"Der Weltraum, unendliche Weiten. Wir schreiben das Jahr 2200. Dies sind die Abenteuer des Raumschiffs Enterprise..." Die Serie "Star Trek" wurde auch wegen ihres einprägsamen Intros zu einer Legende. Am 8. September 1966 flog die Enterprise erstmals über US-Bildschirme - 55 Jahre ist das jetzt her. Das Datum wird mittlerweile als offizieller "Star Trek Tag" gefeiert.
Bereits in der ersten ausgestrahlten Folge "The Man Trap" ("Das Letzte seiner Art") sind diverse Errungenschaften aus einem fiktiven 23. Jahrhundert zu sehen. Der Physiker und Science-Fiction-Experte Sascha Vogel zeigt sich heute erstaunt, wie viel davon bereits in unserer Welt angekommen ist. Die einzelnen Punkte sind nach dem Erzählstrang der ersten Folge geordnet:
Star Trek: Einige Geräte sind längst Standard
FLACHBILDSCHIRM: Noch vor dem Intro ist auf einem überdimensional großen Bildschirm auf der Brücke der Enterprise ein fremder Planet zu sehen. «Das war in den 1960ern revolutionär, heute ist das kein Problem mehr», sagt Sascha Vogel, der an den Boom der flachen TV-Geräte zur Fußball-Heim-WM 2006 erinnert. Mittlerweile gehören Megascreens bei Konzerten oder im Fußballstadion zum Standard.
Ein Jahr nach der US-Ausstrahlung von "The Man Trap" gab der damalige Vizekanzler Willy Brandt 1967 den Startschuss für das Farbfernsehen in Westdeutschland. Das heißt: Wenn zu diesem Zeitpunkt Fernseher in deutschen Wohnzimmern standen, waren das unhandliche Röhrengeräte.
BEAMEN: Als nächstes "beamt" die Crew auf den Planeten, der auf dem Flachbildschirm zu sehen ist. Gemeint ist eine Art von Teleportation, bei der der Körper in seine Einzelteile zerlegt und am Zielort wieder zusammengebaut wird. "Da haben wir zwei fundamentale Probleme", erklärt Vogel. Zum einen bestehe der Körper aus einer riesigen Anzahl von Atomen, die als Menge von Informationen transportiert werden müssten. Zum anderen: "Es geht einfach nicht", erklärt Vogel. Es gebe keinen Effekt, der ein Teilchen zerstöre und es an einem anderen Ort wieder auftauchen lasse.
FORMWANDLUNG: Auf dem Planeten begegnet die Außencrew um Captain Kirk und Schiffsarzt Leonard McCoy einem außerirdischen Lebewesen, das sein Aussehen den Vorlieben des jeweiligen Betrachters anpassen kann. "Digital geht das ohne Probleme", sagt Physiker Vogel und verweist auf sogenannte Deepfakes, bei denen Menschen täuschend echt fremde Gesichter aufgesetzt werden können. In der realen Welt ist das nach Worten des Physiker allerdings aus zwei Gründen nicht möglich: Zuerst müssten Gedanken gelesen werden, um zu wissen, was die andere Person will. Und dann müsste das Wesen bei der Verwandlung in verschiedene Personen unterschiedliche Massen und Proportionen generieren.
TRICORDER: McCoy untersucht einen Bewohner des Planeten mit einer tragbaren, multifunktionalen Konsole, die auch als medizinisches Instrument genutzt werden kann. "Das gibt es noch nicht ganz in der Ausprägung, aber das ist nur eine Frage der Zeit", sagt Vogel. Beispiele sind moderne Smart-Watches, die Körperfunktionen wie den Puls messen können. Interessant sei auch die in "Star Trek" bereits angewandte Telemedizin, so der Physiker. Denn dort werden Patientendaten vom mobilen Gerät an den Schiffscomputer gesendet.
COMMUNICATOR: Danach holt Captain Kirk einen Gegenstand hervor, der nach heutigen Maßstäben einem Klapphandy ähnelt. Mit diesem «Communicator» konnte sich die Besatzung untereinander verständigen. Im konkreten Fall bekommt jemand im Transporterraum der Enterprise die Anweisung, drei Leute hochzubeamen. In den 1960er Jahren war das noch Utopie, heute hat fast jeder Deutsche ein mobiles Telefon. «Da kann man einen Haken dran machen», erklärt Vogel. Die goldene Ära der Smartphones startete sogar mit einem gleichnamigen Modell. Der «Nokia 9000 Communicator» kam 1996 fast genau 30 Jahre nach Ausstrahlung der ersten «Star Trek»-Folge in den Handel.
UMGEBUNGSSENSOREN: Captain Kirk geht durch eine Tür, die sich automatisch öffnet und wieder schließt. Während in den 1960ern dafür noch getrickst werden musste, ist eine ähnliche Technik heute am Eingang eines fast jeden Supermarktes zu finden. «Damals war das revolutionär, heute sind einzelne Bauteile dafür, wie der Bewegungsmelder, preiswert zu haben», erklärt Vogel. In der Serie weist Kirk im Fahrstuhl zudem an, er wolle zur "Brücke". Auch diese Technologie gebe es bereits, sagt der Physiker und nennt Sprachsteuerungen wie Apples Siri oder Amazons Alexa.
...andere Geräte wiederum utopisch
McCoy und Kirk schalten Professor Crater mit einem einfachen Trick aus: Einer lenkt ihn ab, der andere setzt ihn mit einem Schuss außer Gefecht. Dabei steht der "Phaser auf Betäubung", wie es bei "Star Trek" immer wieder heißt. Ist das möglich? Mit einem Laser sei das noch nicht machbar, sagt Vogel. Er nennt aber als Möglichkeit die etwa von der Polizei eingesetzten "Taser", die Zielpersonen durch elektrische Impulse ausschalten können.
WAHRHEITSSERUM: Auf der Enterprise im Orbit angekommen, soll Crater ein Wahrheitsserum verabreicht werden. Das Ziel: Er möge verraten, hinter welcher Erscheinung sich die Formwandler-Kreatur gerade versteckt. Schon der Begriff klingt wie Hokuspokus - und das ist es nach Worten von Sascha Vogel auch. «Es gibt keine Substanz, die einen spontan die Wahrheit sagen lässt», erklärt der Experte. In unserer Welt seien aber Stoffe und Mittel vorhanden, die die Wahrnehmung benebeln und dazu führen sollen, im Dämmerzustand auszusagen. Als Beispiele nennt Vogel die Droge LSD oder das Narkosemittel Thiopental, das schon bei Verhören eingesetzt wurde.
WARPANTRIEB: Kurz vor Ende der ersten Folge gibt Kirk den Befehl, auf "Warp 1" zu gehen, um so den Orbit des Planeten zu verlassen. Das Star-Trek-Wiki "Memory Alpha" definiert Warp als "Überlichtgeschwindigkeit". Dass ein Raumschiff so beschleunigen könnte, ist laut Vogel nach aktuellem Stand aber undenkbar. Er verweist auf Einsteins Relativitätstheorie: "Es ist demnach nicht möglich, schneller als das Licht zu sein."