Genau vierzig Jahre nach der Erstausstrahlung bringen drei dritte Programme die Mini-Serie "Holocaust" zurück, die 1979 ganz Deutschland beschäftigte und für eine erneute Wiederaufarbeitung der Gräuel der Nationalsozialisten führte. WDR-Fernsehdirektor Jörg Schönenborn sagt: "Ich finde es wichtig, diese historische Serie auch 40 Jahre nach der Erstausstrahlung wieder zu zeigen. Denn in einer Zeit, in der Antisemitismus in unserer Gesellschaft leider immer noch eine Rolle spielt, haben die Zuschauerinnen und Zuschauer somit die Möglichkeit, die Serie mit aktuellem Blick zu sehen."

Anlässlich der Wiederholung der Emmy-prämierten Serie mit Meryl Streep erinnern wir an die Diskussion um die Ausstrahlung 1979. Da "Holocaust" die Ereignisse der NS-Zeit angeblich trivialisiere, war die Serie nicht nur von rechts her umstritten.

Im April 1978, eine Woche vor der Ausstrahlung in den USA, wurde "Holocaust" intern im WDR vorgeführt. Für Ankauf und Ausstrahlung in der ARD mussten sich die Fernsehdirektoren einig sein. Weil von neun Herren vier dagegen stimmten, ­einigte man sich auf einen Kompromiss: "Holocaust" bekam seinen Sendeplatz in den Dritten, die dafür erstmals zusammengeschaltet wurden. Nebeneffekt: In der DDR würde die Serie nicht zu empfangen sein.

Mit Vorwarnungen auf eine "auf Effekt und Emotionen abzielende Darstellung", die die Serie in "allzu süffige Süße zerlaufen" lasse ("Spiegel"), wird die Geschichte der jüdischen Familie Weiss Ende Januar 1979 in den Dritten erzählt. Anfang Januar schickt die ARD die Doku "Endlösung" als didaktische Vorbereitung voraus. "Holocaust" bleibt ein Wagnis.

Kontroverse um Trivialisierung

Ein Wagnis, das sich lohnt: Praktisch jeder zweite Erwachsene in der Bundesrepublik schaltet ein. Die Serie erreicht eine Gesamtreichweite wie keine andere Sendung zu einem geschichtlichen Thema zuvor.

Im Anschluss laufen Open-End-Diskussionen im Studio, die Telefone sind 24 Stunden freigeschaltet, die Bun­des­zen­trale für politische Bildung druckt Begleitmaterial nach. Im Gefolge des Zuspruchs stellt die Presse jetzt Fragen wie "Holocaust - nur ein Cornflakes-Melodram?", ("Süddeutsche Zeitung") oder "Soll Trivialität geadelt werden?" ("Die Zeit"), und Henri Nannen bekennt im "Stern": "Ich war feige."

Am Ende wählt die Gesellschaft für deutsche Sprache "Holocaust" zum Wort des Jahres 1979. Der Begriff setzt sich als Chiffre für den Massenmord an den Juden durch.

Seit den Wiederholungen 1982 ("Heute kein ‚Dallas‘, ARD sendet Holocaust", schreibt "Bild") und 2005 ("So schlicht, dass jede Guido-Knopp-Doku dagegen wie ein Bildersturm erscheint" - "taz") ist das Erzählen von Geschichte als Familiengeschichte zum Erfolgs­rezept schlechthin mutiert.

Das Schicksal von Figuren wird an historischen Groß­ereignissen ausgerichtet, eindeutige Identifikationsangebote erledigen den Rest. Ist das gut? Ist das schlecht? Journalistin Lea Rosh sagte 1979 über "Holocaust", ihr sei ganz egal, wie ein Film das macht. "Haupt­sache, die Leute fangen endlich an, sich dafür zu interessieren."

Holocaust: Alle Sendetermine

WDR
7.1.2019, 22.00 Uhr, "Holocaust" - Teil 1
8.1.2019, 22.10 Uhr, "Holocaust" - Teil 2
14.1.2019, 22.10 Uhr, Dokumentation "Wie 'Holocaust' ins Fernsehen
kam", 22.55 Uhr, "Holocaust" - Teil 3
15.1.2019, 22.10 Uhr, "Holocaust" - Teil 4

NDR
7.1.2019, 22.00 Uhr, "Holocaust" - Teil 1
14.1.2019, 23.15 Uhr, "Holocaust" - Teil 2
16.1.2019, 23.45 Uhr, "Wie 'Holocaust' ins Fernsehen kam"
21.1.2019, 23.15 Uhr, "Holocaust" - Teil 3
28.1.2019, 23.15 Uhr, "Holocaust" - Teil 4

SWR
9.1.2019, 22.00 Uhr, "Holocaust" - Teil 1
16.1.2019, 22.00 Uhr, "Holocaust" - Teil 2, 23.35 Uhr, Dokumentation
"Wie 'Holocaust' ins Fernsehen kam"
23.1.2019, 22.00 Uhr, "Holocaust" - Teil 3
30.1.2019, 22.00 Uhr, "Holocaust" - Teil 4