Auf ihn ist Verlass. Robert Redford gehört seit Jahrzehnten zu den Schauspielern, die für Unterhaltung mit Anspruch stehen. Filme wie "Der Clou", "Die Unbestechlichen" und "Die drei Tage des Condor" sind längst Klassiker. Doch jetzt ist es genug, hat der 82-Jährige beschlossen. Mit der Krimikomödie "Ein Gauner & Gentleman" beendet er seine Schauspielkarriere. Künftig will der mit einer Deutschen verheiratete US-Star nur noch Regie führen und produzieren.

Das Interview mit Robert Redford

Der Mann, den Sie spielen, hat schon genug Geld. Aber das reicht ihm nicht. Er will mehr, ihn reizt der Thrill. Geht Ihnen das auch so?
Robert Redford: Geld war mir schon immer wichtig. (lacht) Wenn man unbedingt eine Parallele ziehen will zwischen Filme­drehen und Bankenausrauben, dann ist es die, dass man sich dabei entweder schlecht fühlt oder glücklich ist. Ich war beim Dreh immer glücklich, vor allem wenn ich die Geschichte erzählen konnte, die ich wollte.

Haben Sie eine besondere Beziehung zu Waffen?
Im Original heißt der Film zwar "Der alte Mann und die Waffe", aber eben nicht "seine" Waffe. Das ist kein Zufall, denn tatsächlich benutzt der Mann die Waffe niemals. Kein Wunder, denn sie ist niemals geladen.

Man sieht Ihre Figur ständig beim Zeichnen. Sie selbst haben als Künstler angefangen. Wie wichtig ist Kunst für Sie?
Kunst ist seit meiner Kindheit sehr wichtig für mich. Als Schüler war ich besessen vom Zeichnen. Ich bekam nichts vom Unterricht mit, weil ich die ganze Zeit heimlich zeichnete. Eines Tages stellte mich die Lehrerin zur Rede. Sie wollte wissen, was ich vor ihr ­verheimlichte. Es war eine Zeichnung, auf der B-52-Bomber Cowboys angriffen, die wiederum auf Indianer feuerten. Meine Lehrerin machte mir ein Angebot: Wenn du dem Unterricht folgst, stelle ich dir eine Staffelei auf, und du kannst fünfzehn Minuten etwas für die Klasse zeichnen. Das war ein Wendepunkt in meinem Leben. Ich begriff, dass Kunst meine Art ist zu kommunizieren. Das gilt auch für meine Arbeit als Schauspieler und Regisseur.

Sie haben sich immer wieder für gesellschaftspolitische Storys interessiert. Glauben Sie, dass Filme die Macht haben, etwas beim Zuschauer zu verändern?
Ich hoffe es sehr, wobei ich denke, dass Filme nicht politisch sein sollten. Sie können von Politik handeln, aber wenn sie selbst ein politisches Ziel verfolgen, fühle ich mich unwohl.

Sie sind nicht nur Schauspieler und Regisseur, Sie haben auch wesentlichen Anteil am Erfolg des Sundance Festivals.
Das Festival ist eine Plattform für Filmschaffende, die andernorts keine Chance haben, ihre Werke vorzustellen. Ursprünglich war es als ein Ort gedacht, wo sich Regisseure treffen, ihre Filme zeigen und untereinander austauschen. Es hat sich dann aber zu einem richtigen Publikumsfestival entwickelt, weil es auch Zuschauer gibt, die solche Filme abseits des Mainstreams sehen wollten.

Hollywood setzt auf Blockbuster. Viele der Filme, die Sie gedreht haben, würden heute wahrscheinlich nicht mehr finanziert werden. Wie beurteilen Sie diese Entwicklung?
Das Wichtigste ist für mich die Geschichte, dann kommen die Charaktere, welche die Geschichte verkörpern, und schließlich frage ich mich: Wo bleiben die Emo­tionen? Gewiss, in vielen Action­filmen hat man den Eindruck, sie bestünden hauptsächlich aus Explosionen und Spezialeffekten. Aber ohne eine Story, die alles verbindet, bleibt nichts haften. Auch "Ein Gauner & Gentleman" lebt in erster Linie von der Geschichte, einer wahren zudem. Von einem Bankräuber, der immer lächelt, nie Gewalt anwendet, ins Gefängnis geht, wenn er erwischt wird, ausbricht und wieder Banken ausraubt.

Ist "Ein Gauner & Gentleman" wirklich Ihr letzter Film?
Sag niemals nie. Aber ich denke, es wäre ein schöner Abschluss meiner Karriere als Schauspieler. Ich mache das nun, seit ich 21 bin, und inzwischen bin ich in den Achtzigern. Regieführen und Produzieren, das sind Dinge, die besser zu meinem Alter passen.

Wann haben Sie diese Entscheidung gefällt?
Der Film, den ich davor gedreht hatte, "Unsere Seelen bei Nacht" mit Jane Fonda für Netflix, war eine dramatische Liebesgeschichte. Ziemlich traurig und belastend. Ich wusste damals: Mein nächster und womöglich letzter Film sollte gute Laune machen. Die haben wir alle nötig in diesen politisch düsteren Zeiten, wo sich die Parteien nicht mehr verständigen können und wir, die Bürger, da­runter zu leiden haben.

