Die Erleichterung steht ihnen ins Gesicht geschrieben. Regisseur Tom Tykwer und Hauptdarstellerin Liv Lisa Fries sind rechtzeitig fertig geworden. "Babylon Berlin" startet am 13.10. auf Sky und wird acht Wochen lang in Doppelfolgen ausgestrahlt. Es ist der Abschluss eines in Deutschland beispiellosen Projekts: Die Filmemacher Tom Tykwer, Achim von Borries und Henk Handloegten haben eine Krimiserie gedreht, die so komplex erzählt ist und so gut aussieht wie die großen US-Vorbilder.
Herr Tykwer, was fanden Sie an Volker Kutschers Roman "Der nasse Fisch" so faszinierend, dass er als Vorlage für 16 Folgen "Babylon Berlin" dient?
Tom Tykwer: Meinen Kollegen Achim von Borries, Henk Handloegten und mir hat sofort an dem Buch gefallen, wie extrem gut Volker Kutscher recherchiert hat, um uns das Berlin des Jahres 1929 vor Augen zu führen. Er schickt einen Kölner Ermittler in die Hauptstadt, dem die Verhältnisse dort fremd sind, und so können die Zuschauer mit ihm diese gefährliche und faszinierende Welt erkunden. Für uns war das wie eine Startrampe, um mit unserer Serie in die Räume vorzustoßen, die das Buch offenlässt. Eine Einladung zum ausufernden seriellen Erzählen, die wir genutzt haben, um neben der Krimihandlung auch ein Sittengemälde Berlins zu malen. Aber selbst dort, wo wir die Charaktere verändert haben, haben wir es immer im Geiste Volker Kutschers versucht.
Sehen Sie Parallelen zwischen der damaligen Zeit und heute?
Tykwer: Das war anfangs eher ein Gefühl, das sich dann aber während der viereinhalb Jahre, die wir an Buch und Film gearbeitet haben, immer mehr verstärkt hat. 1929 schienen die Deutschen nach langer Zeit mal wieder den Eindruck zu gewinnen, sie lebten in halbwegs stabilen Verhältnissen. Eine trügerische Stabilität, denn der Schwarze Freitag stand ja noch bevor. Als wir mit der Serie angefangen haben, hätten wir auch nicht geglaubt, dass der Brexit kommt und Trump gewählt wird. In der Unsicherheit der Verhältnisse, gepaart mit einer großen sozialen und politischen Dynamik, gibt es Berührungspunkte zwischen der Weimarer Republik und der Gegenwart.
Ihr habt zu dritt die Bücher geschrieben und zu dritt Regie geführt. Wie geht das?
Tykwer: Für mich ist das nichts Neues. Bei "Cloud Atlas" waren wir ja auch drei Autoren und drei Regisseure. Film ist nach meinem Verständnis sowieso etwas, zu dessen Gelingen ganz viele Leute beitragen: Schauspieler, Kameraleute, Techniker, Kulissenbauer und so weiter.
Bei US-Serien wird oft ein Writers Room eingerichtet, in dem die Autoren gemeinsam schreiben. Wie war das bei "Babylon Berlin"?
Tykwer: So etwas hatten wir auch, sogar in einer Luxusversion. Wir hatten eine Wohnung angemietet, Achim, Henk und ich saßen im Schreibzimmer, und nebenan war das Art Department mit Uli Hanisch und rund zehn Leuten, die haben uns eineinhalb Jahre begleitet und schon die Kulissen entworfen, während wir noch geschrieben haben. Sie haben die Berliner Straße im Studio Babelsberg vorbereitet und Fassaden gestaltet für unsere gemeinsame Vision von Berlin: "Babylon Berlin" ist wahrscheinlich nicht das Berlin des Jahres 1929, wie es Historiker rekonstruieren würden, es ist eine ästhetisch auf die Spitze getriebene Variante dessen, was Berlin in diesen Jahren auszeichnet.
