"Darauf werde ich von Frauen am häufigsten angesprochen", erklärte Waller-Bridge dem "Guardian". Ob die Szene auf einer wahren Begebenheit beruht, will sie nicht verraten. Fakt ist aber, dass in der Serie viele eigene Erfahrungen stecken. Schließlich bezieht sich der Titel "Fleabag" auf einen ehemaligen Spitznamen der Londonerin. Und ihre Serienfigur, eine Cafébesitzerin, verzweifelt ebenso an ihrer Berufswahl, wie es Phoebe Waller-Bridge lange tat.
Sekretärin von Margaret Thatcher
Eigentlich hatte sich die Frau mit dem markanten Leberfleck auf der linken Schläfe immer als Schauspielerin gesehen. Doch an der Royal Academy of Dramatic Art kam die Ernüchterung, weil es kaum Bühnenstücke mit guten Frauenrollen gab: "Entweder durfte ich weinen, sterben oder auf Dinge zeigen." Nach dem Abschluss wurde es nicht viel besser. In "Albert Nobbs" war sie eine Adelige aus der dritten Reihe, in "Die eiserne Lady" die Sekretärin von Margaret Thatcher. Die Erlösung kam durch eine Freundin.
Mit Sexgeständnissen zum Karriere-Durchbruch
2012 suchte die Komikerin Deborah Frances-White Unterstützung für ein Stand-up-Comedy-Projekt und bat Waller-Bridge, eine zehnminütige Szene beizusteuern. Heraus kam eine Frau, die mit ihrer sexuellen Offenheit von der eigenen Unsicherheit und Verzweiflung ablenken will. Die Szene war ein solcher Hit, dass Waller-Bridge daraus zuerst ein Einpersonenstück und schließlich die Serie "Fleabag" machte.
Die Comedy wurde zum Blockadelöser. Davor hatte sie mit "Crashing" (auf Netflix) bereits eine Art britisches "Friends" geschrieben. Mit dem Unterschied, dass die Protagonisten nicht in einem unrealistisch kostspieligen Großstadtloft leben, sondern ein leer stehendes Krankenhaus vor Mietnomaden beschützen. Nachdem das Drehbuch monatelang in den Schubladen von Channel 4 lag, schob der britische Sender nach dem Erfolg von "Fleabag" die Produktion an.
Spionage-Thriller mit messerscharfen Dialogen
In ihrem aktuellen Hit "Killing Eve" sucht man Waller-Bridge ebenso vergeblich. Es ist ihre erste Drehbucharbeit, in der sie selbst keine Rolle übernommen hat. Die Agentenserie, die jetzt auf dem Amazon Channel Starzplay startet, versetzte 2018 die amerikanischen Kritiker in Ekstase. Dabei ist die Adaption von Luke Jennings Schmöker "Codename Villanelle" auf den ersten Blick ein handelsüblicher Thriller, in dem eine Agentin (Sandra Oh) eine Profikillerin (Jodie Comer) jagt. Dass diese typischen Alphatiere plötzlich von Frauen verkörpert werden, ist der erste Überraschungseffekt.
Podcast-Kritik "Killing Eve"
Die Branche ist voll des Lobes
Die Tonalität des Drehbuchs ist der zweite. Immer wieder unterwandert Waller-Bridge die Psychothriller-Aspekte mit schwarzem Humor und Slapstick. "Wow, was war das denn?", fasst Sandra Oh ihre Reaktion zusammen, nachdem sie das Drehbuch gelesen hatte. Der "Grey's Anatomy"-Star kehrte mit "Killing Eve" zum Serienfernsehen zurück und erhielt für ihre Rolle als unsichere, aber willensstarke Schreibtischtäterin den Golden Globe und den Preis der Screen Actors Guild of America.
Phoebe Waller-Bridge ging bei den Preisverleihungen bisher leer aus. Doch das Lob von prominenter Seite dürfte Trostpflaster genug sein. Stephen King jubelte auf Twitter: "Jedes kleine Detail sitzt perfekt." Und Regisseur Ridley Scott bezeichnete "großartig geschriebene" Serien wie "Killing Eve" sogar als "großes Problem für die Filmindustrie".
Vielleicht lässt Waller-Bridge aus Dank ihre "Fleabag" in der 2019 kommenden Staffel zwei ja zu "Alien" oder dem "Es"-Clown masturbieren.