Bei der nordischen Ski-WM steht am 23. Februar (14.30 Uhr, Das Erste) die Entscheidung von der Großschanze in Innsbruck auf dem Programm. Ein Event, dem Markus Eisenbichler mit einer guten Portion Ehrfurcht entgegenfiebert. Warum, verrät der Sensationszweite der letzten Vierschanzentournee im Interview mit TV SPIELFILM.

Die Bergisel-Schanze in Innsbruck ist berüchtigt für schwierige Bedingungen – ist der Respekt der Springer deshalb besonders groß?

Markus Eisenbichler: Respekt ist bei jeder Schanze da, aber hier ist er schon extrem. Egal, wie gut man springt, es kann alles passieren. Bei der Tournee vor zwei Jahren war ich nach dem ersten Durchgang Zweiter. Dann erwischt mich beim zweiten Sprung oben eine Windböe von hinten, und am Ende bin ich nur noch Achter. Extrem bitter.

In diesem Jahr landeten Sie in Innsbruck auf dem 13. Platz. Danach sprachen Sie davon, dass das Selbstvertrauen gefehlt habe – wie konnte das nach der tollen ersten Tourneehälfte mit zwei zweiten Plätzen überhaupt passieren?

Ich habe schon im Training gemerkt, dass ich ein bisschen schwerer reinkomme. Das hat mich gedanklich beschäftigt. Im Wettkampf selbst war der Absprung bei beiden Sprüngen sehr gut – trotzdem habe ich mir in der Phase vom Schanzentisch weg in den Flug nicht voll vertraut. Wenn man einmal ein bisschen zweifelt, ist es oftmals schwer, das wieder aus dem Kopf zu bekommen. Aber bei mir ging das Gott sei Dank schnell (lacht).

Mit welchen Gefühlen kehren Sie jetzt nach Innsbruck zurück?


Wenn meine Form stimmt und ich gesund bleibe, bin ich guter Dinge, weil mir die Schanze eigentlich ziemlich gut liegt. Wobei ich mir beim Springen von der Normalschanze in Seefeld (1.3., 16.00 Uhr im ZDF) noch bessere Medaillenchancen ausrechne.

Bundestrainer Werner Schuster hat mal über Sie gesagt, Sie seien früher "mehr so ein Schönwetter-Springer" gewesen. Was hat Sie wetterfest gemacht?

Jahrelange Erfahrung. Man lernt mit jeder Situation umzugehen, immer dran zu bleiben, an sich selbst zu glauben – und auch den Trainern zu vertrauen, dass sie den richtigen Weg für einen finden. Als es in dieser Saison ein bisschen schleppend für mich anfing, habe ich trotzdem gespürt, dass die Grundstabilität eigentlich da ist. Und Werner (Schuster) hat auch immer gesagt, dass ich ruhig und entspannt bleiben soll. Dass es dann so gut funktioniert und zu einem zweiten Platz in der Tourneewertung führt, das hätte ich aber natürlich auch nicht gedacht.

Im September 2012 sind Sie beim Training in Oberstdorf schwer gestürzt. Ihr dritter Brustwirbel war gebrochen, zwei weitere angeknackst. Sie waren damals 21 – inwieweit hat Sie das als Sportler geprägt?

Ich hatte auch davor schon diverse Verletzungen, war immer ein riskanter Springer. Ich bin öfter auf dem Hosenboden gelandet, als man sollte. Trotzdem hat mich der Sturz in Oberstdorf extrem geprägt, weil ich einfach gemerkt habe, wie gefährlich der Sport ist – und dass die Grenze irgendwann erreicht ist! Ich glaube, erst diese Einsicht hat mir den Durchbruch ermöglicht. Vorher habe ich abseits auch mal Halligalli gemacht, und beim Training fehlten die letzten 20 Prozent.

Sie waren oft nah dran, warten aber auch in Ihrer siebten Weltcupsaison noch immer auf den ersten Einzelsieg. Wie befreiend wäre es für Sie, endlich mal ganz oben auf dem Podium zu stehen?

Sehr befreiend! Es wäre die Erfüllung eines Kindheitstraums. Einen anderen habe ich mir ja schon erfüllt, als ich 2017 den deutschen Rekord im Skifliegen gebrochen habe. Das war ein extrem emotionaler Moment für mich. Ein Weltcupsieg würde mich noch ein bisschen mehr flashen und bleibt definitiv ein großes Ziel von mir.

Sie gelten als Schafkopf-Freak. Finden Sie im Zeitalter der Spielekonsolen im Team überhaupt noch Mitspieler?

Bei uns Skispringern hat Schafkopf ja eine gewisse Tradition. Auch Martin Schmitt, Michael Neumayer und Michael Uhrmann haben das schon gespielt. Wenn junge Sportler dazu kamen, wurde einfach gesagt: Du musst Schafkopf können, sonst gehörst du nicht dazu! Mittlerweile kann wirklich jeder bei uns Schafkopfen, und Neulinge werden sofort angelernt. Das Kartenspiel stärkt einfach den Zusammenhalt, weil man die Menschen auch mal von einer anderen Seite kennenlernt und nicht immer nur übers Skispringen redet.