Es gibt ein neues Gesicht  beim "Talk am Dienstag" im Ersten (ARD): Ab Oktober läuft ab 22:45 Uhr die neue Sendung "Club 1" mit dem bayerischen Schauspieler, Kabarettisten und Musiker Hannes Ringlstetter und seinem Sidekick Caro Matzko. Aktuell sind die ersten Folgen für den 6. und 27. Oktober geplant. Und eins ist sicher: In der neuen Talkshow wird es jede Menge Überraschungen geben – vor allem für den Moderator Hannes Ringlstetter. Denn bei "Club 1" wissen nur die Redaktion und Caro Mutzke, welche prominenten und interessanten Gäste aus Kultur, Politik, Gesellschaft, Sport und Wissenschaft in die Show kommen.

Außerhalb Bayerns dürfte Hannes Ringlstetter den meisten wohl als listiger Automechaniker Yazid aus der ARD-Vorabend-Krimiserie "Hubert und Staller", bzw. jetzt "Hubert ohne Staller", ein Begriff sein. In seiner Heimat ist der gebürtige Münchner, der in Straubing aufgewachsen ist, doch schon längst Kult. Bereits während seines Studiums in Regensburg gründete Ringlstetter seine Band Schinderhannes, mit der er in der Region erste Erfolge feiern konnte, bevor er Rollen am Theater und im Fernsehen annahm. Daneben tourte er mit diversen Kabarett-Programmen durch Bayern und Österreich. Weitere musikalische und schauspielerische Erfolge folgten. Seit 2016 moderiert er immer donnerstags um 22:00 Uhr gemeinsam mit Caro Matzko die Talkshow "Ringlstetter" im Bayerischen Rundfunk (BR). Und nun folgt mit "Club 1" der Sprung in die ARD.

Kurz vor dem Start seiner neuen Talkshow hat sich das bayerische Multitalent mit TV SPIELFILM zu einem (Telefon-)Gespräch getroffen.

Hannes Ringlstetter und seine neue ARD-Talkshow "Club 1"

TV SPIELFILM: Herr Ringlstetter, ab 6. Oktober sind Sie mit Ihrem neuen Talk-Format "Club 1" in der ARD zu sehen. Darin wissen Sie vorab nicht, welcher Gast in Ihre Sendung kommt. Wie kam es zu dieser Idee?

Hannes Ringlstetter: Ich wurde gefragt, ob ich nicht Lust hätte, für die "Talk am Dienstag"-Schiene eine Talkshow zu machen. Ich habe mich nur gefragt: Echt? Braucht's des?‘ (lacht). Braucht's jetzt echt noch so eine Talk-Show mit diesem Frage-Antwort-Spiel, das jeder kennt? Die anderen machen das doch schon so gut. Was könnte man machen, damit es sowohl für die Zuschauer als auch die Macher ein bisschen außergewöhnlicher daherkommt? Was ich als Kind und Jugendlicher wahnsinnig gerne geschaut habe, war die Sendung "Wat is?" von Jürgen von der Lippe. Da wusste er nicht, wer kommt. Sein Kameramann hat ihm immer Fährten gelegt, und er musste draufkommen, was der Gast beruflich macht. Das fand ich immer total lustig und habe mitgeraten. Warum macht das eigentlich keiner mehr? Warum traut sich keiner mehr, ohne Netz und doppelten Boden jemandem im Fernsehen zu begegnen – so wie man sich draußen in der Welt eben auch begegnet. Man weiß ja auch nicht, wie der andere ist. Da hat man ja auch keinen Fragenkatalog dabei. Für mich als Zuschauer wäre das etwas, das ich mir anschauen würde, wenn das live passiert, wenn man sich begegnet und über andere Sachen redet, als wenn man das redaktionell vorbereiten würde. Ich fand außerdem den Spin lustig, dass die Redaktion Bescheid weiß, das Gespräch vorbereitet, sich um die Gäste und die Inhalte kümmert, und ich praktisch als Zirkuspferd da reingehe und überhaupt keine Ahnung habe.Und unter uns gesprochen, finde ich das natürlich auch total charmant, dass ich mich nicht vorbereiten muss. (lacht)

Aber können Sie sich überhaupt vorbereiten? Sie suchen ja den musikalischen Gast aus …

Genau, über den bereite ich was vor. Und sonst: Schön anziehen, und im Idealfall nüchtern und ausgeschlafen sein (lacht). Man darf sich halt nicht von den Kameras beeindrucken lassen, sondern muss sich wirklich denken: Jetzt treff ich den halt. Und schau mal, was wir zum Reden haben.

Und was machen Sie, wenn Sie den Gast nicht kennen?

Dann muss ich lustige Fragen stellen – hoffentlich. Ich kenne zum Beispiel ganz viele "Tatort"-Kommissare nicht. Das wäre lustig, wenn ich frage: "Was machen Sie eigentlich beruflich?" Und alle wissen es, bloß ich ned (lacht).

Welche Person würden Sie gerne in Ihrer Show begrüßen?