Auf welche Ihrer Filme sind Sie am stolzesten?
Das ist schwer zu sagen, weil ich fast alle meine Filme mag. "Butch Cassidy" ("Zwei Banditen") finde ich toll. Das war der Film, wo Paul Newman und ich Freunde wurden und danach weiter zusammenarbeiteten, zum Beispiel in "Der Clou". Was interessant ist: Wenn man "Butch Cassidy" und "The Clou" anschaut, dann haben Paul und ich unsere Rollen getauscht: In "Butch Cassidy" spielte ich den ernsthaften Typen und Paul den Luftikus, und in "Der Clou" war es genau umgekehrt. "Der Clou" ist vielleicht der beste Film, an dem ich mitgewirkt habe. Das ist das Verdienst von George Roy Hill, dem Regisseur, der sein Handwerk versteht.

Bedauern Sie auch Dinge, die Sie im Filmgeschäft gemacht haben?
Klar, aber ich lasse mich davon nicht belasten. Wir machen alle Fehler, kleine und große, das ist nun mal Teil des Lebens. Ich schaue eher nach vorn als zurück.

Sie haben eine Deutsche ge­heiratet, in Hamburg. Wie ist Ihre Beziehung zu Deutschland?

Ich liebe Hamburg, die Heimat meiner Frau. Und ich bin ein Fan von Angela Merkel, die mich bei einem Treffen schwer beeindruckt hat. Berlin ist für mich die Stadt mit der stärksten Energie, und sie ist ausgesprochen schön.

Sie meinten mal, dass Ihnen früher nie jemand gesagt hätte, dass Sie gut aussehen. Hätte
das denn etwas geändert?

Als Kind hatte ich rote Haare, die zu Berge standen, Sommersprossen und zu große Zähne – natürlich hat keiner zu mir gesagt, ich sähe gut aus. Das kam viel später. Ich war darauf nicht vorbereitet, es hat mich dann überrascht.

Sie waren nicht der Mädchenschwarm auf der Schule?
Mit dreizehn oder vierzehn war ich verzweifelt, weil mein Haar nicht zu bändigen war. Mein Vater benutzte gelegentlich etwas Öl, um seine Frisur in Form zu bringen. Eines Tages habe ich mir eine halbe Flasche davon über den Kopf gegossen, das Haar glatt gestrichen, in den Spiegel geguckt und mir gesagt: Junge, du siehst gut aus. Später, im Unterricht, sah der Schüler ­neben mir mich an und fing plötzlich an zu lachen. Ich hatte keine Ahnung, warum. Bis mir der Lehrer sagte, ich solle doch mal auf die Toilette gehen. Dort sah ich, dass mein Kopf schäumte. Mein dickes Haar und die Wärme der Kopfhaut hatten das Öl so erhitzt, dass es Blasen bildete.

Robert Redfords Film-Top-10 (wenn's nach uns geht)

Die Unbestechlichen (1976)
Vielleicht war es doch dieser Film, der mich "was mit Journalismus" machen ließ. hartnäckige Reporter (Redford & Hoffman) kegeln US-Präsidenten aus dem Amt. Könnte man mal wiederholen. Volker Bleek

So wie wir waren (1973)
Männer in Uniform? Never! Bis ich Marineoffizier Hubbell Gardner sah. Lang her. Bis heute gehe ich bei der Musik zum Weinen raus. Und wenn Barbara Streisand leise "Hubbell" sagt, schnell wieder rein. Martina Kalweit

Der Clou (1973)
Niemand führte das Publikum je charmanter hunters Licht als Redford und Paul Newman in diesem Gaunerspaß. Eine Huldigung an die Kunst der schönen Lüge. Oder anders gesagt: an das Kino. Roland Kruse

Barfuß im Park (1967)
So mitreißend albern und schwungvoll lustig wie in der Verfilmung von Neil Simons Broadway-Komödie spielte Redford selten. Und dann ist er hier auch noch fast so sexy wie Jane Fonda! (Neal Heftis federleichter Sountrack ist natürlich auch top.) Heiko Schneider

Die drei Tage des Condor (1975)
Literaturwissenschaftler schlägt der CIA mit Bücherwissen. Superspannender Genreklassiker. Frank Aures
Als Film gut gealtert, inhaltlich ganz schön zeitlos. Moral und Politik passen einfach nicht zusammen. Heiko Schulze

Jeremiah Johnson (1972)
Ein desillusionierter Ex-Soldat zieht sich um 1850 in die Wildnis zurück., heiratet eine Indianerin, doch Frieden findet er nicht… Aussteigerwestern mit grandiosen Panoramen und Redford mit Bart. Peter Claasen

Zwei Banditen (1969)
Das ist Liebe: Redford nannte das Sundance Film Festival nach seiner Rolle des Gesetzlosen Sundance Kid. Legendärer Wortwitzwestern mit Paul Newman als Partner. Vier Oscars! Monika Schmitz

All Is Lost (2013)
Trotz nachträglicher Kritik von ehemaligen Kapitänen und Hobbyseglern an der Darstellung des Schiffunglücks inszenierte J. C. Chandor ein packendes Überwasserdrama – mit einem so genialen wie wortkargen Redford im Kampf mit Mutter Natur. Max Fischer

Jenseits von Afrika (1985)
So also sah die Liebe in den Zeiten vor Tinder und Parship aus: zum Schluchzen schön. Robert Redford und Meryl Streep mit glühenden Wangen unter der Sonne Afrikas – Herz, was willst du mehr! Rainer Unruh

Spy Game
Viel Geballer und trotzdem nicht ballaballa: Redford bringt eine Ernsthaftigkeit in den Thriller, die uns Tony Scotts Faible für glitzende Oberflächen und krachende Action ertragen lässt. Rainer Unruh