Dem Bauhaus entkommt keiner. Nicht einmal die Lkw-Fahrer, die eigentlich nur ihre Duschkabinen und Urinale entladen wollen. Plötzlich stehen sie statt vor einem Baumarkt vor einer Lehranstalt. Schuld ist das Navi. Er hat sie bei der Zieleingabe "Bauhaus" und "Dessau" zum Gebäude der Hochschule für Gestaltung geführt – eine Anekdote, die gern bei Führungen in der Bauhaushochburg erzählt wird.
Bald braucht niemand mehr ein Navi. Das Bauhaus wird hundert und ist in diesem Jahr auf allen medialen Kanälen präsent. Das Erste startet mit dem Spielfilm "Lotte am Bauhaus" im Februar, das Zweite legt mit der sechsteiligen Miniserie "Die neue Zeit" (Arbeitstitel) im September nach.
Beides prominent besetzt: Alicia von Rittberg und Jörg Hartmann tauchen für die ARD in die Zwanzigerjahre ein, Anna Maria Mühe und August Diehl für das ZDF. Und in beiden Produktionen wird die Geschichte des Bauhauses – Vorsicht, Spoiler! – entlang einer Lovestory erzählt. Damit enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Das Erste handelt in 105 Minuten zwölf Jahre (1921 bis 1933) ab, das Zweite beschränkt sich in sechs Episoden à 45 Minuten auf die Zeit von 1919 bis 1925, geht mehr in die Tiefe, betreibt einen ungleich größeren Aufwand und zielt auch auf den internationalen Markt.
Als Walter Gropius am 1. April 1919 in Weimar das Bauhaus aus der Taufe hob, fehlte es an allem: Geld, Räumen, Lehrern. Aber die Vision des Direktors und der Enthusiasmus der Studenten machten den Mangel wett. "Es ist eine Zeit des Aufbruchs", sagt Alicia von Rittberg. "Das Bauhaus ist eine Oase für Freigeister." Johannes Itten beispielsweise, im ARD-Film von Christoph Letkowski gespielt, hing der esoterischen Mazdaznan-Lehre an. Der Pädagoge verschreckte die Tischler am Bauhaus, das in der Tradition mittelalterlicher Bauhütten eigentlich Künstler und Handwerker zusammenbringen wollte, mit der These, beim Hobeln komme es vor allem auf die richtige Atmung an. Sein eigener Atem hielt manche auf Distanz, weil der Schweizer sich hauptsächlich von Zwiebeln ernährte. Gleichzeitig kannte sich der Exzentriker hervorragend mit der Psychologie der Farben aus. Und sein Charisma faszinierte die Frauen. Empfohlen hatte ihn die Komponistenwitwe Alma Mahler, seit 1915 Frau des Bauhausdirektors Gropius.
Bald braucht niemand mehr ein Navi. Das Bauhaus wird hundert und ist in diesem Jahr auf allen medialen Kanälen präsent. Das Erste startet mit dem Spielfilm "Lotte am Bauhaus" im Februar, das Zweite legt mit der sechsteiligen Miniserie "Die neue Zeit" (Arbeitstitel) im September nach.
Beides prominent besetzt: Alicia von Rittberg und Jörg Hartmann tauchen für die ARD in die Zwanzigerjahre ein, Anna Maria Mühe und August Diehl für das ZDF. Und in beiden Produktionen wird die Geschichte des Bauhauses – Vorsicht, Spoiler! – entlang einer Lovestory erzählt. Damit enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Das Erste handelt in 105 Minuten zwölf Jahre (1921 bis 1933) ab, das Zweite beschränkt sich in sechs Episoden à 45 Minuten auf die Zeit von 1919 bis 1925, geht mehr in die Tiefe, betreibt einen ungleich größeren Aufwand und zielt auch auf den internationalen Markt.