Gerhard Polt und Harald Schmidt fände ich super. Was mich auch total interessieren würde, weil ich mal Theo Waigel bei mir in der "Ringlstetter"-Show hatte, wären altgediente Politiker, die nicht mehr im Amt sind und endlich so reden wie normale Menschen. Das fände ich total interessant, weil sie, erst wenn sie aufhören, die Dinge sagen, die sie wirklich denken.

Und welcher Gast wäre Ihr ultimativer Albtraum?

Puh, hab' ich nicht.

Was würden Sie zu den AFD-Politikern Alexander Gauland, Björn Höcke oder US-Präsident Donald Trump als Gäste sagen?

Ich fände das eigentlich gut. Also ich habe jetzt keinen Bock auf die – inhaltlich (lacht). Aber ich finde es immer besser, wenn man denen in irgendeiner Form mal begegnet. Sonst sind das so Phantome. Und die machen mir mehr Angst, wenn sie Phantome sind, als wenn man ihnen gegenüber sitzt und sie auseinandernehmen kann. Wobei ich schon weiß, dass das ein Problem ist, weil man die nie auseinandernehmen kann. Aber ich hätte keine Angst davor.

Wie würden Sie auf diese Personen reagieren?

Höflich erstmal. Aber es kommt natürlich drauf an, was sie sagen. Da wird auch viel Müll dabei sein (lacht). Und dann muss man eben Fragen stellen.

Ihre BR-Show "Ringlstetter" ist unter anderem wegen des Schlagabtauschs zwischen Ihnen und Ihrer Co-Moderatorin bzw. zu Neudeutsch Ihrem "Sidekick" Caro Matzko so witzig und beliebt. Bei "Club 1" sucht sie nun die Gäste aus. Glauben Sie, dass Sie ihnen mit den Gästen auch eins auswischen und eventuelle Schwächen ausnutzen würde?

Ne, dafür hat sie mich zu lieb (lacht). Nein, das würde sie nicht machen. Allein dass Sie diesen Gedanken haben, ist ja schon eine andere Erwartungshaltung an einer Fernsehshow, als man sie sonst hat. Genau das finde ich lustig, wenn man sich so denkt: "Macht die jetzt was mit dem? Ärgert die den?" Genau das könnte der Reiz werden.

Über Söder, Seehofer und Bayern

Mit ihrer neuen Show sind Sie ja so etwas wie ein neuer Botschafter Bayerns. Setzt Sie das unter Druck?

Naa, des is mir wurscht (lacht). Ne, keine Ahnung. Ich komme da her, wo ich herkomme. Ich mache hier halt meine Sachen und versuche, selbstironisch sowohl mit dem Land als auch seinen Spezifikationen umzugehen. Und ich bemühe mich, dass man mich versteht, wenn ich rede. Das wird sich auch nicht ändern. Es ist doch das Tolle an der ARD-Schiene am Dienstag, dass aus jeder Region mal die unterschiedlichen Mentalitäten zutage treten. Der Kölner Treff ist anders als die NDR-Talk-Show, und das ist wieder anders , als wenn‘s ein Bayer macht. Das finde ich gut. Aber ich habe, ehrlich gesagt, keinen Druck, dass ich Bayern besonders gut repräsentieren muss. Das Spiel macht Markus Söder besser als ich (lacht).

Wo wir gerade beim Thema sind: Stellen Sie sich vor, dass Horst Seehofer und Markus Söder Ihre Überraschungsgäste sind. Über was würden Sie gerne mal mit ihnen sprechen? Der eine polarisiert ja ständig (erst kürzlich wegen Moria), der andere wird als möglicher nächster Kanzler gefeiert.

Mhm, schauen wir mal. Mit dem Söder würde ich tatsächlich gerne darüber reden, wie man so eine verkommene Jugend haben kann, dass man ein Franz Josef Strauß-Poster über dem Bett hat. Das hat er mal ganz stolz gepostet. Mit 14 hing bei mir ein Poster von Samantha Fox oder Pamela Anderson. Aber sicher nicht Franz Josef Strauß. Horst Seehofer ist ein anderes Thema, weil ich ganz viele ernstzunehmende Menschen kenne, die ihn schon getroffen haben und tatsächlich immer sagen, dass er ein wahnsinnig angenehmer und offener Gesprächspartner ist, der sehr gut zuhören kann – was man irgendwie nicht glaubt. Mir haben sogar schon mehrere Menschen aus dem linken Spektrum bestätigt, dass sie ihr Bild von Horst Seehofer korrigieren mussten (lacht). Es würde mich interessieren, ob er mich auch kriegen würde. Politisch kann man immer streiten, Stichwort: Demokratie. Aber als Typ ist er, so sagen viele, extrem zugewandt, verbindlich und angenehm. Das würde mich sehr interessieren, ob das stimmt.

Außerhalb Bayerns kennen die meisten Sie wohl als Yazid in "Hubert und Staller" bzw. jetzt "Hubert ohne Staller", in ihrer Heimat – speziell im Raum Regensburg – sind Sie durch Ihre Musik und ihre Solo-Programme längst Kult. Dennoch mussten Sie relativ lange auf den Durchbruch warten. Hatten Sie auch mal überlegt eine andere Karriere einzuschlagen?

