neue Familie Kempe vorgestellt wird, bei der der Papa Yves Kempe einen akademischen Titel vorzuweisen hat, ist sich der Ex-Politiker sicher: "Er hat arbeitslos studiert!" Yves ist Kommunikationspsychologe und findet als solcher keine Arbeit.

Buschkowskys Urteil ist daher schnell gefällt: Mit derart esoterischen Qualifikationen sei es wenig verwunderlich, dass Yves kein Geld verdiene und seine Frau Christiane, sowie die beiden gemeinsamen Kinder, unter der Situation leiden.

"Sie ist nicht das Problem, er ist das Problem", so Buschkowsky weiter. Christiane Kempe ist Erzieherin und war während ihres Mutterschutzes nicht arbeiten. Im Laufe der Sendung wird sich das ändern, doch auch für den zweiten Berater ist schnell klar: "Er (Anm. d. Red.: Yves) ist so ein drittes Kind für sie", meint Gründungsexperte Felix Thönnessen beim Zusehen.
Foto: Sender, Felix Thönnessen, Ilka Bessin und Heinz Buschkowsky sollen die Hartz4-Bezieher beraten

RTL-Show: Protagonisten werden bloßgestellt

Dabei sind es nicht nur die Kommentare der scheinbaren Experten, es sind auch die kleinen, aber feinen Mechanismen des Trash-TV, die RTL bei "Zahltag" einfließen lässt und das scheinbar dokumentarische Format zu einer sensationslüsternen "Menschen-beim-Scheitern-zuschauen"-Show machen.

So zum Beispiel bei der Familie Metz, eine klassische Konstellation Mann, Frau, zwei Kinder. Da wird die Kulisse bewusst schäbig gestaltet: Es ist unaufgeräumt und es gibt Schimmel in der Bude. Als Thönnessen zum ausgemachten Termin vorbeikommt, wird die Tür nicht geöffnet. Tenor: Familie Metz schläft leider noch. Subtiles Fazit: Hartz4-Bezieher sind eben faule Langschläfer.

Oder Familie Bergmann, die eine Imbissbude eröffnen will. Allein das Casting wirkt wie die Vorzeige-RTL-Variante aus "Familien im Brennpunkt": Eine alleinerziehende Mutter mit mehreren Kindern von verschiedenen Vätern. Trash-Bingo! Als es nun für Mama Cornelia am dritten Tag auf den Wochenmarkt geht, eskaliert die Situation trash-buchmäßig. Cornelia flippt aus, weil ihr der Wochenmarkt-Betreiber den Stammplatz verwehrt. RTL führt sie vor, zeigt sie erbost und völlig in Rage. Einer ihrer Söhne raunt in die Kameras: "Der kriegt einfach auf die Fresse" und meint damit den Betreiber des Markts.

Die Experten um Ilka Bessin, ehemalige "Cindy aus Marzahn", lassen ihre Protagonisten voll in die Katastrophe rennen. Als Cornelia Bergmann ihren Stammplatz vor dem Supermarkt wieder kündigen will, entweicht den Beratern nur ein herablassendes "Das ist der völlig falsche Weg"-Kommentar.

Mit diesen Beratungsautoritäten sind die Protagonisten bei der neuen RTL-Show schlecht beraten, so viel steht nach zwei Folgen "Zahltag! Ein Koffer voller Chancen" bereits fest.