Tom Tykwer: Meinen Kollegen Achim von Borries, Henk Handloegten und mir hat sofort an dem Buch gefallen, wie extrem gut Volker Kutscher recherchiert hat, um uns das Berlin des Jahres 1929 vor Augen zu führen. Er schickt einen Kölner Ermittler in die Hauptstadt, dem die Verhältnisse dort fremd sind, und so können die Zuschauer mit ihm diese gefährliche und faszinierende Welt erkunden. Für uns war das wie eine Startrampe, um mit unserer Serie in die Räume vorzustoßen, die das Buch offenlässt. Eine Einladung zum ausufernden seriellen Erzählen, die wir genutzt haben, um neben der Krimihandlung auch ein Sittengemälde Berlins zu malen. Aber selbst dort, wo wir die Charaktere verändert haben, haben wir es immer im Geiste Volker Kutschers versucht.
Sehen Sie Parallelen zwischen der damaligen Zeit und heute?
Tykwer: Das war anfangs eher ein Gefühl, das sich dann aber während der viereinhalb Jahre, die wir an Buch und Film gearbeitet haben, immer mehr verstärkt hat. 1929 schienen die Deutschen nach langer Zeit mal wieder den Eindruck zu gewinnen, sie lebten in halbwegs stabilen Verhältnissen. Eine trügerische Stabilität, denn der Schwarze Freitag stand ja noch bevor. Als wir mit der Serie angefangen haben, hätten wir auch nicht geglaubt, dass der Brexit kommt und Trump gewählt wird. In der Unsicherheit der Verhältnisse, gepaart mit einer großen sozialen und politischen Dynamik, gibt es Berührungspunkte zwischen der Weimarer Republik und der Gegenwart.
Ihr habt zu dritt die Bücher geschrieben und zu dritt Regie geführt. Wie geht das?
Tykwer: Für mich ist das nichts Neues. Bei "Cloud Atlas" waren wir ja auch drei Autoren und drei Regisseure. Film ist nach meinem Verständnis sowieso etwas, zu dessen Gelingen ganz viele Leute beitragen: Schauspieler, Kameraleute, Techniker, Kulissenbauer und so weiter.
Bei US-Serien wird oft ein Writers Room eingerichtet, in dem die Autoren gemeinsam schreiben. Wie war das bei "Babylon Berlin"?
Tykwer: So etwas hatten wir auch, sogar in einer Luxusversion. Wir hatten eine Wohnung angemietet, Achim, Henk und ich saßen im Schreibzimmer, und nebenan war das Art Department mit Uli Hanisch und rund zehn Leuten, die haben uns eineinhalb Jahre begleitet und schon die Kulissen entworfen, während wir noch geschrieben haben. Sie haben die Berliner Straße im Studio Babelsberg vorbereitet und Fassaden gestaltet für unsere gemeinsame Vision von Berlin: "Babylon Berlin" ist wahrscheinlich nicht das Berlin des Jahres 1929, wie es Historiker rekonstruieren würden, es ist eine ästhetisch auf die Spitze getriebene Variante dessen, was Berlin in diesen Jahren auszeichnet.
Sie, Frau Fries, wurden also nicht davon überrascht, was die drei Herren ausgetüftelt haben?
Liv Lisa Fries: Nein, im Gegenteil. Ich erinnere mich noch daran, dass ich im Vorfeld des Drehs mit Tom über meine Figur gesprochen habe und er dann gesagt hat: "Komm mal mit, ich zeige dir die Wohnung, in der deine Figur lebt." Er hat mich dann in das Art Department mitgenommen, wo das Modell des Apartments von Charlottes Familie stand. Es war neu für mich, dass ich so stark und zu einem so frühen Zeitpunkt in den Aufbau und die Gestaltung eines Films bzw. einer Serie einbezogen wurde. Ich weiß noch genau, dass wir am fertigen Set geprobt haben, bevor wir am 17. Mai 2016 angefangen haben zu drehen.
Wie wichtig war für den Dreh die im Studio Babelsberg neu gebaute Berliner Straße?
