"Big Little Lies" war 2017 für HBO das neue "Game of Thrones". Zwar waren die Quoten anfangs nur verhalten, doch die ­komplex konstruierte Serienadaption des Romans von Liane ­Moriarty war Gesprächsthema. Wohl auch, weil sie mit einigen der größten weiblichen Stars Hollywoods besetzt war. Die Zuschauerzahl stieg mit jeder Episode, und am Ende standen vier Golden Globes, acht Emmys und unzählige weitere Preise für die Darstellerriege um Nicole Kidman zu Buche. Eine Fortsetzung war unumgänglich. Zwar war der Roman um die Hintergründe eines mysteriösen Todesfalls auserzählt, aber das offene Ende machte es Autor David E. Kelley ("Ally McBeal") leicht, die Serie weiterzuschreiben. Zum Start der ­zweiten Staffel haben wir mit vier der Hauptdarstellerinnen gesprochen.

Shailene Woodley

Shailene Woodley in "Big Little Lies"

Die Ankunft ihrer Figur Jane im kalifornischen Monterey war der Katalysator der Handlung. Die ­alleinerziehende Mutter trägt ein Geheimnis in sich: ihr Sohn wurde durch eine Vergewaltigung gezeugt. Am Ende der ersten Staffel nimmt sie Rache für die Tat.

Staffel 1 endete mit einem großen Knall. Wie war Ihre Reaktion, als Sie die ersten Seiten des neuen Skripts bekamen?
Mit den neuen Folgen war es zu Beginn etwas schwierig. Das lag sicher daran, dass sich alle – das Studio, die Autoren und wir, die Schauspieler – ausgemalt haben, wie die Geschichte weitergeht Und jeder hatte eine andere ­Vorstellung. In meinem Fall war wichtig, wie Jane nach dem traumatischen Erlebnis am Ende der ersten Staffel eine Perspektive fürs Weiterleben entwickelt.

Wie sieht die aus?
Jane wird nun nicht plötzlich furchtlos durchs Leben gehen, aber sie nimmt die Furcht ins ­Visier. Das ist schön zu sehen, und so findet sie langsam wieder ins normale Leben zurück.

Wie hat Ihnen die Mutterrolle gefallen?
Es macht Spaß. Ich meine, sobald die Kamera aus war, lief der Junge zu seiner echten Mama, wenn ­etwas war. (lacht) Aber mit Kindern vor der Kamera zu arbeiten ist allgemein wunderbar. Man kann ganz spontan und offen agieren und sogar improvisieren, was mit professionellen Kollegen oft nicht geht.

Jane kann in ihrem neuen Umfeld finanziell kaum mithalten. Haben Sie sich je nach etwas gesehnt, was Sie sich nicht leisten konnten?
Immerzu. Natürlich will ich wissen, was auf dem Grund des Ozeans ist, aber ich werde nicht nachsehen können. (lacht) Das ist wohl die menschliche Natur, erst auf andere zu schauen und dann auf sich und dann zu vergleichen. Heute verstärken all die geschönten Darstellungen in den sozialen Medien dieses Abgleichen. Das ist sehr negativ und zerstört das Selbstvertrauen. Vor allem, wenn man noch jünger ist.

Sie engagieren sich für den Klimaschutz und den Schutz der Ozeane. Wo stehen wir da?
Ich weiß es nicht, ich glaube, niemand weiß es. Es ist das große Unbekannte. Wir müssen jedoch ­alle Punkte berücksichtigen, ökonomische wie ökologische, und die Debatte darf nicht abbrechen. Das Thema überschneidet sich mit allen großen Problemen auf der Erde, Gleichberechtigung, Rassismus, Klassenfragen. Aber ich bin optimistisch, denn es gibt Millionen Menschen, die sich diesen Problemen jeden Tag stellen.

Nicole Kidman

Celeste scheint das große Los ­gezogen zu haben: reich, attraktiv und mit dem perfekten Mann verheiratet. Doch der Traumtyp prügelt seine Frau grün und blau.

Wie haben Sie es geschafft, eine zweite Staffel aufzulegen?
Liane Moriarty hat die Geschichte ihres Romans weitergesponnen, und David E. Kelley hat daraus dann die ganzen Drehbücher geschrieben. Sie haben das Voka­bular der Serie entwickelt, und die magische Kraft des Stoffs hat diese Kreativgruppe zusammengehalten – bestärkt durch die Fans und gute Kritiken. Es gab natürlich Unmengen zu tun, aber Reese (Witherspoon, wie Kidman auch Produzentin der Serie) und ich haben einen Gang höher geschaltet und gesagt: Let's go!

Es geht um starke Frauen. Wie haben Sie ausbalanciert, dass das andere Geschlecht nicht zu alt aussieht?
Es ist interessant, wie Kelley männliche Charaktere gezeichnet hat. Es kommen alle Typen vor, die Testosteron-Männer, die Me­trosexuellen, die Gewalttätigen. Da ist zum Beispiel Ed, der Vater, ich finde ihn so interessant… Okay, HBO sagt, ich solle nichts verraten, aber es ist so aufregend, darüber zu reden. (lacht)

Was wird aus Ihrer Figur Celeste? Es ist zu vernehmen, sie würde verletzlicher und ehrlicher.
Ich weiß nicht, ob ich nun weicher oder roher oder ehrlicher als in Staffel 1 bin. Ja, es gibt immer noch immens viel Schmerz und Härte, aber die Leute erwarten jetzt mehr Heilung von den Misshandlungen, die sie ertragen musste. Es geht bei allen Frauen allgemein um Heilungsprozesse. Und nun tritt auch noch meine Schwiegermutter auf, die mit Celeste zusammen den Tod von Perry verarbeiten muss.