Ich hab's überlegt und hab's auch versucht. Aber ich bin krachend gescheitert. Ich war irgendwann mal so pleite, dass ich mir dachte, ich bewerbe mich jetzt bei irgendeiner Software-Firma in der Marketing-Abteilung. Und dann bin ich da hingefahren, stand im Hof von der Firma und dachte mir: "Ne, das schaff‘ I ned." Und dann bin ich wieder gefahren. Das war ein relativ kurzer Ausflug in die Seriösität (lacht).

Aber es hat sich ja ausgezahlt ...

Ja, mittlerweile ist alles gut (lacht). Aber vielleicht muss man das eben auch durchhalten. Dann wird es auch irgendwann gut.

"Heimat ist nicht statisch. Die muss man gestalten"

Seit 2016 moderieren Sie Ihre eigene Talkshow "Ringlstetter" im BR. War der Wechsel vom Musiker und Schauspieler zum TV-Moderator schwierig? Welchen Herausforderungen mussten Sie sich stellen?

Es ist einfach ein anderer Beruf. Das muss man checken. Und das dauert auch seine Zeit. Wir haben ja auch mit der "Ringlstetter"-Show ein Jahr gebraucht, bis alles gepasst und sich eingespielt hat. Das liegt an der Problematik Late Night, die vor allem in Deutschland keine Tradition hat. Und die musst du irgendwie neu erfinden, aber die klassischen Elemente beibehalten. Und das war schwierig. Man musste erst die Humorlage definieren, das Tempo und die Energie. Ich bin kein Zyniker. Insofern war klar, man muss was anderes finden als einen zynischen Blick auf die Welt. Jetzt haben wir uns für diesen albernen, selbstironischen Weg entschieden. Der macht total Spaß und ist auch richtig, glaub ich. Aber das war natürlich eine große Herausforderung. Außerdem bist du verantwortlich für ein Riesenteam. Das hatte ich vorher nie. Wir sind insgesamt 50 Leute vom Regisseur bis zum Kabelträger. Das hängt also nicht nur an mir, sondern da hängt einfach viel dran.

Das klingt sehr stressig. Wie schalten Sie dann ab?

Das ist sicher der Grund, warum ich gerne auf dem Land wohne. Ich habe wenig Lust auf ein Münchner Glamour-Leben. Deswegen zieht es mich raus in die Natur, aufs Land. Dann geh ich in den Wald oder mache Musik. Und gut is'.

Der "Heimat"-Begriff taucht in den letzten Jahren immer häufiger in den verschiedensten Kontexten wie Politik und Musik auf, und auch Mundart und Dialekte werden wieder "cool".  Woran liegt das Ihrer Meinung nach?

Ich glaube, dass es da einen Zusammenhang gibt zu einer relativ unübersichtlichen, globalen Welt, in der man wieder Lust hat auf kleine Einheiten, die überschaubar sind. Es hängt auch mit der Suche nach Identität zusammen. Also: Wo gehört man hin? Und diese Regionalität ist ja aktuell auch beim Essen ein Riesenthema. Wie ernährt man sich ohne große Transportwege? Und vielleicht ist es mit dem Gefühlt nicht recht viel anders. Ich bin da bei dem Thema immer ein bisschen zweischneidig unterwegs, weil ich es auch gefährlich finde. Heimat ist ja auch was ganz Normales, weil man von da her kommt, dort verortet und geerdet ist. Aber gerade auch in Bayern gibt es gerne dieses "Mia san mia" und dieses "Mia san super, und die anderen san Deppen". Aber da steige ich dann aus. Sobald es nationalistisch wird, finde ich es merkwürdig und auch falsch. Und das mit dem Dialekt in der Musik: Grundsätzlich ist ja sowas wie ein Dialekt was Schönes. Aber bloß weil sie im Dialekt ist, ist die Musik noch lange nicht gut. Wenn jetzt diese Bands alle Bayerisch singen, denke ich mir bei manchen: "Singt lieber Englisch, dann versteh ich euch wenigstens nicht." Das ist ja wirklich zum Teil grauenvoll, wenn es nur um Biersaufen und schöne Landschaften geht.

Wie wichtig ist Ihnen denn Ihre Heimat?

Natürlich ist sie mir wichtig. Aber Heimat entsteht ja durch die Auseinandersetzung damit. Die ist ja nicht statisch, sie verändert sich, und man muss sie gestalten. Wenn dir vor 20 Jahren jemand erzählt hätte, dass ausgerechnet die CSU aus der Atomenergie aussteigt, dann hätte auch jeder gesagt "naa". Also es verändert sich, und es ist etwas, das man mitgestalten kann. Und das tue ich im Humorbereich. Da versuche ich dieses Bayern aus seiner Sepplhaftigkeit zu holen. Ich hoffe, dass mir das gelingt (lacht).

Vielen Dank fürs Gespräch!

Die neue Talkshow "Club 1" mit Hannes Ringlstetter und Caro Matzko läuft am 6. und 27. Oktober ab 22:45 Uhr im Ersten (ARD).