"Das hatten wir noch nie!", berichtet die ZDF-Jugendschutzbeauftragte Karin Breckwoldt im Interview mit TV SPIELFILM. Nachdem am Samstag, dem 11. August, die Martial-Arts-Action "The Hunted - Der Gejagte" um 23.20 Uhr bei ZDFNeo lief, musste als erstes die Frage geklärt werden: Lief der Film in einer gekürzten Version oder handelte es sich tatsächlich um die indizierte Fassung? Es sollte sich herausstellen: Das ZDF hat eine Programm-Panne verursacht.

"Wir haben einen Fehler gemacht, wir haben einen indizierten Film ausgestrahlt", so Breckwoldt auf Nachfrage. Dazu kommen konnte es, weil der deutsche Jugendschutz komplizierter ist, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Aber nicht nur.

FSK und BPJM: Zwei Gremien, zwei Auffassungen

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Der Muttersender trägt die Verantwortung: Die Jugendschutzbeauftragte Karin Breckwoldt ist für das gesamte ZDF verantwortlich

Auf der ZDF-Homepage findet sich ein Artikel mit der Überschrift Kinder- und Jugendmedienschutz im ZDF. Darin heißt es: "Weit über das vom Gesetz vorgegebene Maß hinaus hat das ZDF eigene, sehr weit gehende Jugendmedienschutz-Vorschriften für sich entwickelt, die im Programm konsequent umgesetzt werden. Jugendmedienschutz ist, wie es der ehemalige ZDF-Intendant Markus Schächter einmal formulierte, 'für das ZDF ein zentrales Element sozialer Verantwortung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks'."

Wenn man den Sender daran misst, muss man festhalten: Ziel verfehlt. Zwar hat die zuständige Programmplanung sich vorab über die Altersfreigabe von "The Hunted" informiert, doch eine entscheidende Information ist ihnen dabei durchgerutscht. Die Freiwillige Selbstkontrolle der Filmwirtschaft GmbH, kurz: FSK, hat dem Film im Jahr seiner Veröffentlichung 1995 den Stempel FSK 18 verpasst. Demnach wäre es für das ZDF - und damit auch für ZDFNeo - nach deutschem Recht erlaubt, den Film zwischen 23 Uhr nachts und 6 Uhr morgens auszustrahlen. Allerdings spielte eine Bundesbehörde dabei nicht mit: Die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien, kurz: BPjM, hat den Film 1997 in seiner ungekürzten Fassung indiziert und damit die Wertung der FSK außer Kraft gesetzt.

Der Programmplanung in Mainz war das bewusst, allerdings gab es in der ZDF-Datenbank einen weiteren Hinweis: Dort war ein FSK-Vermerk vom 18.08.2009 hinterlegt. Der zuständige ZDF-Mitarbeiter hielt dies für eine erneute Prüfung, er sah den FSK 18-Stempel und schickten den Film für 23.20 Uhr ins ZDFNeo-Programm. Eine Unachtsamkeit, denn das Datum signalisierte lediglich, dass die Filmwirtschaft hier der neu erschienen DVD die gleiche Altersfreigabe wie der VHS von 1995 erteilte - in diesem Fall für die gekürzte Fassung.

Der Fall und seine Folgen

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Beim ZDF-Jugendsender Neo lief der indizierte Film an einem Samstagabend

"Das Jugendschutzgesetz besagt, dass ein Film nicht mehr indiziert werden kann, wenn er eine Altersfreigabe der FSK bekommt.", erläutert Breckwoldt das Rechte-Wirr-Warr beim Jugendschutz. Tatsächlich gibt es seit 2003 im Jugendschutzsystem eine neu geschaffene Sperrwirkung. Offenbar genügte der ZDFNeo-Programmplanung ein Blick auf das Datum, eine Nachprüfung fand nicht statt.

"Es kommt maximal einmal im Jahr vor, dass wir solche Grenzfälle erleben", so Breckwoldt gegenüber TV SPIELFILM. Zukünftig wolle man beim Sender aus Mainz die BPjM kontaktieren und im Zweifel nachfragen, ob ein Film gesendet werden darf oder nicht. Nicht die einzige Konsequenz, die der Fall nach sich zieht: "Ich werde einen Bericht an den Fernsehrat schreiben müssen", berichtet Breckwoldt. Das für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zuständige Aufsichtsgremium müsse über den Fehler informiert werden. Dass man aus seinen Fehlern gelernt hat und in der Zukunft sorgfältiger vorgeht, wäre ebenfalls Teil des Berichts.

Wie wichtig Kontrollmechanismen in der Programmplanung sind, zeigte ein Fall im Jahr 2016. Damals lief morgens um 6.30 Uhr im Kinderprogramm statt wie geplant "Coco - der neugierige Affe" plötzlich "Halloween - Die Nacht des Grauens". Die Verlängerung eines Fußballspiels am Abend zuvor hatte die Programmverschiebung verursacht. Bei der zuständigen Sendungsleitung hatte jemand gepennt und den Film nicht rechtzeitig aus dem Programm genommen. Ganz so schlimm lief es bei der Ausstrahlung von "The Hunted" nicht - die wenigsten Kinder dürften um 23.20 Uhr nachts vor der Röhre gesessen haben.