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Bibelmythos

Wo bitte geht's ins Paradies?

Wo bitte gehts ins Paradies?
Die modernen "Robinsons Crusoes" sind Franzosen: Mako und Kiri leben seit Jahren allein auf einer kleinen unberührten Insel im Raroia Atoll Arte

Den Garten Eden hat die Menschheit bislang vergeblich gesucht. Dennoch hat der Bibelmythos vielleicht einen historischen Kern (SO, 26.12., Arte, 20.15 Uhr)

Die Ortsangaben sind ungenau: Ein Strom fließe dort, der sich in vier Flüsse teile. Zwei davon, in der Bibel Perat und Hiddekel genannt, sind vermutlich Euphrat und Tigris. Welche Gewässer mit Gihon und Pishon gemeint sind, darüber streiten die Gelehrten seit Jahrhunderten. Sicher ist: Der Garten Eden, jener ideale Ort, an dem laut Altem Testament Adam und Eva allzu kurz das Leben genießen durften, müsste wohl irgendwo im Dreieck zwischen Rotem, Schwarzem und Kaspischem Meer gelegen haben.

Nicht nur das Christentum kennt die Vorstellung vom Paradies als Garten. Die Kelten träumten sich nach Avalon, was so viel wie Apfelgarten bedeutet. Äpfel spielten auch im griechischen Mythos von den Hesperiden eine wichtige Rolle. Auf den paradiesischen Inseln irgendwo weit im Westen sollte ein Apfelbaum wachsen, der goldene Früchte trägt.

Während das Paradies auf mittelalterlichen Karten noch als geografischer Ort verzeichnet ist, setzte sich in der Theologie später eine rein metaphysische Deutung durch. Dennoch könnte der Mythos vom sorgenfreien Leben in einem üppigen Garten Nachhall historischer Ereignisse sein. Einige Wissenschaftler vermuten, dass die Vertreibung aus dem Paradies in Wirklichkeit nicht Strafe Gottes, sondern Folge eines Klimawandels war. Er führte dazu, dass die Bewohner des Zweistromlandes vor 11 000 Jahren ihr Jäger-und-Sammler-Leben aufgeben und ihr Überleben fortan durch Ackerbau sichern mussten - im Schweiße ihres Angesichts, wie es in der Genesis heißt.

Der Traum vom Paradies auf Erden wird trotzdem weiter geträumt - mal im großen Stil in Gestalt politischer Utopien, mal im kleinen in der Schrebergartenkolonie. Träumen wird man doch wohl mal dürfen.

Christian Holst