.

Die Filme von Alejandro Jodorowsky

Bild Die Filme von Alejandro Jodorowsky
Merken
Originaltitel: Jodorowsky CollectionMX | 1968-1973 | 720 Min. | FSK: 18

Am 28. Februar ist für Fans surrealer Filmkunst zum zweiten Mal Bescherung! Das Label Bildstörung veröffentlicht erstmals in Deutschland die frühen Werke der Ikone der Gegenkultur – inklusive seiner skandalösen Meisterwerke „El topo“ und „Der heilige Berg“

Weder halte ich mich für einen Mystiker noch für einen Künstler. Ich bin jemand, der Spiele spielt.“ Im Gegensatz zum definitionsfixierten Kulturbetrieb steht Alejandro Jodorowsky seinem eigenen Schaffen höchst entspannt gegenüber. Trotzdem steht fest, dass der just 85 Jahre alt gewordene Wahlfranzose zu den kulturell bedeutendsten Regisseuren des letzten Jahrhunderts zählt – bei gerade mal sieben bis heute gedrehten Spielfilmen. Dass seine beiden zentralen Regiearbeiten „El topo“ (1970) und „Der heilige Berg“ (1973) über 30 Jahre lang quasi von der Bildfläche verschwunden und höchstens als obskure Bootlegs erhältlich waren, war einem Streit mit Rechteinhaber ABKCO Films geschuldet. Als dieser 2004 endlich beigelegt wurde, entstand in enger Zusammenarbeit mit Jodorowsky die HD-Restaurierung seines Frühwerks, das 2007 als Box-Set beim US-Label Anchor Bay erschienen ist und auf dem jetzt die superbe deutsche Veröffentlichung basiert.
Die kuratierten Filme spiegeln dabei eindrucksvoll die biografischen Stationen des Regisseurs auf seinem skandalträchtigen Weg zum „Hohepriester des surrealistischen Kults“ wider. So lässt sich an Jodorowskys dialogfreiem Regiedebüt „Die Krawatte“ (1957) die Zusammenarbeit des gelernten Theatermimen mit dem damals aufgehenden Pantomimen-Star Marcel Marceau ablesen. In dem 2006 wiederentdeckten und als Bonus enthaltenen Kurzfilmschwank spielt Jodorowsky einen jungen Mann, der vor dadaistischer Cartoon-Kulisse im wortwörtlichen Sinne seinen Kopf verliert.
Jodorowskys Liebe zum Absurden manifestierte sich im Paris der frühen 60er-Jahre in der Mitgründung des „Panic Movement“. Benannt nach dem Gott Pan versuchte das Kollektiv, mit rauschhaften Performance-Auftritten die „Explosion des Verstandes“ herbeizuführen – eine aus dem Unterbewusstsein gespeiste Spielpraxis, die Jodorowsky nach seinem Umzug nach Mexiko in sein Avantgarde-Theater und schließlich in sein Spielfilmdebüt „Fando und Lis“ (1968) übertrug. In der auf einem Theaterstück seines damaligen Mitstreiters Fernando
Arrabal basierenden Schwarz-Weiß-Perle zieht das titelgebende Liebespaar durch ein archaisches und von exzentrischen Unholden bevölkertes Land. Die absurde Parabel über die Korrumpierung der Unschuld sorgte mit ihrem schonungslosen Realismus auf ihrer Festival-Uraufführung in Acapulco für Tumulte und Morddrohungen.
Angestachelt vom Skandalpotenzial seiner Visionen und als Manifest gegen die fundamentalistische Spaßbefreitheit der Surrealisten drehte Jodorowsky im Anschluss den Acid-Western „El topo“ mit sich selbst in der Hauptrolle. Die epische und vor Peckinpah’scher Hypergewalt strotzende Story eines Pistoleros, der sich auf der Suche nach Erleuchtung mit vier Meisterschützen duelliert und schließlich als Heiland ausgestoßener Krüppel endet, avancierte mit seiner lustvollen Dekonstruktion filmischer Archetypen in New York zum ersten veritablen „Midnight Movie“-Hit. Zum Kult trug auch die begeisterte Reaktion von John Lennon bei, der sich für die Finanzierung von Jodorowskys mystischem Folgefilm stark machte. In „Der heilige Berg“ sucht ein Jesushafter Dieb einen Alchemisten (Jodorowsky) auf, der ihn und sieben Personifikationen zivilisatorischen Machtmissbrauchs auf den steinigen Weg zur spirituellen Wiedergeburt begleitet. Ein mit atemberaubenden Tableaus gespickter Abgesang auf Religion und esoterische Heilssuche. Bei allen drei Spielfilmen lohnt es sich, Jodorowskys Audiokommentaren zu lauschen, in denen der Regisseur Erläuterung zum Symbolgehalt und sehr kurzweilige Anekdoten zum Besten gibt. Neu im Bonusmaterial der deutschen Jodorowsky-Box sind zwei Interviewsegmente vom letztjährigen Filmfest München, wo neben der Deutschlandpremiere seines neuen Werks „La danza de la realidad“ auch eine gefeierte Retrospektive lief – mit Filmen, die man trotz ihrer Fülle an gesellschafts- und religionskritischen Symbolen in erster Linie nicht versteht, sondern erlebt. So wie es der Maestro in seinem Audiokommentar zu „Fando und Lis“ auf den Punkt bringt: „Kunst braucht keine Philosophen. Kunst muss nur von Seele zu Seele sprechen.“
Mehr anzeigen

Cast und Crew von "Die Filme von Alejandro Jodorowsky"

Cast

Unbekannten Frau in Schwarz
Paula Romo
Hauptmann
David Silva
Zwergin
Jacqueline Luis
Brontis, der Erwachsene
Robert John
Mara
Mara Lorenzio
Brontis, das Kind
Brontis Jodorowsky
El Topo
Alejandro Jodorowsky