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"9-1-1"

9-1-1
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Die rettende Idee: Feuerwehr, Sanitäter, Polizei... In "9-1-1" verdichtet Produzent Ryan Murphy den Stoff für mindestens drei Serien zu einem irren Adrenalintrip

Dm Wörterbuch von Ryan Murphy fehlt zwischen "Subteen" und "Subtrahend" ein Wort. Denn "Subtil" existiert im Sprachgebrauch des Showrunners nicht. Egal ob "Nip/Tuck", "American Horror Story", "Feud" oder "The People v. O. J. Simpson": Alles muss eine Nummer größer sein. Die Figuren sprengen jeden Bildschirm, die Geschichten sind überzeichnet. Die Retter-Serie "9-1-1", eine von Murphys letzten Fernseh­kreationen, bevor er sein mit 300 Millionen Dollar datiertes Exklusivverhältnis mit Netflix begann, reiht sich da nahtlos ein.

Die marktschreierische Serie, ein Genrehybrid aus Thriller und Soap, bietet in jeder Folge ein Potpourri an abstrusen Ret­tungs­­einsätzen für Notruf-Koordina­torin Abby (Connie Britton, "Friday Night Lights"), Feuerwehrmann Bobby (Peter Krause, "Six Feet Under") und Polizistin Athena ("Black Panther"-Mutti An­gela Bassett). Allein in der ersten Folge müssen sie drei sensationsheischende Fälle lösen: Ein kleines Mädchen gerät in die Gewalt von Einbrechern, eine Schlange erdrückt ihre Besitzerin, und ein neugeborenes Baby wurde von der Mutter die Toilette runter­gespült und steckt in einem Abflussrohr in der Wand fest. Kurz: Fälle, die selbst "Grey's Anatomy"-Schöpferin Shonda Rhimes als zu unrealistisch abgelehnt hätte. Und in ihrer Serie steckte einst immerhin ein Bazooka-Geschoss in einem Patienten fest!

Und doch basieren die abstrusen Plots weitgehend auf wahren Begebenheiten. So wurde der Brite Daniel Brandon am 25. August 2017 von seiner Felsenpython zu Tode gedrückt. Und sogar die Geschichte mit dem Baby hat sich so ähnlich in China zugetragen. Im Mai 2013 hatte eine Mutter ihr neugeborenes Kind in die Toilette gesteckt und heruntergespült. Rettungshelfer sägten das Abflussrohr ab und brachten es ins Krankenhaus, wo Ärzte das Kind retten konnten.

Ein Baby war auch der Auslöser für diese Serie. Denn im Alter von elf Monaten wäre Ryan Murphys Sohn Ford beinahe gestorben. "Es war eine traumatische Erfahrung", erzählte er Anfang des Jahres bei einer Veranstaltung für Fernsehkritiker. "Mitten in der Nacht hörte Ford auf zu ­atmen. Wir wählten den Notruf, und um zwei Uhr morgens kamen vier Ersthelfer. Sie waren sehr ­ruhig und fürsorglich und holten ihn ins Leben zurück."

Während Ehemann David mit ins Krankenhaus fuhr, blieb Ryan Murphy zu Hause, um das Unfallprotokoll mit den Ersthelfern auszufüllen. "Von dem Moment an hat mich interessiert, wie diese Menschen es schaffen, so in der Balance zu bleiben." Mit dieser Idee im Kopf setzte er ihnen ein Denkmal in Form eines besonderen Serienheldentrios - ein trockener Alkoholiker, die Ehefrau eines Homosexuellen, die Pflegerin einer Alzheimerkranken. Subtil kann Murphy nicht.