Durch die Rolle der Schwiegermutter bereichern Sie die Frauenrunde mit einer wahren Superheldin, Meryl Streep. Wie haben Sie es geschafft, sie an Bord zu holen?
Wir kennen uns so viele Jahre. Was zu Meryl zu sagen ist: Sie hat unterschrieben, ohne das Drehbuch gelesen zu haben. Sie wollte uns einfach unterstützen.

Haben Sie sie einfach angerufen und gefragt?
E-Mail. Die Antwort kam am Tag nach unserem Golden-Globe-­Gewinn, so in der Art von "Okay, das heißt ja wohl, dass ich das machen muss". Im Text von Liane Moriarty heißt die Schwiegermutter übrigens Mary Louise. Das ist auch der echte Vorname von Meryl, was ich nicht wusste.

Wie ist es, wenn sie auf der Bildfläche erscheint?
Sie kommt, sie kann ihren Text, sie hat einen Haar- und einen Make-up-Artist dabei, mit denen sie schon ihr ganzes Leben arbeitet, und dann geht's los, zack, ­rigoros. Anschließend wird ein Happen gegessen, sie geht nach Hause, und am nächsten Tag steht sie genau so wieder vor dir.

"Big Little Lies" ist Fernsehen – was bietet Ihnen dieses Medium, was Film nicht kann?
Es bietet uns großartige Gelegenheiten. Mit der Serie haben wir neue Flächen erobert. Als wir vor vier Jahren anfingen, hieß es, ja, ein nettes kleines Projekt über Mütter und Kindergärten. Das wird sicher seine Nische finden. Nie hätte jemand gedacht, dass auch Männer das schauen.

Laura Dern

Sender

Laura Dern in "Big Little Lies"

Renata wirkt zu Beginn wie der Antagonist. Sie will Janes Sohn von der Schule entfernen lassen und gerät auch mit den anderen Frauen aneinander. Erst am Ende schließen sie Frieden.

Wo sehen wir Renata, wenn Staffel 2 startet?
Ohne irgendwas zu spoilern – die HBO-Anwälte sitzen im Hinterzimmer –, für Renata ist es, nach all dem traumatischen Stress, die Rückkehr in die Welt der Privilegien, der Verantwortung, der Top-­Position, aber nicht länger die Welt der Außenseiter. Sie wurde von den anderen immer gerichtet, nun ist sie Teil der Party.

Aber sie bleibt diese "liebenswerte" Person, richtig?
Oh ja, sie ist bewundernswert… Ich weiß nicht, worauf sie hinauswollen, ich spiele doch immer nur nette Menschen. (lacht) Eine Sache, die ich im ganzen Kosmos der Lügen und Geheimnisse an Renata mag, ist, dass sie ehrlich ist. Sie sagt, was sie fühlt, deshalb ist sie ein Albtraum und fantastisch.

Wird sie sich wandeln in der neuen Staffel?
Das Aufregende ist, dass wir in dieser Staffel Zeit haben, Renata tiefer zu erforschen. Ihre Verletzlichkeit wird sichtbar und dass sie in der Lage ist, auf eine neue Art Freundschaften zu schließen. Und es ist einzigartig, wie vielschichtig Frauen in dieser Serie sein dürfen: Sie sind roh, frech, geschwätzig, Businessfrauen und Opfer – alles in einer Person.

Mit welcher von ihnen würde sich Laura Dern anfreunden?
Ich habe noch zu keiner Figur, die ich gespielt habe, eine solche Loya­lität empfunden wie zu Renata Klein. Ich fürchte also, die Antwort auf Ihre Frage ist Renata.

Zoë Kravitz

Bonnie wirkt in der ersten Staffel lange wie eine Nebenfigur: die nervige neue Frau von Madelines (Reese Witherspoon) Ex-Mann. Doch im Finale ist sie diejenige, die den entscheidenden Anstoß gibt, damit sich die Frauenclique von ihren Dämonen befreien kann.

Ihre Figur Bonnie scheint es nach Staffel 1 am stärksten getroffen zu haben…
Ja, sie ist ein interessanter Charakter. Es kommt nun alles an die Oberfläche, was wir bisher nicht von ihr wussten, ihr Verhältnis zur Familie, zum Ehemann. Da wird einiges ausgegraben.

Wie war es, in so einem ­Ensemble von Powerfrauen zu spielen?
Ich war definitiv nervös, mit Kolleginnen dieses Kalibers zu spielen. Bei Meryl ist es so: Sie weiß, dass sie einschüchternd wirkt, tut aber alles, um nahbar zu sein.

Sie machen, wie Ihr Vater Lenny, Musik. Spielen Sie noch?
Im Moment nicht. Wenn man zu viel auf einmal macht, kann man es nicht gut machen. Ich warte auf eine Drehpause…

Und dann?
…plane ich, ein neues Album ­aufzunehmen. Außerdem werde ich im Juni heiraten (den Schauspieler Karl Glusman). Und ich hoffe sehr, dass meine Mädels aus der Serie trotz vollem Termin­kalender Zeit haben.