Einfach so durchsteigen ist bei seinem Stammbaum nicht drin. Da ist die Oma. Sie hat ihm den Kurs an der Schauspielschule geschenkt, ihm damit das Abitur erspart und den Weg geebnet. Wichtige Frau. Und nicht die erste, sondern die zweite Gattin von insgesamt dreien seines Großvaters Friedrich. Berühmter Mann. Die Hamburger Bühnenlegende gründete das ­Junge Theater, später in Ernst Deutsch Theater umbenannt.
Der gerade Weg des 1995 gestorbenen Friedrich Schütter zu seinem derzeit durchstartenden Enkel führt übers Ohr. Pünktlich zum ausgemachten Interview­termin meldet sich da einer am Telefon, der unmöglich erst 28 sein kann. Na ja, eben der Enkel von Friedrich. Also der deutschen Stimme von Bonanza-Chef Ben Cartwright und "Kampfstern ­Galactica"-Commander Adama. Oder wie der hinhörende Kollege in der Redaktion meint: "Scheiße, mit der Stimme kriegt der jede." Das ist jetzt aber zu kurz gedacht.

"Da kann ich mich richtig in den Dreck legen"

David Schütter hat von siebzehn bis zwanzig die Schauspielschule in seiner Heimatstadt durchgezogen und in den letzten Jahren einige eindrucksvolle Gastspiele in Film und Fernsehen absolviert. Darun­ter ein kompromissloser Neonazi in "Wir sind jung. Wir sind stark.", ein Stricher in "Porn Punk Poetry", der auf­geblasene Immobilienfuzzi in der zweiten Staffel von "4 Blocks" und zuletzt ein leicht schizophrener Fotograf in dem DDR-Krimi­drama "Walpurgisnacht". In Schütters Worten "echt 'ne arme Sau".
"Diese Rollen sind schon toll. Da kann ich mich so richtig in den Dreck legen und drin suhlen", kommentiert Schütter das, was ihn neben einem Dauerabo auf Romantic Comedys viel Spaß macht. Jüngstes Beispiel: der leicht tumbe Robin in "8 Tage". Die Sky-Serie spielt die Varianten menschlichen Verhaltens im Angesicht einer nahenden Katas­trophe durch. Vor dem angekündigten Meteoriteneinschlag in Europa kann man sich totsaufen, Bunker bauen, flüchten oder Party machen. Im Panoptikum der Endzeitjünger spielt David ­einen Gewalttäter, der sich zum naiven Erlöser wandelt.
Um sich in dessen Denkmuster hineinzufühlen, musste Schütter von komplex auf geradeaus schalten. "Das war wahnsinnig schwer und ging dann plötzlich ganz leicht. Ich habe einfach Schüler in der S-Bahn beobachtet. Bin mitgefahren, um deren klare, ehrlich ausgestellte Gedanken zu beobachten. Entwaffnende Ehrlichkeit macht ja einen ganz großen Teil dieser Figur des Robin aus. Einfach weinen und sich nicht dafür schämen, einfach loslachen, wenn auch viel zu laut. Dieses Unge­filterte geht uns allen im Alltag ja flöten. Dahin zurück, das ist ein kleiner Kraftakt."

Er spielt jede Rolle nur einmal, aber laut


Das Vor und Zurück in der Wahl seiner Rollen gelingt Schütter ganz gut. Auch die James-Dean-/Brad-Pitt-Nummer, in der viele ihn am liebsten sehen, macht ihm keine Sorgen. "Ich muss ja dauernd wieder irgendwo raus. Erst musste ich vom Proleten wieder weg, dann vom Stricher und jetzt eben von diesem verletzlichen James-Dean-Ding. Ich versuche immer, was ich noch nicht war, und das mache ich so laut, dass einmal reicht. Von Eisscholle zu Eisscholle." Für die nächste darf es laut Schütter aber gern noch mal das intellektuel­le Arschloch sein, wie er es in ­"4 Blocks" hin­gelegt hat.
Auf lange Sicht hofft der gut gebuchte Durchstarter, ähnlich wie der von ihm verehrte Kollege Frederick Lau, "das Kind in sich" zu bewahren. Klingt schon komisch aus dem Mund eines U-30-Jährigen. Aber auch "in meinen frühen Jahren" geht Schütter ohne Mühe über die Lippen. Vielleicht ist er gar nicht 28? Wer noch mal genauer hinsehen will: freitags auf Sky 1 oder auf Streife mit Frede­rick Lau in der gerade gestarteten Kinokomödie "Sweethearts".