Streikende oder verzweifelte Mütter tauchten schon häufiger im Fernsehen auf. Aber dass eine liebende Mutter vor ihren erwachsenen Kindern alles hinwirft, ist schon ungewöhnlich.
"Mutter kündigt" heißt eine Komödie mit Maren Kroymann in der Titelrolle, die an diesem Donnerstag um 20.15 Uhr im ZDF zu sehen ist.
"Ich bin nicht krank. Ich möchte kündigen", sagt Mama Carla Michelsen zu ihren drei Kindern. Sie sitzen vor ihr am Marmortisch versammelt. Auf dem Tisch: drei Stapel mit ziemlich viel Geld. Es sind exakt 250.000 Euro, das schöne Elternhaus in Potsdam ist bereits verkauft. Damit hat sie die Schulden ihres berühmten, aber nun gestorbenen Mannes Paul (Ulrich Tukur) bezahlt, vereinzelt stehen Transportkisten herum. Mit der Übergabe des Geldes und den Unterschriften unter einem Vertrag betrachtet sie die mütterliche Verbindung zu ihren Kindern als beendet. Alle drei Kinder zeigen sich entsetzt.
Sohn Phillipp (Stefan Konarske) ist der Jüngste und verdaut den Schock offensichtlich am schnellsten. Er ist Banker, benötigt aber dringend Geld, da er sich heftig verspekuliert hat und wegen hoher Schulden unter Druck steht. Seine große Schwester Rita (Ulrike C. Tscharre) braucht etwas länger für eine Reaktion, aber auch sie akzeptiert diesen harten Schnitt ihrer Mutter - hat sie doch immer alles getan, nur um ihr zu gefallen.
Allein ihre etwas jüngere Schwester Dorothee (Jördis Triebel) will Mamas Kündigung nicht hinnehmen, sie betreibt eine Yoga-Schule, ernährt sich vegan, ist mit einer Frau zusammen und hat eine Tochter, Joe (Lena Urzendowsky) - sie möchte die Familie auf jeden Fall erhalten wissen.
Komödie mit Tiefgang
Regisseur Rainer Kaufmann (59, "Eine ganz heiße Nummer 2.0", am 29.7. im ZDF) hat eine Komödie mit Tiefgang inszeniert. Es wird deutlich, dass sich die Mutter durchaus um ihre Kinder gekümmert hat - diese aber offenbar versäumt haben, sie richtig kennenzulernen. So ist es ihnen offensichtlich verborgen geblieben, dass Carla seit 50 Jahren raucht. In Rückblenden erzählt der Film, wie sie als Mama durchaus gerackert hat, um es den Kindern angenehm zu machen, und dass diese mit zunehmendem Alter immer unerträglicher geworden sind.
Maren Kroymann (seit wenigen Tagen 72, "Kroymann", "Enkel für Anfänger") spielt die Mutter, die sich immer noch verantwortlich fühlt für ihre Kinder, es aber nicht mehr sein möchte, grandios und mit feinen Zwischentönen. Sie macht deutlich, dass es jetzt endlich einmal um sie gehe und nicht um die Kinder.
"Das ist mein absoluter Lieblingssatz im ganzen Film"
Und dass sie sich nie als ideale Mutter gesehen habe, weil es ihr noch immer an Duldsamkeit und Hingabe fehle - und vermutlich sei sie sowieso viel zu früh Mutter geworden. Auf die bange Frage, ob Carla ihre drei Kinder gar nicht liebe, antwortet sie: "Doch. Ich mag Euch nur nicht."
"Das ist mein absoluter Lieblingssatz im ganzen Film", sagt die Schauspielerin dazu gegenüber der Nachrichtenagentur dpa. "Es gibt mit Sicherheit viele Mütter, denen es ähnlich geht, die sich aber nicht trauen, genau das auch zu sagen. Den Kindern dürfen die Eltern peinlich sein, aber umgekehrt nicht? Bei uns wird es ausgesprochen. Zu sehen ist ja auch, dass die Kinder so gut wie nichts über ihre Mutter wissen, weil sie egomäßig immer ihr eigenes Ding gemacht haben und immer schön gepampert wurden. Die Mutter war halt immer da. Dieses Verhalten ihrer Kinder hat Carla verletzt, und jetzt setzt sie ein Statement: Seht her, ich bin eine Person, die ihr wahrnehmen solltet."
Unbedingt. Zum Ende hin wird auch noch getanzt und gesungen (was Frau Kroymann bekanntlich beides sehr gut kann), und ihr Anwalt Rudi (Rainer Bock) hat einen begnadeten Auftritt, geschminkt und singend. Carla und Rudi sind es, die Joe sehr gut zu erklären vermögen, dass nicht alles Schwarz oder Weiß ist, nicht alles ein Etikett braucht und dass das auch für die Liebe gilt. Und so fahren die beiden frohgemut in den Sonnenuntergang hinein, während die Kinder ratlos zurückbleiben.