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Aus Wien: "Tatort: Azra" hat ganz reale Vorbilder

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Der "Tatort" aus Wien hat einen realen Hintergrund ARD Degeto/ORF/Felix Vratny

Beim neuen Wiener "Tatort" geht es um einen Mord im Clan-Milieu. Der Einsatz ist auch deswegen spannend, weil reale Ermittlungen gegen die Mafia der Hintergrund sind.

"Da hat's ausnahmsweise mal den Richtigen erwischt", sagt Ermittlerin Bibi Fellner (Adele Neuhauser) über den Toten, der den neuen Wiener "Tatort"-Krimi in Gang bringt. Vor einem Club in einem farblosen Gewerbegebiet liegt der Bruder eines georgischen Mafia-Paten neben seiner Luxuskarosse. Die klassische Krimi-Frage, wer ihn erschossen hat, rückt dieses Mal über weite Strecken in den Hintergrund. Stattdessen präsentieren Drehbuchautorin Sarah Wassermair und Regisseur Dominik Hartl am Pfingstmontag um 20.15 Uhr im Ersten mit der Episode "Azra" einen Polizei-Thriller, der in die Grauzone zwischen Kriminellen und Gesetzeshütern eintaucht.

Clan-Milieu mit Informantin

Azra, so heißt die junge V-Person, die schon vor einiger Zeit in den georgischen Clan eingeschleust wurde. Als Polizei-Informantin aus schwierigen Verhältnissen zeigt die Wiener Schauspielerin Mariam Hage eine beeindruckende darstellerische Bandbreite - vom Wiener Schmäh über beinharte Coolness bis zur puren Verzweiflung.

Bislang hatte Azra die Aufgabe, Informationen für Wirtschaftsermittler der Polizei zu sammeln, die dem Clan auf der Spur sind. Nun wird sie von Fellner und ihrem langjährigen Kollegen Moritz Eisner (Harald Krassnitzer) zusätzlich auf den Mordfall angesetzt - ein hochriskanter Plan, wie sich schon bald herausstellt. Denn falls Azra auffliegt, "dann suchen wir nicht nach einer Vermissten, sondern nach einem flachen Grab im Wald", wie es Polizeioberst Ernst Rauter (Hubert Kramar) ausdrückt.

Mit der risikofreudigen Azra stürzen die Ermittler nicht nur in gefährliche Situationen, sondern geraten auch in ein moralisches Dilemma: Was wiegt die Sicherheit einer V-Person gegen die Chance, der organisierten Kriminalität einen Schlag zu versetzen?

Die wahre Geschichte hinter dem Fall

Die Geschichte hat eine wahre Inspirationsquelle: Im Jahr 2010 wurden in der europaweiten Polizeioperation "Java" Dutzende Verdächtige verhaftet, die der georgischen organisierten Kriminalität zugeordnet wurden. Im Zentrum der Ermittlungen standen vor allem Eigentumsdelikte in großem Stil. Die österreichische Polizei ging damals davon aus, dass 30 Prozent aller Einbrüche in Wien seit 2009 auf das Konto der Organisation gegangen waren.

In "Azra" wird die Geschichte weitergesponnen: Die Ermittler verdächtigen den Clan-Chef Beka Datviani (Lasha Bakradze) und seine Leute, sich nunmehr mit Geldwäsche und anderen Wirtschaftsverbrechen zu beschäftigen, und zu diesem Zweck Kontakte in hohe Wirtschafts- und Politikkreise zu knüpfen. Atmosphärisch passend wird Wien von Kameramann Ioan Gavriel meist in ein düsteres Licht getaucht, selbst wenn draußen die Sonne scheint.

Die von der Drehbuchautorin erfundenen Kontakte zwischen Mafia und Politik erscheinen im Lichte der jüngeren Vergangenheit in Österreich nicht als völlig abwegig, sondern einfach nur als fantasievolle Übertreibung. Nämlich dann, wenn man sich die fragwürdigen Verstrickungen zwischen Wirtschaft und Politik vor Augen führt, die im Zuge der Ibiza-Affäre von den echten Korruptionsermittlern des Landes seit vier Jahren aufgearbeitet werden. Aber das ist ein ganz anderer Krimi.