Der folgende Text gibt die eigene Meinung eines einzelnen Autors wieder und steht deshalb nicht repräsentativ für TV SPIELFILM.

Zu Beginn der 90er-Jahre war im Prügelspielgenre "Street Fighter II" so etwas wie der strahlende Star der Szene, ein Meilenstein des vergleichsweise jungen Videospielmediums und insgesamt super erfolgreich. Und dank harmloser Comic-Optik wirkte der Titel vom Entwicklerstudio Capcom auch ein wenig wie der brave Streber der Familie. Doch es sollte nicht allzu lange dauern, dass mit "Mortal Kombat" so etwas wie der böse Zwilling in Erscheinung treten und alles noch einmal gehörig auf den Kopf stellen sollte bzw. den Kopf einfach abriss. Das gelang den Entwicklern nicht nur mit für die damalige Zeit modernster Technologie (damals geriet man beim Anblick von realistisch digitalisierten Menschen regelrecht ins Staunen), sondern vor allem mit: Blut, Blut und noch mehr Blut.

Ein neuer Kult war geboren, der bis heute am Leben ist und neben vielen weiteren Fortsetzungen unter anderem auch mehrfach verfilmt wurde. Allerdings kamen seit 1997 Fans nicht mehr in den Genuss der beliebten Figuren auf der großen Kinoleinwand. Nun wurde der Stoff erneut adaptiert und im Vorfeld wurden so einige Versprechungen gemacht: Brutal soll es werden und dieses Mal wird es echte Fatalitys zu sehen geben. Ob das nur leeres PR-Gerede war? Nein. Im neuen "Mortal Kombat" spritzt das Blut wie man es nur selten in einem großen Saal zu sehen bekommt. Dadurch wird der Film aber nicht automatisch gut.

Mortal Kombat: Die Geschichte

Keine Sorge, viele kultige Figuren bevölkern das Werk, doch im Mittelpunkt steht mit Cole Young (Lewis Tan) über weite Strecken doch eine neue. Der verdingt sich für wenig Geld in schäbigen MMA-Kämpfen, als er eines Tages von Jax (Mehcad Brooks) aufgesucht wird. Der Hüne macht Cole auf sein Geburtsmal in Form eines Drachen aufmerksam, das beweist, dass er für eine ganz bestimmte Aufgabe auserkoren wurde. Wenig später werden sie vom Assassinen Sub-Zero (Joe Taslim) angegriffen. Cole muss mehr über seine Herkunft und Bestimmung erfahren und eine Reise antreten, die ihn direkt zu einem Kampf führt, der über das Schicksal der Welt entscheiden wird.

Die Höhepunkte: Scorpion und Sub-Zero

Im Laufe der "Mortal Kombat"-Geschichte wurden unzählige Figuren eingeführt, doch bis heute stechen vor allem Scorpion (im Film: Hiroyuki Sanada) und Sub-Zero heraus. Beide sind seit dem allerersten Spiel dabei und zählen zu den mit Abstand beliebtesten Figuren, weshalb sie auch wenig verwunderlich werbewirksam das Plakat zieren.

Ihr Vorhandensein allein wäre wohl schon Fan-Service genug. Tatsächlich aber sorgen sie für einige der besten Momente des gesamten Films: Gleich die Eröffnungssequenz etabliert mit gutem Spannungsaufbau und starker Inszenierung den Konflikt zwischen ihnen und stellt zu Beginn einen ersten Höhepunkt dar. Die Action ist dabei wuchtig und klar inszeniert – kaum zu glauben, dass Simon McQuoid mit "Mortal Kombat" sein Spielfilmregiedebüt abgibt, sind seine Bilder doch die eines echten Actionfilmveteranen. Dazu wurden mit Sanada und Taslim zwei Schauspieler besetzt, die nicht nur in den Kämpfen mit ihrer Fitness beeindrucken. Beide spielen darüber hinaus mit unerwarteter Intensität und Gravitas auf, dass man direkt denkt (und hofft), dass die neueste Videospielverfilmung ein ernsthaftes, anspruchsvolles Actiondrama werden könnte.

Unfreiwillig komisch

In den wenigen Momenten, die beide gemeinsam vor der Kamera haben, lassen sie nie einen Zweifel aufkommen, dass sie die wahren Stars des Films sind. Derer gibt es allerdings zu wenige und im direkten Vergleich zum Rest wirken sie bedauernswerterweise wie ein Fremdkörper. Denn schließlich passiert noch jede Menge, was nicht primär mit den beiden maskierten Kämpfern zu tun hat, wobei der Unterhaltungswert doch stark schwankt.

