Es sollte das RTL-Ereignis 2008 werden. Drei Abende lang erzählt "Die Patin" die Geschichte einer braven Hausfrau, die die kriminellen Geschäfte ihres Mannes übernimmt, um ihre Familie zu schützen.
Der Thriller ist nach Senderangaben die aufwändigste und mit einem Budget von mindestens acht Millionen Euro wahrscheinlich auch die teuerste Produktion der Kölner. Der Film ist mit Axel Prahl, Michael Degen und Fritz Karl bis in die Nebenrollen prominent besetzt und hat in der Hauptrolle den weiblichen deutschen TV-Star schlechthin: Veronica Ferres.
"Der Fall Ferres"
Eigentlich ein programmierter Erfolg. Doch die Verantwortlichen sind nervös. Sehr nervös. Das Image des Stars, auf den das teure Spektakel zugeschnitten wurde, hat einen Knacks. Verpasst hat ihn ihr die Zeitschrift "Park Avenue" mit ihrer Juni-Ausgabe. Auf zehn Seiten stellte die Titelgeschichte "Der Fall Ferres" vor allem das soziale Engagement der Schauspielerin infrage.
Ferres tritt als Schirmherrin von Power-Child auf, einem Verein, der sich der Prävention von sexueller Gewalt gegen Kinder verschrieben hat und der gegründet wurde von Ferres' Ehemann und Manager Martin Krug. Auf Galas sammeln die beiden Gelder für Theaterprojekte, Beratungsarbeit und auch für Therapien von Missbrauchsopfern.
Spendengelder, die nicht ankommen
Opfer wie Stephanie R. aus Dresden, die Unfassbares erleiden musste. 2006 wurde die damals 13-Jährige entführt und 36 Tage lang vergewaltigt. Power-Child sammelte stattliche 100 000 Euro für das Kind. Wie Veronica Ferres dem Mädchen half und wie sehr ihr Schicksal sie erschütterte, konnte man ausführlich in der "Bild"-Zeitung nachlesen. Zweifellos eine gute Tat. Doch warum, fragt "Park Avenue", hat Stephanie R. von der für sie gesammelten Summe nur etwa 20 000 Euro für Therapien erhalten?
Gern hätte das Mädchen weitere Therapien gemacht, die wären aber von Power-Child mittels eines "harsch formulierten" Anwaltsschreibens abgelehnt worden. Knacks? Den Vorwurf, dem Mädchen zugesagte Hilfe vorzuenthalten, weist Ferres per Gegendarstellung zurück. Das Geld stünde nach wie vor zur Verfügung.
Tränennasser Bezug zu ihren Rollen
Was das mit der Schauspielerin Veronica Ferres zu tun hat? Wie keine Zweite ist sie bemüht, in Interviews und Talkshows einen persönlichen, oft tränennassen Bezug zu ihren Rollen zu finden. Alles taugt: Sei es der Tod der Mutter für das Knastdrama "Für immer verloren", der öffentlich geäußerte Wunsch nach einem Adoptivkind aus Afrika ("'Neger, Neger, Schornsteinfeger'") oder die Erinnerung an rüde DDR-Grenzer ( "Die Frau vom Checkpoint Charlie").
Was es auch sei, Veronica Ferres nimmt's persönlich. So wie auch das erschütternde Schicksal von Stephanie R. Man will Ferres gar nicht unterstellen, dass diese Anteilnahme gespielt war. Tatsache ist aber, dass sie ihr beruflich nützt. Denn der warmherzige Aktionismus passt hervorragend zu den Rollen, die sie mit Vorliebe bedient. Sie verleihen ihr einen Gutmensch-Glanz, der etwa die kämpferische Mutter aus "Checkpoint Charlie" besonders glaubhaft macht.
Es gibt immer wieder Vorwürfe gegen den Verein
Aber glänzt Ferres noch? Oder ist sie schon ein bisschen schmuddelig? Das fragt sich mancher RTL-Verantwortliche bange. "Ausgerechnet wir haben den ersten Film nach dem Artikel", stöhnt einer, der nicht genannt werden will. Nicht zum ersten Mal wundert sich ein Journalist, wie Power-Child mit seinen Spendengeldern arbeitet. Immer wieder gibt es etwa Vorwürfe, dass Martin Krug, Vereinsvorsitzender und Inhaber der Krug-Mediapool, sich das Organisieren der Benefiz-Veranstaltungen vom eigenen Verein teuer bezahlen lässt.