Als Walter Gropius am 1. April 1919 in Weimar das Bauhaus aus der Taufe hob, fehlte es an allem: Geld, Räumen, Lehrern. Aber die Vision des Direktors und der Enthusiasmus der Studenten machten den Mangel wett. "Es ist eine Zeit des Aufbruchs", sagt Alicia von Rittberg. "Das Bauhaus ist eine Oase für Freigeister." Johannes Itten beispielsweise, im ARD-Film von Christoph Letkowski gespielt, hing der esoterischen Mazdaznan-Lehre an. Der Pädagoge verschreckte die Tischler am Bauhaus, das in der Tradition mittelalterlicher Bauhütten eigentlich Künstler und Handwerker zusammenbringen wollte, mit der These, beim Hobeln komme es vor allem auf die richtige Atmung an. Sein eigener Atem hielt manche auf Distanz, weil der Schweizer sich hauptsächlich von Zwiebeln ernährte. Gleichzeitig kannte sich der Exzentriker hervorragend mit der Psychologie der Farben aus. Und sein Charisma faszinierte die Frauen. Empfohlen hatte ihn die Komponistenwitwe Alma Mahler, seit 1915 Frau des Bauhausdirektors Gropius.
Frauen am Bauhaus
Viele Studentinnen bewunderten Itten, und die waren anfangs sogar in der Mehrzahl: Im Sommersemester 1919 hatten sich 84 Frauen und 79 Männer am Bauhaus eingeschrieben.
Sowohl im ARD-Film als auch in der ZDF-Serie spielt der Kampf der Frauen am Bauhaus um Gleichberechtigung eine wichtige Rolle. "Keine Unterschiede zwischen dem schönen und starken Geschlecht", hatte Gropius 1919 proklamiert. Doch schon ein Jahr später wurde die Weberei zur "Frauenklasse" deklariert. Studentinnen, die wie die fiktive ARD-Lotte dagegen Architektur studieren wollten, mussten dies gegen den Widerstand der Männer durchsetzen. Dabei spielten auch kunstspezifische Vorurteile eine Rolle. Beispielsweise ordnete Gropius die Bauhausgrundfarben und -formen den Geschlechtern zu, assoziierte Rot und Dreieck (und Geist) mit dem Mann und Blau und Quadrat (und Natur) mit der Frau.
Immerhin brachten es die Frauen in der Bauhausweberei zu großem Ansehen. Gunta Stölzl und vor allem Anni Albers, deren Textilkunstwerke im Sommer 2018 im K20 in Düsseldorf zu sehen waren, stehen Designern wie Marcel Breuer oder Wilhelm Wagenfeld in nichts nach. Zwei Monate brauchte eine Textilkünstlerin, um einen Schal von Gunta Stölzl für das ZDF nachzuweben. Das 4000 Euro teure Unikat wird am Set wie ein Augapfel gehütet.
Hunderte von Kleidern und Anzügen hängen an Bügeln im Kostümfundus auf kleinen Zetteln steht, welcher Darsteller sie wann an welchem Drehort trägt. Alle Komparsen werden individuell eingekleidet, bei 3800 Einsätzen kommt da eine Menge Stoff zusammen. Gar nicht so einfach für Abteilungsleiterin Esther Walz, die gewünschten Stücke zu beschaffen. Denn parallel wird in Berlin und Umgebung die Fortsetzung von "Babylon Berlin" gedreht. Deutschlands teuerste Krimiserie spielt in einer ähnlichen Zeit, und damit alles perfekt aussieht, wurden für die zwölf neuen Folgen 2500 Outfits aus europäischen Fundus geliehen. Ein Glück, dass wenigstens die zweite Staffel von "Charité" (mehr im nächsten Heft) die Zwanzigerjahre überspringt und im Jahr 1943 einsetzt, sonst hätte man in dem ARD-Bauhausfilm aus Mangel an historischen Textilien die Nacktbadeszene am Anfang womöglich ungebührlich ausdehnen müssen.
