Nun ist es also amtlich: Im Kalenderjahr 2020 wird es keinen neuen Film aus dem Marvel Cinematic Universe geben. Die Corona-Pandemie hat auch hier knallhart zugeschlagen und die Marvel Studios nun dazu bewogen, den Start von "Black Widow" erneut zu verschieben. Der neue Kinostart ist der 07. Mai 2021. Doch ist es wirklich besser, das Solo-Abenteuer von Natasha Romanoff (Scarlett Johansson) auf das kommende Jahr zu verlegen? Nein, meint er Autor dieses Artikels. Marvel schießt sich mit der Verschiebung selbst ins Knie und macht das MCU so uninteressant wie nie.
Marvel? Nö, keine Lust mehr
Keine Frage, aus finanzieller Sicht ist die Verschiebung von "Black Widow" vollkommen richtig. Selbst langerwartete Filme wie Christopher Nolans "Tenet" geben momentan an der Kinokasse eine enttäuschende Figur ab. Zum einen haben einfach noch nicht allzu viele Lichtspielhäuser ihre Tore geöffnet, zum anderen wollen sich die Zuschauer auch nicht in einen Saal mit Hundert anderen Leuten setzen, während draußen gerade ein tödlicher Virus umgeht. Auch hier: total verständlich. Doch es gibt auch andere Wege, Filme zu distribuieren. Gerade Disney sollte das wissen.
Gerade erst am 04. September ist mit "Mulan" ein Film auf Disney+ erschienen, der eigentlich im Kino gezeigt werden sollte. Die Realverfilmung des Disney-Klassikers von 1998 sollte zum nächsten internationalen Kassenschlager für den Mäusekonzern werden. Doch angesichts der Pandemie entschied man sich, den Film für das Heimkino zu veröffentlichen. Der Erfolg? Offizielle Zahlen gibt es zwar noch nicht, doch Disneys CFO Christine McCarthy sagte erst kürzlich im Zuge der Citi 2020 Global Technology Conference, dass man "sehr zufrieden" mit den Zahlen sei. Was hält die Verantwortlichen also davon ab, nicht auch "Black Widow" bei dem Streamingdienst anzubieten?
Disney und das MCU: Von Fanservice keine Spur
Am 04. Juli 2019 erschien der bislang letzte MCU-Film in den deutschen Kinos. Über ein Jahr also ist es schon her, dass sich Spider-Man durch Europa kloppte. Seither ist nichts passiert, außer zwei dicke, fette Verschiebungen von "Black Widow", mittlerweile um nunmehr ein ganzes Jahr. Dabei lebte das MCU bislang vom ständigen Nachschub. Drei Filme pro Jahr waren zuletzt Standard. Der Hunger der Fans wurde auf beeindruckende Art und Weise gestillt. Doch eben dieses Interesse schwindet mit jedem Monat mehr, in dem kein neuer Marvelfilm erscheint.
Ohnehin steht das MCU gerade an einem Scheideweg. Die "Infinity Saga" wurde mit "Spider-Man: Far From Home" auserzählt. Die meisten Fragen wurden beantwortet. Aus Fansicht gibt es nicht mehr viel, das man wirklich wissen will. Und nun wird der Nachschub, der zudem nur aus einem Solo-Abenteuer einer bereits toten Figur besteht, zurückgehalten. Wäre der nächste Film "Eternals", die eine neue Superheldentruppe von Marvel bilden sollen, könnte man deutlich mehr Verständnis aufbringen.
MCU-Serien als Wundermittel?
"Mulan" hat doch gezeigt, dass es geht. "Black Widow" ist zudem deutlich mehr zuzutrauen als "Mulan". Wenn McCarthy also nicht geflunkert hat, wieso kommt der Marvelfilm nicht zu Disney+? Nicht erst seit "Avengers: Endgame" schwimmen die Marvel Studios in Geld. Sie könnten sich eine Disney+-Auswertung, die natürlich nicht so viel wie eine Veröffentlichung im Kino einbringt, leisten. Und wenn es doch nur dafür ist, die Fans bei Laune zu halten. Doch stattdessen müssen diese sich nun erneut monatelang gedulden.
In den Gedankenspielen der Verantwortlichen sollen sicherlich die geplanten Disney+-Marvel-Serien Abhilfe leisten. Ursprünglich sollten 2020 zwei davon starten. Mittlerweile soll es nur noch eine sein und die hat nicht einmal ein Starttermin. Doch das ist in Ordnung. Schließlich konnten "WandaVision" und "The Falcon and the Winter Soldier" aufgrund der Corona-Pandemie noch nicht fertiggestellt werden. Gleiches gilt für die Kinofilme "Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings" und "Eternals". "Black Widow" hingegen ist abgeschlossen und bereit für die Veröffentlichung. Das Argument, dass die Verschiebung super sei, da die Regisseure nun mehr Zeit hätten, das Beste aus ihren Projekten herauszuholen, trifft daher auch nur bedingt zu.
Eine Wertschätzung der Fans, die das MCU zum größten Filmfranchise aller Zeiten gemacht haben, scheint Disney jedenfalls nicht zu interessieren. Als jahrelanger Fan der Marvelfilme werde ich mir im Mai dreimal überlegen, ob ich wirklich Disney Geld geben werde, um "Black Widow" zu sehen. Eine Überlegung, die ohnehin längst überreif ist.