Veranstaltungen, bei denen alle anderen unentgeltlich antreten. Krug bestreitet das. Rechenschaft ist er aber nur den Vereinsmitgliedern schuldig. Klarheit für die Spender und für alle Zuschauer, die ihre Vroni weiter liebhaben wollen, würde ein DZI-Prüfsiegel bringen: Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen ist die anerkannte Instanz zur Überprüfung von Spendenorganisationen.
Keinerlei Unterlagen erhalten
Das Siegel bescheinigt etwa die sparsame Verwendung der Gelder, transparente Buchführung und sachgerechte Spendenwerbung, also dass die Organisation auch das einhält was sie verspricht. Ein solches Siegel hat der Verein Power-Child nicht. "Wir bekommen immer wieder Anfragen zur Seriosität von Power-Child", sagt der DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke.
Die Stiftung gewährt auch Auskünfte zu Organisationen, die das kostenpflichtige Prüfsiegel nicht beantragt haben. Dafür würden schriftlich Informationsmaterialien erbeten, erklärt Wilke. "Das sind etwa Werbebroschüren, die Satzung, Finanz- und Tätigkeitsberichte. Zu 90 Prozent bekommen wir diese Informationen auch. Im Falle von Power-Child aber haben wir trotz wiederholter Bitten in den Jahren 2007 und 2008 keinerlei Unterlagen erhalten." Knacks.
Ferres nimmt es persönlich
Natürlich funkelt ein DZI-Siegel nicht so toll wie eine fesche Charity-Gala, aber es hat seine Vorzüge. Wer es vorweisen kann, der wird so schnell nicht in den Verdacht geraten, aus seiner Wohltätigkeit Kapital zu schlagen oder Missbrauchsopfern nur so lange zu helfen, wie die Medien zusehen. Stattdessen vertraut Ferres lieber ihrer Anwaltskanzlei, die selbsttätig Unterlassungserklärungen versendet, wann immer sie den Ruf ihrer Klientin gefährdet sieht.
Das kann ein Student sein, der im Internet polemische Filmkritiken verfasst ( moviebazaar.de), oder ein Kundenmagazin wie "DB mobil". Das Bahn-Blatt handelte sich eine Gegendarstellung ein, Inhalt: Anders als behauptet habe Ferres in ihrem Terminkalender keinen Eintrag, der sie daran erinnert, ihrer Tochter eine Gutenachtgeschichte vorzulesen. Eine missglückte Pointe, die andere Künstler durch den Anruf ihres Presseagenten klarstellen lassen würden. Nicht Ferres, die es persönlich nahm und ein sattes Schmerzensgeld einstrich.
Die Gerichtsverhandlung läuft
Die Zeitschrift "Park Avenue" erhielt schon während der Recherchen eine mahnende E-Mail von Martin Krug. Im Folgenden wurde mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, die Veröffentlichung zu verhindern. Heute kann man den Text nur noch in einer entschärften Fassung beziehen. Die Gerichtsverhandlung läuft. Interessiert das alles die Zuschauer? Im Zweifelsfall möchten sie sich einfach eine Weile von Ferres' Filmcharakteren unterhalten lassen, ihre mutigen Frauentypen bewundern, träumen können. Wenn das nicht mehr gelingt, weil sie mit ihrem Namen Negatives verbinden, werden sie sich abwenden.
Viele, die heute an Tom Cruise denken, sehen nicht den brillanten Schauspieler aus "Mission Impossible" oder "Magnolia", sondern den irren Sekten-Demagogen aus dem Youtube-Clip. Es wäre schade um "Die Patin", denn schlecht ist der Dreiteiler nicht.
Ferres hat in den vergangenen Jahren immer wieder dieselbe Rolle gespielt? Na und? Sie macht das gut, und Millionen Menschen sehen ihr gern dabei zu. Warum bloß reicht es ihr nicht, eine der, wenn nicht die beliebteste TV-Schauspielerin Deutschlands zu sein? Warum muss sie auch noch Mutter Teresa sein?