Beim ZDF nutzte man die verbesserten Möglichkeiten digitaler Vermehrung. Als für eine Massenszene in Weimar 180 Kleindarsteller gesucht, aber nur 120 gefunden wurden, wählte man zwölf typische Komparsen aus. Sie wurden in einem Fotokubus mit achtzig Kameras aus allen Richtungen und in diversen Positionen aufgenommen. Danach fügte man die digitalen Duplikate am Computer so geschickt in die Szene ein, dass sie wie wirkliche Individuen aussehen.
Technikfan Gropius hätte das vermutlich gefallen. Mit dem Umzug nach Dessau 1925 verflog die lässige Stimmung der Anfänge, statt um Party und Selbstfindung ging es jetzt um die Entwicklung von Prototypen für die Industrie.
In Dessau entstanden die funktionalen Stühle, Tische und Lampen, bei denen wir spontan sagen, das sei typisch Bauhaus. Es gab noch einen weiteren Umzug (siehe unten), dann machten die Nazis 1933 den Laden zu. So schmerzlich das Ende der Hochschule für Professoren und Studenten in Deutschland war, für die Verbreitung der Bauhausideen entpuppte es sich als Glücksfall. Die ins Exil gezwungenen Architekten und Designer trugen ihre Ideen in alle Welt, von Tel Aviv über Moskau und Shanghai bis nach New York und Los Angeles.
Aus Deutschland in die Welt
Beim ZDF möchte man diesen Weg gern nachzeichnen: Die letzte von geplanten drei Staffeln soll die Zeit nach 1933 behandeln. Ausländische Sender haben bereits reges Interesse signalisiert. Kein Wunder, es gibt bislang weder einen Spielfilm noch eine Serie zum Bauhaus.
Sowohl im ARD-Film als auch in der ZDF-Serie spielt der Kampf der Frauen am Bauhaus um Gleichberechtigung eine wichtige Rolle. "Keine Unterschiede zwischen dem schönen und starken Geschlecht", hatte Gropius 1919 proklamiert. Doch schon ein Jahr später wurde die Weberei zur "Frauenklasse" deklariert. Studentinnen, die wie die fiktive ARD-Lotte dagegen Architektur studieren wollten, mussten dies gegen den Widerstand der Männer durchsetzen. Dabei spielten auch kunstspezifische Vorurteile eine Rolle. Beispielsweise ordnete Gropius die Bauhausgrundfarben und -formen den Geschlechtern zu, assoziierte Rot und Dreieck (und Geist) mit dem Mann und Blau und Quadrat (und Natur) mit der Frau.
Immerhin brachten es die Frauen in der Bauhausweberei zu großem Ansehen. Gunta Stölzl und vor allem Anni Albers, deren Textilkunstwerke im Sommer 2018 im K20 in Düsseldorf zu sehen waren, stehen Designern wie Marcel Breuer oder Wilhelm Wagenfeld in nichts nach. Zwei Monate brauchte eine Textilkünstlerin, um einen Schal von Gunta Stölzl für das ZDF nachzuweben. Das 4000 Euro teure Unikat wird am Set wie ein Augapfel gehütet.
Hunderte von Kleidern und Anzügen hängen an Bügeln im Kostümfundus auf kleinen Zetteln steht, welcher Darsteller sie wann an welchem Drehort trägt. Alle Komparsen werden individuell eingekleidet, bei 3800 Einsätzen kommt da eine Menge Stoff zusammen. Gar nicht so einfach für Abteilungsleiterin Esther Walz, die gewünschten Stücke zu beschaffen. Denn parallel wird in Berlin und Umgebung die Fortsetzung von "Babylon Berlin" gedreht. Deutschlands teuerste Krimiserie spielt in einer ähnlichen Zeit, und damit alles perfekt aussieht, wurden für die zwölf neuen Folgen 2500 Outfits aus europäischen Fundus geliehen. Ein Glück, dass wenigstens die zweite Staffel von "Charité" (mehr im nächsten Heft) die Zwanzigerjahre überspringt und im Jahr 1943 einsetzt, sonst hätte man in dem ARD-Bauhausfilm aus Mangel an historischen Textilien die Nacktbadeszene am Anfang womöglich ungebührlich ausdehnen müssen.