Denn erzählt wird nun mal eine andere Geschichte. Das Drehbuch von Greg Russo und Dave Callaham gibt sich redlich Mühe, einigen der größten "MK"-Ikonen den notwendigen Raum zu spendieren und sie nicht nur als reine Projektionsfläche für Fan-Träume darzustellen, sondern sie mit Charakter zu unterfüttern. Das gelingt mal mehr, mal weniger und macht beizeiten aus dem Actionkracher eine verhältnismäßig quasselige Angelegenheit, weshalb sich besonders im Mittelteil Längen einstellen.

Auch sorgen die Schauspieldarbietungen einiger mitunter für unfreiwillige Komik: Während Josh Lawson als Kano noch passend verrücktspielen darf und Vollgas gibt, amüsiert beispielsweise Ludi Lin als Liu Kang aus den falschen Gründen. Zwar ist er nicht der Bruce-Lee-Verschnitt aus den Spielen, was zu begrüßen ist. Stattdessen spielt er ihn als wandelndes Klischee des weisen Shaolin-Kämpfers, bei dem jede Geste und jedes gesprochene Wort vor Bedeutung triefen soll, stets mit nüchtern-bedächtiger Intonation. Das geht allerdings aufgrund Lins fehlendem Charisma vollkommen nach hinten los.

Unausgegorener Tonfall

Fairerweise sei aber gesagt, dass den Schauspielern ohnehin nicht viel an die Hand gegeben wird, was auch schlicht und ergreifend der Videospielvorlage geschuldet sein dürfte. In der funktionieren die Fülle an Figuren und ihre überhöhten Darstellungen in kurzen Schnipseln zwischen den interaktiven Elementen vortrefflich. Der Ton ist dabei stets konsequent und einheitlich. Bei der Übersetzung in die Neuverfilmung ging das aber verloren: Jetzt gibt es Ernstes (Scorpion und Sub-Zero), intentional Lustiges (Kano und sein Mundwerk) und unfreiwillig Komisches.

Aber wie soll man das alles auch unter einen Hut bringen, wenn schon das Videospiel ganz nüchtern betrachtet voller fantasievoller Albernheiten ist. In der Gesamtheit scheint es einfach unmöglich zu sein, aus "Mortal Kombat" einen wirklich stimmigen Film zu machen und die Macher konnten sich offenbar nicht ganz für einen Ton entscheiden. Zudem gibt es immer noch zu viele Figuren, aber auch das liegt in der Natur der Sache. Fans erwarten, ihre Helden im Film zu sehen, aber nicht alle bekommen den nötigen Platz und so verkommen manche zu entbehrlichen Randnotizen.

Von wegen "Flawless Victory!"

Immerhin fällt ihr Ableben des Öfteren spektakulär aus. Wie angekündigt gibt es dieses Mal echte Fatalitys zu sehen – also jene kreativen und ultrabrutalen Spezialmanöver aus den Spielen, mit denen ein Kampf bei Eingabe der richtigen Tastenkombination beendet wird. McQuoid und sein Team haben einige bekannte von ihnen eingebaut und das Ergebnis ist eine grandiose, vorlagengetreue Sauerei.

Wie bereits erwähnt, überzeugt auch die Action insgesamt. Verwackelt und zerschnippelt ist in "Mortal Kombat" gar nichts, die Choreographien halten eine gesunde Balance zwischen realistischer Kampfkunst und den fantasievollen Elementen aus den Spielen. Allerdings wird ihr Potenzial verschenkt: Nach einer Durststrecke in der Mitte will man am Ende überkompensieren und lässt gleich mehrere Kämpfe parallel ablaufen. Die können aber für sich keine Spannung und Dringlichkeit entfalten und sind dann recht schnell vorbei. Als Trostpflaster gibt es aber jede Menge Anspielungen auf die Games und die Andeutung einer Fortsetzung.

Fazit: Der neue "Mortal Kombat"-Film ist äußerst brutal. Und das würde ja fast schon als Wertung ausreichen. Als Gesamtwerk ist die neueste Videospielverfilmung allerdings eine unausgegorene Angelegenheit, die von ihren Stärken zu wenig, von ihren Schwächen zu viel zeigt.

"Mortal Kombat" erscheint am 13. Mai 2021 auf allen gängigen VoD-Plattformen als digitaler Download.