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Romance 2 – Anatomie einer Frau

Bild Romance 2 – Anatomie einer Frau
Originaltitel: Anatomie de l’enferFR | 2004 | 77 Min. | FSK: 18
IMDb-Bewertung: 4,4 von 10

Mit Romance 2 – Anatomie einer Frau ist die letzte von fünf DVD-Premieren aus dem provokanten Œvre der Autorenfilm-Ikone erschienen. Eine explizite Reise in die Wunderwelt weiblicher Sexualität

Als Catherine Breillat 1999 mit „Romance“ international der Durchbruch gelang, geschah dies mit einem Knall. Die Geschichte der jungen Lehrerin Marie, die sich in Reaktion auf die Leidenschaftslosigkeit ihres Partners in extreme Sexabenteuer stürzt, entzauberte auf drastische Weise den Mythos der romantischen Liebe. Dass im Skandalfilm Fellatio, Cunnilingus, Analsex, S/M sowie ein Cumshot zu sehen waren und einer von Maries Partnern vom italienischen Hardcore-Star Rocco Siffredi verkörpert wurde, brachte der Regisseurin den Titel der „Autorenpornografin“ ein. Dass diese Definition zu kurz greift, zeigen die fünf (leider Bonus-armen) Breillat-Veröffentlichungen des DVD-Labels Pierrot le fou. Vor allem ihr Debütfilm „Ein wirklich junges Mädchen“, der mit der tonlosen Einblendung der auf Millimeterpapier geschriebenen Filmcredits beginnt, macht deutlich, dass Breillats Produktionen im Kern philosophisch unterfütterte Thesenfilme sind, in denen Frauen ihre sexuelle Identität erforschen. Wie die sechzehnjährige Alice in den Sommerferien im ländlichen Elternhaus sexuell erwacht, wird nicht mit dem lüsternen Blick des Pornofilms dokumentiert, sondern mit verstörend ungeschönten Aufnahmen von Körperflüssigkeiten und Geschlechtsteilen. Indem Alice mit neugierigen Ekelerfahrungen die gesellschaftlich auferlegte Scham für die eigene Sexualität ablegt, findet sie zu sich selbst. Dieser emanzipatorische Akt steht auch im Zentrum von „Meine Schwester – Ihr erstes Mal“, in dem die hübsche Elena und ihre pummelige Schwester Anaïs im Urlaub auf extrem unterschiedliche Art entjungfert werden – für Breillat ein Prozess weiblicher Unterdrückung: „Wir leben in einer Welt, in der speziell die Sexualität von Mädchen mit Schuld verknüpft ist. Schon der Begriff vom ,Verlust der Unschuld‘ ist negativ besetzt und definiert das erste Mal jeder Frau quasi als ihre erste soziale Vergewaltigung.“ Ihre streitbaren Thesen kann die heute 64-Jährige aber auch humorvoll verpacken. Im selbstreflexiven Film „Sex Is Comedy“, der eine Art Making-of von „Meine Schwester“ darstellt, werden die Probleme einer Regisseurin (Anne Parillaud) geschildert, ihr Darstellerduo zu authentischer Intimität vor der Kamera zu bewegen. Schwierigkeiten, die sich 2004 bei der Verfilmung ihres Romans „Pornokratie“ auf die Inszenierung auswirkten. Da Breillat keine Schauspielerin fand, die mit dem erneut engagierten Siffredi in „Romance 2 – Anatomie einer Frau“ realen Geschlechtsverkehr zeigen wollte, ist der meditative Konzeptfilm mit expliziten Körperdouble-Shots gespickt. Diese Detailaufnahmen verleihen der Story einer Frau (Amira Casar), die einen schwulen Mann überredet, gegen Geld vier Nächte lang ihren nackten Körper zu erforschen, entrückte Kopfkino-Aura. Dass mit der sinnbildlichen Erforschung der „Anatomie der Hölle“ (so der übersetzte Originaltitel) unverblümt Kritik am religiös fundierten Bild „weiblicher Obszönität“ geübt wird, brachte Breillats bislang letztem transgressiven Film massive Kritik ein. „Ich bin der Paria des französischen Kinos. Aber der Hass, der mir entgegenschlägt, motiviert mich. Alle wahren Künstler werden gehasst. Vergöttert werden nur die Konformisten.“

Cast und Crew von "Romance 2 – Anatomie einer Frau"

Cast

Amira Casar
Rocco Siffredi
Jacques Monge
Claudio Carvalho
Carolina Lopes

Crew

Regie:
Catherine Breillat