Wenn sie an die "feine französische Küche" mit Austern, Crêpes & Co. denkt, bekommt selbst die bislang durch kulinarische Strenge ("Soße unter Kartoffeln geht nicht") aufgefallene Larissa (54) einen weichen Gesichtsausdruck. Wie der Großteil der Hamburger "Das perfekte Dinner"-Truppe versteht sie darunter den Gipfel der Verfeinerung - und nicht etwa Würstchen, Frikadelle und Sauerkraut (Chocroute) mit Speck und Kümmel.
Aber Gastgeber Léon ist nun einmal nicht aus Paris, sondern dem Elsass: Der aus Colmar stammende und mit 20 Jahren zum Studium nach Deutschland gekommene Business Development Manager liebt das Deftig-Bodenständige. Seine drei Gänge sind gleichzeitig ein Streifzug durch sein Leben: "Durch dieses Menü spreche ich über mich."
Motto: Elsass-Hamburg-Fusion
- Vorspeise: Labs"Elsass"kaus
- Hauptspeise: Choucroute-Frikadellen-Brötchen
- Nachspeise: "Frantzbretzel"
"'Ering' mag ich sehr gerne"
Auch was Léon sonst über sich und die Welt spricht, ist - ganz dem Klischee entsprechend - raffiniert und charmant. Die elsässischen Klößchen "Knepfle", die der talentierte Hobby-Künstler als Hommage an Hamburg mit Räucherhering verfeinert und im Rote-Bete-Wurzelgemüse-Sud serviert, beschreibt er als "große Spätzele". Das Hamburger Nationalgericht ist für ihn "Knackwurst mit Fisch": "'Ering' mag ich sehr gerne."
Geistreich, weltoffen und sympathisch tänzelt er durch seine winzige Küche, in der er vom frittierten Salbei zur Vorspeise über mit Munster-Käse gefüllte Frikadellen bis hin zu selbstgebackenen "Frantzbrezeln" mit Karamell und Apfel-Pflaumen-Kompott eine beeindruckende Geschmacks-Fusion entstehen lässt.
"Die Textur ist auch nicht geil"
Der gewohnt etwas nörgeligen Nathaly (26) ist das jedoch nicht genug Aufwand: Dass ein Teil des für die Choucroute verwendeten Sauerkrauts und das Dessert-Eis fertig gekauft sind, gehe eigentlich gar nicht. Ohnehin sei sie kein "Sauerkraut"-Fan, so die 26-Jährige, deren Vorspeise am Auftakt-Abend aus frittierten Fetawürfeln auf Kopfsalat bestand. Léons originellen Aperitif findet sie allerdings gelungen: "Eine Mischung aus Hamburger Flachmann und feinem Crémant, super."
Léon selbst ist das rustikale Wesen seiner Zutaten durchaus bewusst. "Der Prozess ist nicht sexy", gibt er zu, als er Würstchen mit Hackfleisch püriert: "Klingt schon mal ekelhaft, und die Textur ist auch nicht geil." Doch mit seinen herzhaften Zaubereien beeindruckt er am Ende nicht nur Larissa. "Kannst du mir den Rest bitte fürs Frühstück einpacken?", hat sie während des Dinners alle Vorurteile ausräumen können.
Das Resultat für Léon, den Koch-Profi, sind 37 Punkte - und die französische Küche in Köpfen und Gaumen der Gäste um einige Facetten reicher.
Das Original zu diesem Beitrag ""Der Prozess ist nicht sexy": "Dinner"-Gastgeber Léon setzt auf rustikale Zutaten" stammt von "Teleschau".