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"Uncovered": Thilo Mischke deckt wieder auf

Uncovered: Thilo Mischke deckt wieder auf
Imago

Für die neue Staffel der Reihe "Uncovered" reist der umstrittene Jungreporter Thilo Mischke durch Nordkorea und Somalia. Pro Sieben 21.10 Uhr

Es ist so zynisch: Ich wünsche mir keine Morde, aber es ist Teil unseres Jobs, welche zu zeigen", sagt der Reporter an einer Stelle im Film. Zusammen mit seinem Kontaktmann sitzt er in einer Bar in Manila und wartet auf den Anruf, der ihnen mitteilt, wo der Drogenkrieg auf den Philippinen neue Tote gefordert hat. Um dann mit dem Auto zum Tatort zu rasen, in der Hoffnung, möglichst frische Spuren des Verbrechens vor die Kameralinse zu kriegen. Zynisch? Schon, aber so fordert es das Journalistenhandwerk manchmal. Nur dass der Zuschauer davon im Normalfall nichts sieht.

In der Reportage-Reihe "Uncovered", die jetzt bei Pro Sieben in die zweite Staffel geht, ist die Entstehung der Story Teil der Story. Genau wie die Befindlichkeit des Reporters Thilo Mischke: Sein Befremden über den Führerkult in Nordkorea, sein Entsetzen über eine grausige Entdeckung im Nordirak. Oder dass er einfach Schiss in der Hose hat, etwa als er sich mit üblen Kriminellen in Mexiko trifft.

Auch in den neuen Folgen sind es finstere, gefährliche Schauplätze, an die es Mischke und sein Team zieht. Auf manche Zuschauer wirkt es wahrscheinlich selbstverliebt wenn der Berichterstatter sich so ausgiebig in Szene setzt. Beim Pro-Sieben-Publikum allerdings kommt diese Art Ansprache auf Augenhöhe an, wie die Quoten der ersten Staffel "Uncovered" gezeigt haben. Die neuen Folgen bekommen darum mehr Sendezeit und einen früheren Sendeplatz. Wenn der Audience Flow von "The Big Bang Theory" zu einer Auslandsreportage funktionieren soll, muss die wohl etwas mehr Gefühl auftragen als der "Weltspiegel".
Der Weltenfummler
Trotzdem ist es Thilo Mischke wichtig, als ernster und seriöser Journalist anerkannt zu werden. Im Gespräch hebt er hervor, dass er für große Zeitungen und Magazine schreibt, für "Stern" und "Focus" um die Welt gereist ist, seine eigene Produktionsfirma leitet. Ein wenig hängt dem 36-Jährigen nämlich immer noch das Hallodri-Image an, das er sich 2010 mit seinem autobiografischen Reiseroman "In 80 Frauen um die Welt" halb aus Versehen eingebrockt hat. Fortan klebten doofe Etiketten wie "Sexperte" und "Weltenfummler" an dem ehrgeizigen Jungjournalisten. Der mackernde Buchtitel ist ihm heute unangenehm.

Doch der Bucherfolg öffnete auch Türen. Mischke moderierte Sextalks wie "Heiß & Fettig" (ZDF neo), wühlte für Pro Sieben "Unter fremden Decken", schrieb weitere Bücher und Kolumnen zum Thema. Leicht hätte er es sich in der Marktlücke einer männlichen Paula Lambert bequem machen können, wäre er ein weniger rastloser Mensch.
Nichts ist inszeniert
Über ein halbes Jahr lang jettete der Reporter für die neue "Uncovered"-Staffel um die Welt: Shanghai, Somalia, USA, Nordkorea, Irak, Philippinen... und zwischendurch immer wieder nach Berlin in den Schneideraum, frisches Material ordnen.

Nebenbei schrieb er ein Reisebuch über Island, verarbeitete seine Erlebnisse in Kolumnen und gedruckten Reportagen und fütterte seine Facebook-Community mit langen Texten und vielen Fotos. Was treibt ihn an? "Ich will das, was wir in den Nachrichten hören und lesen, mit meinen eigenen Augen sehen. Und will es erklären. Für mich."

Es ist nicht immer ganz leicht, bei Thilo Mischke zwischen Inszeniertem und Authentischem zu unterscheiden. Zumal er in der ersten Staffel von "Uncovered" auch mal übers Ziel hinausschoss. Da wirkte manches überdramatisch und gestellt. Unter dem YouTube-Clip über sein Abenteuer mit japanischen Mafiosi streiten sich die Kommen- tatoren bis heute: Fake! Kein Fake! Doch! Nein!

"In den neuen Folgen ist wirklich gar nichts inszeniert", versichert der Filmemacher. Zumin- dest die Episode über den Drogenkrieg in Manila liefert keinen Grund, das anzuzweifeln. Thilo Mischke hat seine journalistische Form gefunden. Und Pro Sieben einen Mitarbeiter, der den Sender um eine aufregende Programmfarbe bereichert.
Autor: Christian Holst