Beim ZDF nutzte man die verbesserten Möglichkeiten digitaler Vermehrung. Als für eine Massenszene in Weimar 180 Kleindarsteller gesucht, aber nur 120 gefunden wurden, wählte man zwölf typische Komparsen aus. Sie wurden in einem Fotokubus mit achtzig Kameras aus allen Richtungen und in diversen Positionen aufgenommen. Danach fügte man die digitalen Duplikate am Computer so geschickt in die Szene ein, dass sie wie wirkliche Individuen aussehen.
Technikfan Gropius hätte das vermutlich gefallen. Mit dem Umzug nach Dessau 1925 verflog die lässige Stimmung der Anfänge, statt um Party und Selbstfindung ging es jetzt um die Entwicklung von Prototypen für die Industrie.
In Dessau entstanden die funktionalen Stühle, Tische und Lampen, bei denen wir spontan sagen, das sei typisch Bauhaus. Es gab noch einen weiteren Umzug (siehe unten), dann machten die Nazis 1933 den Laden zu. So schmerzlich das Ende der Hochschule für Professoren und Studenten in Deutschland war, für die Verbreitung der Bauhausideen entpuppte es sich als Glücksfall. Die ins Exil gezwungenen Architekten und Designer trugen ihre Ideen in alle Welt, von Tel Aviv über Moskau und Shanghai bis nach New York und Los Angeles.
Aus Deutschland in die Welt
Beim ZDF möchte man diesen Weg gern nachzeichnen: Die letzte von geplanten drei Staffeln soll die Zeit nach 1933 behandeln. Ausländische Sender haben bereits reges Interesse signalisiert. Kein Wunder, es gibt bislang weder einen Spielfilm noch eine Serie zum Bauhaus.
Bauhaus im TV: Weitere Sendungen
Arte: Die multimediale VR-Installation "Das Totale Tanz Theater " nach Gropius/Schlemmer mit Musik der Einstürzenden Neubauten ist einer der kühnsten Beiträge zum Bauhausjahr (zu sehen in der Arte-360-Grad-App). Am 1.5. läuft "Eine kurze Geschichte des Bauhauses" (20.15) mit Torsten Blume (Bauhaus Dessau).
Bayern: "100 Jahre Bauhaus: Wie wollen wir wohnen?" (2.4., 22.30) mit Schwerpunkt auf dem Bundesland Bayern.
MDR: Die Talkshow "Riverboat" am 8.2. um 22 Uhr legt den Schwerpunkt aufs Bauhaus. "Ein neues Haus fürs Bauhaus" (2.4., 21.00, Doku) geht auf Spurensuche im Osten.
NDR: Das "Kulturjournal" plant für April eine vierteilige Reihe über das Bauhaus im Norden.
3sat: "Raumwelten" (23.3., 30.3., 6.4., jeweils 19.20) fragt, inwieweit das Bauhaus heutige Architekten und Designer beeinflusst.
Ausstellungen: Etliche Museen beschäftigen sich mit dem Thema: www.bauhaus100.de
Bayern: "100 Jahre Bauhaus: Wie wollen wir wohnen?" (2.4., 22.30) mit Schwerpunkt auf dem Bundesland Bayern.
MDR: Die Talkshow "Riverboat" am 8.2. um 22 Uhr legt den Schwerpunkt aufs Bauhaus. "Ein neues Haus fürs Bauhaus" (2.4., 21.00, Doku) geht auf Spurensuche im Osten.
NDR: Das "Kulturjournal" plant für April eine vierteilige Reihe über das Bauhaus im Norden.
3sat: "Raumwelten" (23.3., 30.3., 6.4., jeweils 19.20) fragt, inwieweit das Bauhaus heutige Architekten und Designer beeinflusst.
Ausstellungen: Etliche Museen beschäftigen sich mit dem Thema: www.bauhaus100.de