Tykwer: Die war schon sehr wichtig. Ich bin ein großer Fan davon, dass sich reale Kulissen und digital erzeugte Elemente ergänzen. Es ist gerade für Schauspieler wichtig, dass sie vor echten Häuserwänden stehen. Wir sind ja auch an Originalschauplätze gegangen, haben neben den Studioaufnahmen 200 andere Motive an realen Orten in Berlin gedreht. Anders ging es nicht, die Stadt ist bei uns ein weiterer Hauptdarsteller. Digitale Ergänzungen braucht man beispielsweise, wenn man mit der Kamera in die Tiefe der Straßen hineingeht. Das Studiogelände ist nun mal begrenzt.
Frau Fries, wie war das für Sie als Schauspielerin?
Fries: Glücklicherweise kam es nur selten vor, dass ich vor einer grünen Wand spielen musste, auf die nachträglich träglich am Computer erzeugte historische Aufnahmen projiziert werden. Ich fühle mich deutlich wohler, wenn ich vor realen Kulissen agiere. Das geht schon bei der Vorbereitung los. Für mich war die Ausstellung "Tanz auf dem Vulkan" im Berliner Ephraim-Palais über das Berlin der Zwanzigerjahre wichtig, weil ich da konkrete Dinge sehen konnte. Und auch wenn ich einen Duft aus den Zwanzigerjahren rieche, dann macht das was mit mir. Hilfreich waren auch Texte von Lili Grün, die das Leben einer Frau im Berlin der Zwanziger sehr plastisch schildern.
Ihre Figur wirkt sehr modern.
Fries: Auf jeden Fall öffnete sich damals ein Verhaltensspielraum für Frauen, den Charlotte zu nutzen verstand und der uns heute sehr modern anmutet. Im Schutz der Nacht war damals vieles möglich, was im hellen Tageslicht moralische Empörung hervorgerufen hätte.
Der Vorspann von "Babylon Berlin" mutet wie eine Verbeugung vor dem expressionistischen Film an.
Tykwer: Die Bilder waren uns beim Schreiben präsent. Damals war Berlin der Ort, an dem die weltweit wichtigsten Filme gedreht wurden. Gleichwohl legen wir großen Wert darauf, dass sich die Serie nicht im Zitat erschöpft. Sie soll schon einen neuen Blick auf die Zeit eröffnen. Wir lösen uns dabei gelegentlich von der Strenge der Historiker. In der Episode zwei singt ein androgyner Sänger ein Chanson, das sehr heutig klingt. David Bowie kommt einem da in den Sinn, der wäre damals ein Knüller gewesen.
Bei Filmen über die Zwanzigerjahre wie "Cabaret" schwingt immer der Aufstieg der Nazis mit.
Tykwer: Das ist bei "Babylon Berlin" - zunächst mal - ganz anders. Bei uns wehen keine Hakenkreuzfahnen und der Name Hitler wird in den beiden Staffeln nur ein einziges Mal erwähnt. Und zwar aus einem einfachen Grund: 1929 war für die Menschen nicht absehbar, dass Hitler eines Tages an die Macht kommen würde.
Eine wichtige Rolle spielt in der Serie das "Moka Efti". Der Soziologe und Filmtheoretiker Siegfried Kracauer beschreibt den Nachtclub in "Die Angestellten" (1930) als einen Ort der Betäubung und Entfremdung
Fries: Charlotte, die sich dort gern vergnügt, ist mit Sicherheit kein Mensch, der sich von der Musik und dem Amüsement den klaren Blick auf die Wirklichkeit verstellen lässt. Sie ist, auch wenn das etwas paradox klingt, ein hellwacher Mensch, der ständig müde ist, weil er zu wenig schläft. Ich habe das Moka Efti eher als eine Erweiterung ihrer Persönlichkeit gesehen denn als ein neues, aufregendes Zuhause.
Man konnte im Vorfeld den Eindruck gewinnen, "Babylon Berlin" entscheide darüber, ob wir in Deutschland auch so gute Serien wie "House of Cards" drehen können.
Tykwer: Wir haben nicht so viel darüber nachgedacht. Es gibt auch keine vergleichbare internationale Serie: Wir haben "Babylon Berlin" in deutscher Sprache gedreht, es ist ein genuin deutsches Thema. Wir sehen da eher Bezüge zu "Heimat" von Edgar Reitz. Das ist eben auch im Kern ein langer Film.
