Berlin ist eine Trümmerwüste, ein Ort des Schreckens. Aber auch ein Abenteuerspielplatz, ohne besorgte Eltern, die in Panik verfallen, weil ihre Kinder noch nicht im Haus sind. Denn 1948 haben viele Kinder weder Mutter noch Vater noch ein Zuhause. Sie schließen sich zu Banden zusammen und streifen durch das, was vom Dritten Reich übriggeblieben ist:

ZDF / Julia Terjung

Die Wölfe
Das TV-Dokudrama begleitet eine Clique aus Ost- und Westberlin durch drei Wendephasen.

Zerborstene Mauern und zerstörte Straßen. Eine dieser Jugendgangs sind "Die Wölfe". "Nichts kann uns trennen, nicht einmal der Tod", lautet ihr Wahlspruch. Was man halt so sagt, wenn man jung und naiv ist. Doch in den nächsten vierzig Jahren kreuzen sich die Lebensläufe der sechs jungen Leute immer wieder auf schicksalhafte und unvorhersehbare Art.

"Die Wölfe" ist ein Dokudrama 3.0, wie man es im deutschen Fernsehen in dieser Art noch nicht gesehen hat. Normalerweise sind bei historischen Filmen, die Archivmaterial verwenden, Originalaufnahmen und nachgespielte Szenen deutlich voneinander abgesetzt, sei es farblich (schwarz-weiß versus Farbe), sei es durch Untertitelung oder einen erläuternden Kommentar.

Nicht so bei dem ZDF-Dreiteiler. Hier gehen die Bilder oft nahtlos ineinander über. An schwarz-weiße Dokumentaraufnahmen schließen sich Spielszenen an, die ebenfalls schwarz-weiß und dem Original täuschend ähnlich sind, fast wie in Woody Allens "Zelig". "Es ist mehr Fiktion als Dokumentation", sagt Autor und Regisseur Friedemann Fromm, der drei Monate im Schneideraum verbrachte, hauptsächlich um die Übergänge zwischen den Archivaufnahmen und den gespielten Szenen so glatt und geschmeidig wie möglich hinzubekommen.

Es gibt in "Die Wölfe" keinen Helden

Die Idee, deutsche Geschichte zwischen 1948 und 1989 im Spiegel von fiktiven Biografien zu erzählen, entstand in der ZDF-Redaktion Zeitgeschichte. Deshalb die Vorgaben: Dokumentarmaterial benutzen und die großen Ereignisse der Nachkriegsgeschichte wie Währungsreform, Mauerbau und Mauerfall berücksichtigen.

Für Regisseur Friedemann Fromm hatte diese Ausgangslage durchaus Vorteile. Er brauchte sich nicht an die dramaturgischen Standards von TV-Movies zu halten, die in der Regel von den Spielfilmredaktionen der großen Sender verlangt werden. Es gibt in "Die Wölfe" keinen Helden, und auch die obligatorische Dreiecksgeschichte spielt eher im Hintergrund. Stattdessen zeichnet der Film das Leben der sechs "Wölfe" nach, die in den drei Teilen von unterschiedlichen Darstellern gespielt werden, darunter Stars wie Axel Prahl, Barbara Auer und Matthias Brandt.

Budget von sechs Millionen Euro

Freilich standen dem Regisseur auch nicht die Etats großer Eventfilme zur Verfügung. Mit siebzig Drehtagen bei einem Budget von sechs Millionen Euro ist der Dreiteiler eher knapp kalkuliert. Am aufwändigsten war der Dreh für Teil 1. Die meisten Szenen, die im zerstörten Berlin spielen, wurden auf einem Abbruchgelände in Polen gefilmt. Wichtig war auch, die Kontinuität der Lebensläufe glaubwürdig erscheinen zu lassen. So wurde zum Beispiel Axel Prahl, der 1989 den "Wolf" Bernd spielt, genau darüber informiert, wie sein Vorgänger Florian Lukas agiert, der Bernd im Jahr des Mauerbaus verkörpert.

"Ich wünsche mir, dass wie im Film auch vor dem Fernseher die Generationen vereint sind", sagt Regisseur Fromm. Die Chancen stehen nicht schlecht.

Rainer Unruh