Frank Aures
Der Thriller ist nach Senderangaben die aufwändigste und mit einem Budget von mindestens acht Millionen Euro wahrscheinlich auch die teuerste Produktion der Kölner. Der Film ist mit Axel Prahl, Michael Degen und Fritz Karl bis in die Nebenrollen prominent besetzt und hat in der Hauptrolle den weiblichen deutschen TV-Star schlechthin: Veronica Ferres.
"Der Fall Ferres"
Eigentlich ein programmierter Erfolg. Doch die Verantwortlichen sind nervös. Sehr nervös. Das Image des Stars, auf den das teure Spektakel zugeschnitten wurde, hat einen Knacks. Verpasst hat ihn ihr die Zeitschrift "Park Avenue" mit ihrer Juni-Ausgabe. Auf zehn Seiten stellte die Titelgeschichte "Der Fall Ferres" vor allem das soziale Engagement der Schauspielerin infrage.
Ferres tritt als Schirmherrin von Power-Child auf, einem Verein, der sich der Prävention von sexueller Gewalt gegen Kinder verschrieben hat und der gegründet wurde von Ferres' Ehemann und Manager Martin Krug. Auf Galas sammeln die beiden Gelder für Theaterprojekte, Beratungsarbeit und auch für Therapien von Missbrauchsopfern.
Spendengelder, die nicht ankommen
Opfer wie Stephanie R. aus Dresden, die Unfassbares erleiden musste. 2006 wurde die damals 13-Jährige entführt und 36 Tage lang vergewaltigt. Power-Child sammelte stattliche 100 000 Euro für das Kind. Wie Veronica Ferres dem Mädchen half und wie sehr ihr Schicksal sie erschütterte, konnte man ausführlich in der "Bild"-Zeitung nachlesen. Zweifellos eine gute Tat. Doch warum, fragt "Park Avenue", hat Stephanie R. von der für sie gesammelten Summe nur etwa 20 000 Euro für Therapien erhalten?
Gern hätte das Mädchen weitere Therapien gemacht, die wären aber von Power-Child mittels eines "harsch formulierten" Anwaltsschreibens abgelehnt worden. Knacks? Den Vorwurf, dem Mädchen zugesagte Hilfe vorzuenthalten, weist Ferres per Gegendarstellung zurück. Das Geld stünde nach wie vor zur Verfügung.
Tränennasser Bezug zu ihren Rollen
Was das mit der Schauspielerin Veronica Ferres zu tun hat? Wie keine Zweite ist sie bemüht, in Interviews und Talkshows einen persönlichen, oft tränennassen Bezug zu ihren Rollen zu finden. Alles taugt: Sei es der Tod der Mutter für das Knastdrama "Für immer verloren", der öffentlich geäußerte Wunsch nach einem Adoptivkind aus Afrika ("'Neger, Neger, Schornsteinfeger'") oder die Erinnerung an rüde DDR-Grenzer ( "Die Frau vom Checkpoint Charlie").
Was es auch sei, Veronica Ferres nimmt's persönlich. So wie auch das erschütternde Schicksal von Stephanie R. Man will Ferres gar nicht unterstellen, dass diese Anteilnahme gespielt war. Tatsache ist aber, dass sie ihr beruflich nützt. Denn der warmherzige Aktionismus passt hervorragend zu den Rollen, die sie mit Vorliebe bedient. Sie verleihen ihr einen Gutmensch-Glanz, der etwa die kämpferische Mutter aus "Checkpoint Charlie" besonders glaubhaft macht.
Es gibt immer wieder Vorwürfe gegen den Verein
Aber glänzt Ferres noch? Oder ist sie schon ein bisschen schmuddelig? Das fragt sich mancher RTL-Verantwortliche bange. "Ausgerechnet wir haben den ersten Film nach dem Artikel", stöhnt einer, der nicht genannt werden will. Nicht zum ersten Mal wundert sich ein Journalist, wie Power-Child mit seinen Spendengeldern arbeitet. Immer wieder gibt es etwa Vorwürfe, dass Martin Krug, Vereinsvorsitzender und Inhaber der Krug-Mediapool, sich das Organisieren der Benefiz-Veranstaltungen vom eigenen Verein teuer bezahlen lässt.
