Wer am 25. Mai um 0.20 Uhr Sat.1 einschaltet, erlebt ein Jubiläum der ganz speziellen Art: die einhundertste Ausstrahlung von "Manhattan Love Story" im deutschsprachigen Fernsehen. Die meisten der 99 Wiederholungen dürfte man als normaler Zuschauer kaum mitbekommen haben.

Sie liefen zwischen 2004 und 2005 fast in Endlosschleife im Pay-TV-Sender Premiere. Aber auch für Sat.1 wäre es das sechste Mal, dass der Sender die Komödie zeigt. Und ewig grüßt die J. Lo ...

Lesetipp

Kein Einzelfall. Wo man auch hinzappt: bekannte Gesichter, vertraute Geschichten. Das Bond-Abenteuer "Man lebt nur zweimal" brachte es in den vergangenen zehn Jahren auf 28 Einsätze im Free-TV, die fünf beliebtesten 007-Filme liefen im gleichen Zeitraum zusammen sogar 118 Mal. Die dritten Programme entwickeln sich mehr und mehr zum Recyclinghof für alte "Tatort"-Folgen.

Kaum ein Wochentag, an dem nicht Ballauf & Co. vom Bildschirm grüßen. "Die Lastrumer Mischung" mit Maria Furtwängler wurde den Zuschauern seit der Erstausstrahlung 2002 bereits 15 Mal verabreicht. Ebenfalls im Dauereinsatz ist Commissario Brunetti. Mit der Donna-Leon-Verfilmung "Venezianische Scharade" beglückten uns die ARD-Anstalten bisher 20 Mal.

Willkommen beim Déjà-vu-TV

Das Déjà-vu-TV könnte zum Dauerzustand werden. "Es wird wohl mehr Wiederholungen im Fernsehen geben", warnt Jens Steinbrenner von der Produzentenallianz. Deren Mitglieder, Film- und TV-Produzenten, schlagen Alarm. Seit Oktober 2008 leiden 30 Prozent unter stornierten Aufträgen: Filme, die jetzt produziert und 2010 hätten gezeigt werden können.

Die großen Sender halten dagegen. "Bei den Spielfilmen wird der Mix zwischen Free-TV-Premieren und Wiederholungen gleich bleiben", verspricht RTL-Sprecher Claus Richter. Auch große Event-Movies soll es in Zukunft geben. Die Fortsetzung von "Die Jagd nach dem Schatz der Nibelungen" wird auf jeden Fall noch in diesem Jahr produziert und 2010 ausgestrahlt. Pro Sieben hat vor Kurzem mit den Dreharbeiten zum Mysterie-Movie "Die Engelmacher" begonnen und produziert die vierte Staffel von "Stromberg" sowie eine neue Comedyreihe.

Auch hier setzt man auf neue Filme und Serien, um die Zuschauer an den Sender zu binden. Tendenziell ruinöse Kosten Von einem Mangel an neuen Stoffen will man auch bei der ARD nichts wissen. Programmdirektor Volker Herres verweist darauf, dass in diesem Jahr allein am Mitwoch um 20.15 Uhr 40 neue Fernsehfilme ausgestrahlt werden. Hinzu kommen 60 Kinofilme als Free-TV-Premieren im Ersten sowie die Eventfilme "Romy" und die Mankell-Verfilmung "Kennedys Hirn".

Zwanzigmal "Herr der Ringe"

Hans Janke, Stellvertretender Programmdirektor des ZDF, geht sogar von einer leichten numerischen Steigerung der Fernsehfilm- und Serienproduktion in seinem Sender aus. Geplant ist beispielsweise ein großer Zweiteiler über die Trümmerfrauen nach dem Zweiten Weltkrieg. Allerdings sagt der TV-Profi vom Zweiten auch: "Fernsehen als permanente Premiere kann und wird und darf es nicht geben. Man muss haushalten und versuchen, eine tendenziell ruinöse Kostenentwicklung einzufangen."

Aber es geht nicht nur um das Geld und um teure Filmproduktionen. Es geht auch darum, dass die Programmplaner in fast allen Sendern oft lieber auf das scheinbar Bewährte setzen als auf das riskante Neue, mit dem man scheitern kann. "Der Herr der Ringe", dessen drei Teile jeweils Ostern 2005, 2006 und 2007 ihre Free-TV-Premiere hatten, kommt jetzt auch schon auf 20 Ausstrahlungen. Frodo wäre das bestimmt zu öde.

Rainer Unruh