Die erste von sieben Episoden der neuen Staffel "Game of Thrones" ist seit der Nacht vom 16. auf den 17. Juli in Deutschland verfügbar. Bei Sky Go auf Abruf (auch in Deutsch) und immer montags um 20.15 Uhr bei Sky Atlantic HD in synchronisierter Fassung. Auf tvspielfilm.de besprechen wir die jeweils aktuellste Folge. Aber Vorsicht: Spoilerstufe rot!

Was passiert ist

Cold Open vor der Introsequenz: Arya Stark macht dort weiter, wo sie aufgehört hat. Im Festsaal der Familie Frey nimmt sie genüsslich Rache für die Rote Hochzeit und lässt ein psychopathisch, diabolisches Grinsen über ihr Gesicht huschen. Danach geht es für sie, Überraschung, Richtung Königsmund weiter. Eine Stark-Reunion wird es vorerst also nicht geben, stattdessen treibt es die mittlerweile arg skrupellose Arya zu Cersei Lannister, aktuelle Königin und nächste Streichkandidatin auf Aryas Todesliste.

Eben diese Königin der sieben Königslande wird von ihrem Bruder und dem Vater all ihrer verstorbenen Kinder daran erinnert, dass es "höchstens noch drei Königslande" sind, über die sie herrscht. Er mache sich Sorgen um die Machtstellung der Familie Lannister und fordert Allianzen, starke Allianzen. Cersei liefert und empfängt Euron Graufreud, den neuen Herrscher über die Eiseninseln. Dieser schwört ihr die Treue, will im Gegenzug aber ihre Hand. Das soll wohl nach Win-Win aussehen, fühlt sich für den Zuschauer aber eher nach Mies-Mies an.

In Winterfell stellt Jon Schnee seine Herrscherqualitäten unter Beweis. Seine Fähigkeiten werden nur von seiner Halbschwester-Schrägstrich-Geheimcousine untergraben, wahrscheinlich die gute alte Cersei-Schule. So unangenehm das für Jon auch sein mag, eine Frau an seiner Seite mit Kenntnissen über intrigante Seilschaftsmethoden kann in Westeros nie von Nachteil sein. Wäre da nur nicht Schleimspur Petyr Baelish, der mit drei Blicken aus der Unschärfe mehr (An)Spannung ins Setting bringt, als eine Hunderschaft Wildlinge beim Armdrücken.

Apropos Wildlinge: Tormund und Breanne bändeln an. Das könnte die schönste Lovestory seit "Die Schöne und das Biest" werden, auch wenn die Rollenverteilung hier noch unklar ist. Ganz im Gegensatz zur Nachtwache: Deren Rolle an der Mauer ist klarer als je zuvor, da die Weißen Wanderer schnellen Schrittes und blauen Auges durch den Schnee stapfen. Schön zu wissen, dass Bran es rechtzeitig hinter die schützenden Mauern geschafft hat und auf dem bestem Weg ist, in seine Heimat (Winterfell) zurückzukehren.

Und warum heißt die Folge "Drachenstein"? Vordergründig weil Daenerys Targaryen mit ihrer Gefolgschaft die gleichnamige Insel betritt, also erstmals seit ihrem Essos-Trip (keine Macht den Drogen) wieder festen Westeros-Boden unter den Füßen hat. Hintergründig aber auch, weil Samwel Tarly in der Zitadelle von Oldtown herausbekommt, dass unter einem Felsen in Drachenstein riesige Vorkommen von Drachenglas lagern, dem Weiße-Wanderer-Zerstörungs-Material. Da will man nur laut "JA, SOFORT!" rufen, wenn Daenerys am Ende verheißungsvoll fragt: "Sollen wir anfangen?"

Der peinlichste Moment

Was ist bitte aus dem völlig verlotterten, bedrohlich anmutenden und schonungslos rohen Euron Graufreud geworden? Also dem Typen, der in der letzten Staffel mit gefühlt drei Minuten Screentime für so viel Schaudern gesorgt hat, dass Theon und seine Schwester Asha Graufreud mir nichts dir nichts die Flucht ergriffen haben? Der Typ, der da im Thronsaal von Königsmund vor Cersei herumhampelte, sah aus wie ein Wannebe-Rockstar, der sich auf dem Mittelaltermarkt verlaufen hat. Die Serienmacher Benioff und Weiss scheinen ihm die Collectors-Box "Fluch der Karibik" für seine Rollenvorbereitung mitgegeben haben und so viel sei verraten: Seine Kantigkeit ist weichgespült worden.

Dieser neue Wahnsinn hat etwas Klamaukiges und ist defintiv der peinlichste Moment von "Drachenstein".

Die beste Szene

Unangefochten auf Platz 1 steht eine Edgar-Wright-Gedenk-Montage, die Sam Tarly in der Zitadelle beim Verrichten seiner Arbeit porträtiert. Wunderbar augenzwinkernd wird zwischen Latrinenschrubben, Bücherschleppen, Nachttopfleeren und Essen-Auftischen hin und her geschnitten. Seine hoch angesehene, würdevolle Maester-Ausbildung wird hier in ein gänzlich anderes Licht gerückt und zeigt seinen aktuell schwierigen Stand. Herrlich amüsant und gleichzeitig eminent wichtig für die Charakterzeichnung.

Der cleverste Dialog

Entweder war die Zeit zwischen der aktuellen und der 6. Staffel viel zu lang (über ein Jahr) oder diese Folge setzt neue Maßstäbe, was die Dialogkraft von "Game of Thrones" angeht. In Sachen Lieblingszitat ist es jedenfalls so schwierig, wie lange nicht. Es gibt eine rührende und zugleich ungemein düstere Sequenz rund um die Figur des Bluthunds Sandor Clegane, einen schwarfzüngigen Schlagabtausch zwischen Cersei und Jaime Lannister und den schon erwähnten Seitenhieb von Sansa gegenüber dem neuen König des Nordens, Jon Snow.

Doch Sansa ist auf den Geschmack gekommen und weist Lord Baelish derart gekonnt ab, dass wir ihren Satz zum Favoriten küren:

"Kein Grund, das letzte Wort zu ergreifen, Lord Baelish. Ich nehme einfach an, es wäre etwas Cleveres gewesen."


Vielleicht auch ein Fingerzeig (höhö, gegenüber Littlefinger), in welche Richtung Sansa einschlagen wird. Doch nicht gemeinsam mit Baelish? So oder so: Sie reift und emanzipiert sich in ihrer Rolle mehr und mehr.

Mehr davon?

In einer ausführlichen Podcast-Folge von "Bingenweisheiten" werden wir die Rubriken unseres Nachklapps noch erweitern. Die jeweilige Folge wird hier in dem Artikel jeweils am Dienstag eingebettet. Außerdem steht der Podcast bei iTunes und Soundcloud zum Abruf bereit.

Autor: Steven Sowa

UPDATE: Der Podcast zur 1. Episode der 7. Staffel "Game of Thrones" ist online.