Baggypants, Miss-Sixty-Jeans, Usher, MSN und natürlich: MTV. Das 2000er-Jahrzehnt ist voller unsagbarer TV-Schätze, von denen einige es Wert sind wieder ausgegraben zu werden. Vor kurzem hat MTV einige der Sendungen von damals auf seinem Youtube-Kanal "Vault" hochgeladen. Mit dabei sind zum Beispiel einige Folgen "Cribs" (mit dabei 50Cent und Tony Hawk), Room Raiders und Real World.
Dazu kommt, dass unter der Woche MTV (seit 2018 wieder im FreeTV) in Deutschland in einem Retro-Block alte Folgen der Auto-Tuning-Show "Pimp my Ride" mit Xzibit oder "punk'd" zeigt. In letzterem nimmt Ashton Kutcher Stars wie Justin Timberlake oder Missy Elliot mit üblen, aufwendigen Scherzen aufs Korn. Einige alte MTV-Sendungen sind aber immer noch nicht wieder zu sehen, dabei vermissen wir sie so sehr:
MTV Next
Eine der vielleicht berühmtesten Dating-Shows auf MTV war das legendäre "Next!", was damals theoretisch Tinder mit echten Begegnungen war. Ein Single hat nacheinander fünf Blind Dates, bei denen er jederzeit "Next" sagen kann, um das Rendezvous zu beenden. Das führte mitunter zu skurrilen Situationen, in denen eine Frau oder ein Mann aus dem Next-Bus für das Treffen ausstieg und der Single schon beim ersten Anblick "Next!" brüllte, um denjenigen nach Hause zu schicken, ohne auch nur ein Wort mit ihm zu wechseln: wie bei Tinder eben.
Für jede angebrochene Minute erhielten die Dates einen Dollar und durften sich, wenn sie bis zum Schluss durchhielten entscheiden, ob sie auf ein zweites Treffen mit dem Single gehen wollten oder das Geld nehmen. Umso schöner waren aber eigentlich die hammerdummen Sprüche und der Stress der Date-Partner, die alle gemeinsam im Bus eingepfercht waren.
MTV Made
Nicht jede MTV-Show war reine Belustigung: Bei "Made" ging es um die Träume junger Menschen und ihren Weg dorthin. Einige wollte Cheerleader, Schulsprecher/innen oder Profisportler werden. MTV stellte ihnen einen Coach aus diesen Bereichen zur Seite, der sie in wenigen Wochen an ihr Ziel bringen sollte.
Dazu gehörten Aufgaben, Auftritte, Proben, Training, die begleitet wurden von Tränen, Schweiß und Fleiß. Neben den realistischen Porträts junger, amerikanischer Menschen war "Made" vor allem deshalb so interessant, weil nicht jeder Traum in Erfüllung ging. Manchmal scheiterten die Kandidaten auch oder gaben auf. Nah am echten Leben.
The X-Effect
Nicht viele Dating-Shows bei MTV waren so spannend wie "The X-Effect". Zwei Paaren wird vorgegaukelt, dass sie eine Nacht in einem Resort geschenkt bekommen. Dort angekommen werden sie allerdings voneinander getrennt, denn zwei der vier Menschen waren früher einmal ein Paar und die Ex-Freunde verbringen jetzt überraschenderweise die Nacht miteinander. Die anderen beiden, die sich nicht kennen, schlafen ebenfalls in einem Bungalow.
Die neuen Partner dürfen das Ex-Paar jetzt überwachen, indem sie wahlweise kurz die Mikros oder Kameras anschalten oder eine Lampe hingestellt bekommen, die aufleuchtet, wenn die Ex-Partner sich berühren. Die Zuschauer durften das alles verfolgen und auf großes Drama hoffen. Obwohl in den meisten Fällen die Ex-Partner hinterher getrennte Wege gingen und mit ihrer neuen Liebe glücklich wurde, waren besonders die Folgen, in denen es richtig zur Sache ging, das Warten wert. Obendrauf kam dann noch ein böser Streit und vielleicht sogar eine Trennung und fertig ist eine der absurdesten Dating-Show-Ideen, die MTV je hatte.
Lesetipp
I Bet You Will
Kurz gesagt: "Wetten, dass…?" im MTV-Style. Der Moderator versammelte bei "I Bet You Will" auf offener Straße eine Gruppe Menschen und forderte einen Teilnehmer heraus, etwas Verrücktes für Geld zu machen. Wenn der Kandidat ablehnte, bot der Moderator mehr Geld oder jemand anderes nahm die Wette an.
Das Beste an der Show, abgesehen vom großartigen Jingle, waren natürlich die Wetten. Interessanterweise waren sie ungefähr das, was sich heute bei den erfolgreichen Youtubern wiederfindet: eklige Dinge Essen, sich ausziehen, Sachen zerstören oder sich blind Tattoos stechen lassen. Ärgerlich, aber für uns umso schöner, waren die Herausforderungen, wo jemand Besitz von sich hergeben oder zerstören lassen musste. Wer die Aufgabe nicht erfüllte, konnte noch von den Zuschauern "Mitleidsgeld" einsammeln.
Disaster Date
Wem "Verstehen Sie Spaß" in den 2000ern zu langwierig war, der konnte sich mit "Disaster Date" bei MTV vergnügen. Ein Single geht auf ein Blind Date. Das Gegenüber ist Schauspieler und überall sind versteckte Kameras.
Die Idee: Organisiert wurde das Blind Date von einer Freundin oder einem Freund, die den Single auf Macken und Marotten aufmerksam machen wollen. Also treibt das Gegenüber die Singles mit völligem Fehlverhalten solange in den Wahnsinn, bis sie das Date aufgaben oder 60 Minuten vorbei waren. Für jede Minute des desaströsen Dates bekamen die Teilnehmer hinterher einen Dollar und natürlich schallendes Gelächter ihrer "Freunde" – nur ein Date gab es nicht.
VH1 ILL-ustrated
Comic-Anarchie bis zur Schmerzgrenze: So lässt sich "ILL-ustrated", das ursprünglich auf dem Sender VH1 in den USA, in Deutschland aber bei MTV lief, am besten beschreiben. Dort wurden eine ganze Reihe Promis aufs Schlimmste parodiert: Michael Jackson, der mit seinen Tieren spricht und ins All reisen will, "Guns n‘ Roses"-Sänger Axl Rose, der bei McDonald's arbeitet, Tommy Lee, der sein Geschlechtsteil nicht in seine Hose bekommt und viele Weitere.
Ob es damals so viele Klagen gegeben hat, dass die Serie deshalb eingestellt wurde? Das wäre zumindest heute der Fall. High(!)light waren übrigens die sprechenden Drogen – unterwegs als "Good Time Party Squad": Gras, Alkohol, Tabletten und Kokain. Viel verrückter wurde MTV danach nie wieder.