Fries: Für mich war der Vergleich mit dem US-Fernsehen nicht weiter wichtig. Ich sehe auch gar nicht so viele amerikanische Serien. Mich hat die Sache interessiert.
Soll "Babylon Berlin" weitergehen?
Tykwer: Es muss! Wir haben mit den sechzehn Episoden ja erst den ersten Roman von Volker Kutscher verfilmt. Da gibt es noch etliche weitere Bücher, die wir unbedingt verfilmen wollen.
Liv Lisa Fries: Nein, im Gegenteil. Ich erinnere mich noch daran, dass ich im Vorfeld des Drehs mit Tom über meine Figur gesprochen habe und er dann gesagt hat: "Komm mal mit, ich zeige dir die Wohnung, in der deine Figur lebt." Er hat mich dann in das Art Department mitgenommen, wo das Modell des Apartments von Charlottes Familie stand. Es war neu für mich, dass ich so stark und zu einem so frühen Zeitpunkt in den Aufbau und die Gestaltung eines Films bzw. einer Serie einbezogen wurde. Ich weiß noch genau, dass wir am fertigen Set geprobt haben, bevor wir am 17. Mai 2016 angefangen haben zu drehen.
Wie wichtig war für den Dreh die im Studio Babelsberg neu gebaute Berliner Straße?
Tykwer: Die war schon sehr wichtig. Ich bin ein großer Fan davon, dass sich reale Kulissen und digital erzeugte Elemente ergänzen. Es ist gerade für Schauspieler wichtig, dass sie vor echten Häuserwänden stehen. Wir sind ja auch an Originalschauplätze gegangen, haben neben den Studioaufnahmen 200 andere Motive an realen Orten in Berlin gedreht. Anders ging es nicht, die Stadt ist bei uns ein weiterer Hauptdarsteller. Digitale Ergänzungen braucht man beispielsweise, wenn man mit der Kamera in die Tiefe der Straßen hineingeht. Das Studiogelände ist nun mal begrenzt.
Frau Fries, wie war das für Sie als Schauspielerin?
Fries: Glücklicherweise kam es nur selten vor, dass ich vor einer grünen Wand spielen musste, auf die nachträglich träglich am Computer erzeugte historische Aufnahmen projiziert werden. Ich fühle mich deutlich wohler, wenn ich vor realen Kulissen agiere. Das geht schon bei der Vorbereitung los. Für mich war die Ausstellung "Tanz auf dem Vulkan" im Berliner Ephraim-Palais über das Berlin der Zwanzigerjahre wichtig, weil ich da konkrete Dinge sehen konnte. Und auch wenn ich einen Duft aus den Zwanzigerjahren rieche, dann macht das was mit mir. Hilfreich waren auch Texte von Lili Grün, die das Leben einer Frau im Berlin der Zwanziger sehr plastisch schildern.
Ihre Figur wirkt sehr modern.
Fries: Auf jeden Fall öffnete sich damals ein Verhaltensspielraum für Frauen, den Charlotte zu nutzen verstand und der uns heute sehr modern anmutet. Im Schutz der Nacht war damals vieles möglich, was im hellen Tageslicht moralische Empörung hervorgerufen hätte.
Der Vorspann von "Babylon Berlin" mutet wie eine Verbeugung vor dem expressionistischen Film an.
Tykwer: Die Bilder waren uns beim Schreiben präsent. Damals war Berlin der Ort, an dem die weltweit wichtigsten Filme gedreht wurden. Gleichwohl legen wir großen Wert darauf, dass sich die Serie nicht im Zitat erschöpft. Sie soll schon einen neuen Blick auf die Zeit eröffnen. Wir lösen uns dabei gelegentlich von der Strenge der Historiker. In der Episode zwei singt ein androgyner Sänger ein Chanson, das sehr heutig klingt. David Bowie kommt einem da in den Sinn, der wäre damals ein Knüller gewesen.