Veranstaltungen, bei denen alle anderen unentgeltlich antreten. Krug bestreitet das. Rechenschaft ist er aber nur den Vereinsmitgliedern schuldig. Klarheit für die Spender und für alle Zuschauer, die ihre Vroni weiter liebhaben wollen, würde ein DZI-Prüfsiegel bringen: Das Deutsche Zentralinstitut für soziale Fragen ist die anerkannte Instanz zur Überprüfung von Spendenorganisationen.
Keinerlei Unterlagen erhalten
Das Siegel bescheinigt etwa die sparsame Verwendung der Gelder, transparente Buchführung und sachgerechte Spendenwerbung, also dass die Organisation auch das einhält was sie verspricht. Ein solches Siegel hat der Verein Power-Child nicht. "Wir bekommen immer wieder Anfragen zur Seriosität von Power-Child", sagt der DZI-Geschäftsführer Burkhard Wilke.
Die Stiftung gewährt auch Auskünfte zu Organisationen, die das kostenpflichtige Prüfsiegel nicht beantragt haben. Dafür würden schriftlich Informationsmaterialien erbeten, erklärt Wilke. "Das sind etwa Werbebroschüren, die Satzung, Finanz- und Tätigkeitsberichte. Zu 90 Prozent bekommen wir diese Informationen auch. Im Falle von Power-Child aber haben wir trotz wiederholter Bitten in den Jahren 2007 und 2008 keinerlei Unterlagen erhalten." Knacks.
Ferres nimmt es persönlich
Natürlich funkelt ein DZI-Siegel nicht so toll wie eine fesche Charity-Gala, aber es hat seine Vorzüge. Wer es vorweisen kann, der wird so schnell nicht in den Verdacht geraten, aus seiner Wohltätigkeit Kapital zu schlagen oder Missbrauchsopfern nur so lange zu helfen, wie die Medien zusehen. Stattdessen vertraut Ferres lieber ihrer Anwaltskanzlei, die selbsttätig Unterlassungserklärungen versendet, wann immer sie den Ruf ihrer Klientin gefährdet sieht.
Das kann ein Student sein, der im Internet polemische Filmkritiken verfasst ( moviebazaar.de), oder ein Kundenmagazin wie "DB mobil". Das Bahn-Blatt handelte sich eine Gegendarstellung ein, Inhalt: Anders als behauptet habe Ferres in ihrem Terminkalender keinen Eintrag, der sie daran erinnert, ihrer Tochter eine Gutenachtgeschichte vorzulesen. Eine missglückte Pointe, die andere Künstler durch den Anruf ihres Presseagenten klarstellen lassen würden. Nicht Ferres, die es persönlich nahm und ein sattes Schmerzensgeld einstrich.
Die Gerichtsverhandlung läuft
Die Zeitschrift "Park Avenue" erhielt schon während der Recherchen eine mahnende E-Mail von Martin Krug. Im Folgenden wurde mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln versucht, die Veröffentlichung zu verhindern. Heute kann man den Text nur noch in einer entschärften Fassung beziehen. Die Gerichtsverhandlung läuft. Interessiert das alles die Zuschauer? Im Zweifelsfall möchten sie sich einfach eine Weile von Ferres' Filmcharakteren unterhalten lassen, ihre mutigen Frauentypen bewundern, träumen können. Wenn das nicht mehr gelingt, weil sie mit ihrem Namen Negatives verbinden, werden sie sich abwenden.
Viele, die heute an Tom Cruise denken, sehen nicht den brillanten Schauspieler aus "Mission Impossible" oder "Magnolia", sondern den irren Sekten-Demagogen aus dem Youtube-Clip. Es wäre schade um "Die Patin", denn schlecht ist der Dreiteiler nicht.
Ferres hat in den vergangenen Jahren immer wieder dieselbe Rolle gespielt? Na und? Sie macht das gut, und Millionen Menschen sehen ihr gern dabei zu. Warum bloß reicht es ihr nicht, eine der, wenn nicht die beliebteste TV-Schauspielerin Deutschlands zu sein? Warum muss sie auch noch Mutter Teresa sein?
Frank Aures