600 Folgen "ZDF Fernsehgarten": Das sind 71 910 Minuten vor der Glotze am Sonntagmittag, rechnet Moderatorin Andrea "Kiwi" Kiewel ihren Gartengästen vor. 71 900 Minuten ergibt 49 Tage. Eine Zeit, in der man laut Kiwi von Mainz nach Dubai pilgern könnte. Oder acht Mal zum Mond und zurück – per Rakete, versteht sich, nicht zu Fuß. 

Willkommen zur ganz großen Party im Grünen und auf dem Lerchenberg, willkommen beim Jubiläums-"Fernsehgarten"! Zur Feier des Tages hat sich Kiewel in einen in allen Regenbogen-Farben schillernden Nixenrock gezwängt, was im unteren Rand des Fernsehbildschirms ein wenig nach Störbild aussieht. Für die Twitter-Gemeinde – für manche das Beste am "ZDF Fernsehgarten" – ist das natürlich eine Steilvorlage: "Kiwielle, die Nichtmehrjungfrau?"

Matze Knop motiviert zur "Selfie Challenge"

Matze Knop ist zu Gast und wird von Kiwi mütterlich übergriffig verbal befummelt mit "mein Schatz" und "mein Liebster". Knop hat Nehmerqualitäten, er motiviert unverdrossen die TV-Gemeinde zur "Selfie Challenge". Dennoch treffen die Selfies zunächst nur sehr zögerlich ein – das "Fernsehgarten"-Publikum zählt nicht direkt zu den "Digital Natives". Und schickt die Selbstporträts vermutlich per Post ans ZDF. 

Wenig umweltfreundlich schreiben fünf Kunstflugzeuge via Kondensstreifen "600. Fernsehgarten" in den blauen Himmel: "Sky Texting" als neue Posting-Option oder wie die Twitter-Gemeinde es ausdrückt: "Chemtrails in Nadeldruckoptik im #Fernsehgarten: schön, schön, schön." Life Coach Laura mit der Ausstrahlung eines Melatonin-Sprays gibt minutenlang Kalendersprüche von sich. Danach meditiert Laura mit Kiwi und dem Publikum eine irgendwie bessere Welt herbei. "ZDF Fernsehgarten" bedeutet, jeden Sonntag die Grenzen des Erträglichen ein wenig zu verschieben. In 600 Folgen und 71 910 Minuten ist auch diese Grenze inzwischen kurz vor Dubai angekommen. 

Hommage an "Wetten, dass ...?"

Armin Roßmeier, Frankens Antwort auf Paul Bocuse, bereitet im als Lokomotive verkleideten Smoker "Pulled Pork" zu, die Nackensteak-Alternative für den Seniorenteller. Stundenlang könnte man ihm zuhören, wie er Worte wie "Röstaromen", "Rauchsalz" und "anbraten" mit dem durchs Maintal herangerolltem "R" ausspricht. 

Ein Hauch von "Wetten, dass ..?" gönnt sich der "Fernsehgarten" auch an diesem Geburtstagssonntag: Alexander bringt mit seinem Turnschuh im Rückwärtssalto Streichhölzer zum Brennen – irgendwo müssen ja unsere Leistungsträger eine Heimat finden im öffentlich-rechtlichen Fernsehen, bis der Wett-Dino am 19. November wieder zurück ist. Oder sollte Kiewels Rock-Desaster womöglich eine Moderatoren-Bewerbung mit Verweis auf Thomas Gottschalks Modegeschmack sein? 

Culcha Candela bringt Kiwi in Tanzlaune

Die musikalische Besetzung zum Festtag wird erneut aus den unteren Schubladen bestückt: Mit B-Klasse-Künstlern wie Ramon Roselly, Annemarie Eilfeld, Sarah Zucker, Alexander Eder, Mars Saibert holt man bei strahlendem Sonnenschein niemanden aufs Sofa. Immerhin: Alphaville serviert ein paar akustische Memorabilien aus den Jahren, als der "ZDF Fernsehgarten" noch ein kaum bestellter Acker war. Und Culcha Candela verbreitet Ballermann-Laune, doch angesichts der Leoparden-Short über der leuchtend roten Leggings beim Sänger sehnt man sich fast wieder nach Kiewels verpixeltem Rock zurück. 

Diesen lässt Kiwi zum Schluss noch zu Culcha Candela kreisen, doch auch das treibt das Party-Thermometer nicht mehr nach oben. Matze Knop macht Selfies, die ZDF-Chemtrails sind weiterhin gut lesbar am blauen Himmel über dem Lerchenberg, und schon ist der 600. "Fernsehgarten" Fernsehgeschichte. Oder wie es die Twitter-Gemeinde bilanziert: "Ich guck das nie wieder! Bis nächste Woche, Freunde."