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Elternschule: Ermittlungen gegen Jugendklink Gelsenkirchen eingestellt

Seit drei Wochen läuft in den deutschen Kinos der Film "Elternschule". Die Dokumentation schildert Therapiemethoden der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen. Die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft sind inzwischen eingestellt worden.

Update: 27.11.2018

Die Missbrauchsvorwürfe gegen die Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen haben sich offenbar nicht erhärtet: Die Staatsanwaltschaft Essen wird keine Anklage erheben. Aus einem Brief der Staatsanwaltschaft an die Klinik geht hervor, dass laut Paragraf 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung nicht "genügend Anlass" für eine Anklageerhebung gegeben ist.

Wir berichteten über den kontroversen Fall ausgelöst durch die Kino-Dokumentation "Elternschule" zuletzt am 1. November dieses Jahres. Hier unser Report:
Die Dokumentation "Elternschule" beobachtet den Alltag an der Kinder- und Jugendklinik Gelsenkirchen, Abteilung "Pädiatrische Psychosomatik". Nachdem ein Arzt aufgrund der gezeigten Methoden Anzeige gegen die Einrichtung erhoben hat, leitete die Staatsanwaltschaft Essen nun Ermittlungen ein. Es gehe um den Verdacht der Misshandlung Schutzbefohlener, sagte ein Behördensprecher am Dienstag auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. "Es geht um die Handlungen, die in dem Film gezeigt werden", erläuterte er. Die Klinik bezeichnete die Vorwürfe in einer Stellungnahme als "haltlos".

In dem rund zweistündigen Film, der am 11. Oktober in den deutschen Kinos startete, werden mehrwöchige Behandlungen von psychosomatisch erkrankten Klein- und Vorschulkindern gezeigt. Kinder mit Ess- und Schlafstörungen etwa oder Kinder, die 14 Stunden am Tag schreien. Die meist stark überforderten Eltern werden in der stationären Therapie eingebunden - auch das zeigt die Dokumentation von Ralph Bücheler und Jörg Adolph.

Der Trailer vermittelt einen ersten Eindruck

Kinderschutzbund übte bereits Kritik

Jährlich durchlaufen rund 150 Kinder und ihre Eltern die Abteilung "Pädiatrische Psychosomatik". Doch erst seit dem Start des Kinofilms "Elternschule" entbrennt eine kontroverse Debatte über die angewandten Therapiemethoden. Gezeigt wird etwa, wie Kinder mit Schlafstörungen allein in einem dunklen Schlafzimmer die Nacht verbringen - und irgendwann durchschlafen können. Ein Mädchen, das bislang nur Pommes und Chicken Nuggets aß, lernt mühsam, auch andere Speisen zu essen. Kritiker wie etwa der Kinderarzt und Buchautor Herbert Renz-Polster bemängeln, dass in der Einrichtung Kindern gewaltsam ein bestimmtes Verhalten aufgezwungen werde, sie etwa zum Essen gezwungen würden. Die Anzeige gegen die Klinik bezeichnete er am Dienstag als "mutig und richtig".

Auch der Deutsche Kinderschutzbund (DKSB) meldete sich vergangene Woche zu Wort. Laut ihm enthält der Film zahlreiche Szenen, in denen Kinder psychischer und physischer Gewalt ausgesetzt sind. "Die in den Film gezeigten Behandlungsmethoden können keinesfalls Vorbild für die Erziehung von Kindern in Deutschland sein", heißt es in einer Mitteilung von der Kindheits- und Familienforscherin sowie DKSB-Vizepräsidentin Sabine Andresen. "Diese Praktiken führen zu einer Verunsicherung von Eltern im Umgang mit ihren Kindern."

Kinderschutzbund-Präsident Heinz Hilgers ging noch weiter: "Verhalten sich Eltern gegenüber ihren Kindern so wie das Klinikpersonal in dem Film, dann ist das rechtswidrig."

SWR an Produktion beteiligt: TV-Ausstrahlung geplant

Die Klinik wies die Vorwürfe zurück: "Unsere Arbeit ist absolut gewaltfrei. Die klinischen Methoden entsprechen dem aktuellen Forschungsstand und den Standards der medizinischen Wissenschaft", ließ sich Kurt-André Lion, ärztlicher Leiter der Abteilung, vergangene Woche zitieren. Das verhaltenstherapeutische Programm basiere auf den Empfehlungen und Vorgaben von anerkannten Fachgesellschaften wie der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde und Jugendmedizin. Auch andere psychosomatische Kliniken würden in Deutschland so arbeiten. Laut einer Kliniksprecherin sei der Film beim Publikum auf sehr viel Zustimmung gestoßen.

Eine TV-Ausstrahlung der Dokumenation ist auch geplant. Wann und wo der Film von Jörg Adolph und Ralf Büchel gezeigt wird, steht allerdings noch nicht fest. Ob der an der Produktion beteiligte Südwestrundfunk (SWR) die Fernsehverwertung übernimmt, müsse sich noch klären, so eine Sprecherin des Filmverleihers Zorro Film.

Die Kritiker werden bis dahin nicht verstummen - im Gegenteil. Die Initiatorin einer Unterschriftensammlung gegen den Film verwies am Dienstag auf rund 22 000 Unterstützer ihrer Petition. Diese fordert, den Film nicht mehr zu zeigen - weder im Kino, noch im Fernsehen noch im Internet.