Bei Filmen über die Zwanzigerjahre wie "Cabaret" schwingt immer der Aufstieg der Nazis mit.
Tykwer: Das ist bei "Babylon Berlin" - zunächst mal - ganz anders. Bei uns wehen keine Hakenkreuzfahnen und der Name Hitler wird in den beiden Staffeln nur ein einziges Mal erwähnt. Und zwar aus einem einfachen Grund: 1929 war für die Menschen nicht absehbar, dass Hitler eines Tages an die Macht kommen würde.
Eine wichtige Rolle spielt in der Serie das "Moka Efti". Der Soziologe und Filmtheoretiker Siegfried Kracauer beschreibt den Nachtclub in "Die Angestellten" (1930) als einen Ort der Betäubung und Entfremdung
Fries: Charlotte, die sich dort gern vergnügt, ist mit Sicherheit kein Mensch, der sich von der Musik und dem Amüsement den klaren Blick auf die Wirklichkeit verstellen lässt. Sie ist, auch wenn das etwas paradox klingt, ein hellwacher Mensch, der ständig müde ist, weil er zu wenig schläft. Ich habe das Moka Efti eher als eine Erweiterung ihrer Persönlichkeit gesehen denn als ein neues, aufregendes Zuhause.
Man konnte im Vorfeld den Eindruck gewinnen, "Babylon Berlin" entscheide darüber, ob wir in Deutschland auch so gute Serien wie "House of Cards" drehen können.
Tykwer: Wir haben nicht so viel darüber nachgedacht. Es gibt auch keine vergleichbare internationale Serie: Wir haben "Babylon Berlin" in deutscher Sprache gedreht, es ist ein genuin deutsches Thema. Wir sehen da eher Bezüge zu "Heimat" von Edgar Reitz. Das ist eben auch im Kern ein langer Film.
Fries: Für mich war der Vergleich mit dem US-Fernsehen nicht weiter wichtig. Ich sehe auch gar nicht so viele amerikanische Serien. Mich hat die Sache interessiert.
Soll "Babylon Berlin" weitergehen?
Tykwer: Es muss! Wir haben mit den sechzehn Episoden ja erst den ersten Roman von Volker Kutscher verfilmt. Da gibt es noch etliche weitere Bücher, die wir unbedingt verfilmen wollen.
Der Vorspann von "Babylon Berlin" mutet wie eine Verbeugung vor dem expressionistischen Film an.
Tykwer: Die Bilder waren uns beim Schreiben präsent. Damals war Berlin der Ort, an dem die weltweit wichtigsten Filme gedreht wurden. Gleichwohl legen wir großen Wert darauf, dass sich die Serie nicht im Zitat erschöpft. Sie soll schon einen neuen Blick auf die Zeit eröffnen. Wir lösen uns dabei gelegentlich von der Strenge der Historiker. In der Episode zwei singt ein androgyner Sänger ein Chanson, das sehr heutig klingt. David Bowie kommt einem da in den Sinn, der wäre damals ein Knüller gewesen.
Bei Filmen über die Zwanzigerjahre wie "Cabaret" schwingt immer der Aufstieg der Nazis mit.
Tykwer: Das ist bei "Babylon Berlin" - zunächst mal - ganz anders. Bei uns wehen keine Hakenkreuzfahnen und der Name Hitler wird in den beiden Staffeln nur ein einziges Mal erwähnt. Und zwar aus einem einfachen Grund: 1929 war für die Menschen nicht absehbar, dass Hitler eines Tages an die Macht kommen würde.
Eine wichtige Rolle spielt in der Serie das "Moka Efti". Der Soziologe und Filmtheoretiker Siegfried Kracauer beschreibt den Nachtclub in "Die Angestellten" (1930) als einen Ort der Betäubung und Entfremdung
Fries: Charlotte, die sich dort gern vergnügt, ist mit Sicherheit kein Mensch, der sich von der Musik und dem Amüsement den klaren Blick auf die Wirklichkeit verstellen lässt. Sie ist, auch wenn das etwas paradox klingt, ein hellwacher Mensch, der ständig müde ist, weil er zu wenig schläft. Ich habe das Moka Efti eher als eine Erweiterung ihrer Persönlichkeit gesehen denn als ein neues, aufregendes Zuhause.
