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Komödie

Schade um das schöne Geld

Bei der Ziehung der Lottozahlen wird nichts dem Zufall überlassen - abgesehen von den Zahlen, versteht sich.

Foto: HR/Alexander Englert, Lottofee" Franziska Reichenbacher im Lottostudio im Maintower in Frankfurt.
Ein Korb, darin mit Zahlen beschriftete Zettel, die ein Waisenknabe mit verbundenen Augen zieht. So ging im Jahr 1614 das erste Lottospiel in Deutschland vonstatten.

Heute ist die Ziehung der Lottozahlen ein nach allen Regeln der Kunst inszeniertes TV-Event. TV SPIELFILM war vor Ort.

Samstag, 17.00 Uhr:
Das Studio des Hessischen Rundfunks im 56. Stock des Frankfurter Main Towers ist hergerichtet. Ein Kameramann nimmt einen letzten Lichtcheck für die vier (!) Kameras an den Ziehungsgeräten vor, die die Auslosung übertragen sollen. "Wir streben absolute Perfektion an", rechtfertigt Christian Bender vom HR den Aufwand für sieben Minuten Sendung. Die Makellosigkeit der Inszenierung spiegele die Seriosität des Spiels wider.

Zur gleichen Zeit fahren in Wiesbaden zwei Männer in den Keller der Lottozentrale. Aus einem Wandtresor zieht Axel Denninghoff einen verplombten Alukoffer. Alexander Sausmikat protokolliert alles. Dann geht's in einer silbergrauen BMW-Limousine in Richtung Frankfurt.

17.30 Uhr: Ankunft im Studio.
Sausmikat ist heute Ziehungsleiter, Denninghoff sein Chauffeur, Kofferträger und Wächter über die 49 nummerierten Pingpongbälle, die im Koffer ruhen. Inzwischen sitzt auch Ziehungsassistentin (Berufe gibt's ...) Claudia Wartenberg an ihrem Platz. Vor ihr leuchten Knöpfe mit Aufschriften wie "Füllen", "Mischen" und "Ziehen". Letztlich entscheidet ihr Finger, ob heute der 25-Millionen-Jackpot geknackt wird.

Ist sie nicht die eigentliche Lottofee? "Das lassen Sie die Frau Reichenbacher aber nicht hören!" wehrt sie geschmeichelt ab. Rund 16 Millionen Deutsche werden an diesem Tag bis zum Annahmeschluss ihr Kreuzchen gemacht haben - dank des Jackpots ein Viertel mehr als an einem gewöhnlichen Samstag. Gesamteinsatz: 85 Millionen Euro. Dabei ist die Chance auf das große Los denkbar gering. Sie liegt bei eins zu 140 Millionen. Und ob man als Lottogewinner glücklich wird, ist nicht einmal gesagt, wie Lars Becker in seiner Komödie "Schade um das schöne Geld" auf amüsante Weise vorführt.

Schade um das schöne Geld - ZDF, Mo., 16.2.2009, 20.15 Uhr: Hier vormerken!

Bilder Schade um das schöne Geld

18.00 Uhr:
Während in ganz Deutschland die Annahmestellen schließen, kommt Franziska Reichenbacher ins Studio gerauscht. Seit 11 Jahren ist die große Blonde die ARD-Lottofee. Darf sie eigentlich selbst spielen? "Natürlich. Das System ist so sicher, dass jeder spielen darf." Die Fee wird verkabelt, dann geht sie noch einmal ihren Moderationstext durch, den sie selbst verfasst. Auch wenn es so aussehen könnte, sei ihr wöchentlicher Auftritt alles andere als ein Routinejob, unterstreicht Franziska Reichenbacher.

"Jede Ziehung ist anders und will genau vorbereitet sein." Und dreimal geprobt: Denninghoff setzt zehn sogenannte Probekugeln ins Gerät. Weil Ordnung sein muss, gibt es für Fototermine auch noch einen Satz Pressekugeln. Die Probe verläuft reibungslos. Doch das Muster auf dem Rock der Lottofee verursacht Monitorflimmern. Also noch mal umziehen. In der Zwischenzeit waltet die Aufsichtsbeamtin ihres Amtes. Sind die Ziehungsgeräte in Ordnung?

Stimmen die Seriennummern? Alles kommt ins Protokoll. Dann ein fast schon sakraler Akt: Sausmikat bricht das Siegel des Koffers mit den Ziehungskugeln. Unter den strengen Blicken des Ziehungsleiters sortiert Denninghoff die Bällchen ins Gerät - sorgsam, als legte er kostbare Paradiesvogeleier in einen Brutschrank. Dann: Handys ausschalten, Ruhe im Studio, zwei, eins, Sendung! Wie bei einer gut geölten Präzisionsmaschine schnurren die Ziehungen ab.

Nach sieben Minuten ist die Show vorbei.
Während Denninghoff die Kugeln einpackt (und Sausmikat protokolliert), holt Franziska Reichenbacher einen Lottoschein aus der Handtasche, verzieht kurz den Mund und zerknüllt den Tippzettel. Die Lottofee hat gespielt - und wie Millionen andere verloren.

C. Holst