Man konnte im Vorfeld den Eindruck gewinnen, "Babylon Berlin" entscheide darüber, ob wir in Deutschland auch so gute Serien wie "House of Cards" drehen können.
Tykwer: Wir haben nicht so viel darüber nachgedacht. Es gibt auch keine vergleichbare internationale Serie: Wir haben "Babylon Berlin" in deutscher Sprache gedreht, es ist ein genuin deutsches Thema. Wir sehen da eher Bezüge zu "Heimat" von Edgar Reitz. Das ist eben auch im Kern ein langer Film.
Fries: Für mich war der Vergleich mit dem US-Fernsehen nicht weiter wichtig. Ich sehe auch gar nicht so viele amerikanische Serien. Mich hat die Sache interessiert.
Soll "Babylon Berlin" weitergehen?
Tykwer: Es muss! Wir haben mit den sechzehn Episoden ja erst den ersten Roman von Volker Kutscher verfilmt. Da gibt es noch etliche weitere Bücher, die wir unbedingt verfilmen wollen.
Tykwer: Die Bilder waren uns beim Schreiben präsent. Damals war Berlin der Ort, an dem die weltweit wichtigsten Filme gedreht wurden. Gleichwohl legen wir großen Wert darauf, dass sich die Serie nicht im Zitat erschöpft. Sie soll schon einen neuen Blick auf die Zeit eröffnen. Wir lösen uns dabei gelegentlich von der Strenge der Historiker. In der Episode zwei singt ein androgyner Sänger ein Chanson, das sehr heutig klingt. David Bowie kommt einem da in den Sinn, der wäre damals ein Knüller gewesen.
Bei Filmen über die Zwanzigerjahre wie "Cabaret" schwingt immer der Aufstieg der Nazis mit.
Tykwer: Das ist bei "Babylon Berlin" - zunächst mal - ganz anders. Bei uns wehen keine Hakenkreuzfahnen und der Name Hitler wird in den beiden Staffeln nur ein einziges Mal erwähnt. Und zwar aus einem einfachen Grund: 1929 war für die Menschen nicht absehbar, dass Hitler eines Tages an die Macht kommen würde.
Eine wichtige Rolle spielt in der Serie das "Moka Efti". Der Soziologe und Filmtheoretiker Siegfried Kracauer beschreibt den Nachtclub in "Die Angestellten" (1930) als einen Ort der Betäubung und Entfremdung
Fries: Charlotte, die sich dort gern vergnügt, ist mit Sicherheit kein Mensch, der sich von der Musik und dem Amüsement den klaren Blick auf die Wirklichkeit verstellen lässt. Sie ist, auch wenn das etwas paradox klingt, ein hellwacher Mensch, der ständig müde ist, weil er zu wenig schläft. Ich habe das Moka Efti eher als eine Erweiterung ihrer Persönlichkeit gesehen denn als ein neues, aufregendes Zuhause.
Man konnte im Vorfeld den Eindruck gewinnen, "Babylon Berlin" entscheide darüber, ob wir in Deutschland auch so gute Serien wie "House of Cards" drehen können.
Tykwer: Wir haben nicht so viel darüber nachgedacht. Es gibt auch keine vergleichbare internationale Serie: Wir haben "Babylon Berlin" in deutscher Sprache gedreht, es ist ein genuin deutsches Thema. Wir sehen da eher Bezüge zu "Heimat" von Edgar Reitz. Das ist eben auch im Kern ein langer Film.
Fries: Für mich war der Vergleich mit dem US-Fernsehen nicht weiter wichtig. Ich sehe auch gar nicht so viele amerikanische Serien. Mich hat die Sache interessiert.
Soll "Babylon Berlin" weitergehen?
Tykwer: Es muss! Wir haben mit den sechzehn Episoden ja erst den ersten Roman von Volker Kutscher verfilmt. Da gibt es noch etliche weitere Bücher, die wir unbedingt verfilmen wollen.