Als 18-Jährige wurde die Schriftstellerin Alice Sebold 1981 in einem Park vergewaltigt. Ihr traumatisches Erlebnis verarbeitete sie in den Büchern "Lucky" (1999) und "The Lovely Bones" (2002).
"The Lovely Bones" hat Regisseur Peter Jackson 2009 auch als Film auf die große Leinwand gebracht. Nicht thematisiert wurde dabei der Justizskandal, mit dem die tragische Geschichte einhergeht. Denn der vermeintliche Vergewaltiger war eigentlich unschuldig, was sich erst Jahre später herausstellte.
16 Jahre Haft für nicht begangene Vergewaltigung
Diese Geschichte kennt zwei Opfer. Da ist zum einen die US-amerikanische Schriftstellerin Alice Sebold (60), die 1981 in einem Park brutal vergewaltigt wurde. Und da ist zum anderen der Afroamerikaner Antony Broadwater, der als vermeintlicher Täter für dieses Verbrechen über 16 Jahre unschuldig im Gefängnis saß. Broadwater wurde 1998 aus dem Gefängnis entlassen, aber erst 2021 aufgrund neuer DNA-Beweise von den Vorwürfen freigesprochen. Kurz danach entschuldigte sich Sebold für das Unrecht, das ihm angetan wurde.
Alice Sebold bringt Unschuldigen hinter Gitter
Wie unter anderem TheGuardian berichtet, ereignete sich die Vergewaltigung in einem Park, als Sebold an der Syracuse University im US-Bundesstaat New York als Studentin eingeschrieben war. Monatelang musste sie sich von dem Verbrechen, bei dem sie auch brutal zusammengeschlagen worden war, erholen.
Schon kurze Zeit nach der Tat verhaftete die Polizei Broadwater als vermeintlichen Täter. Bei einer ersten Gegenüberstellung konnte Sebold ihn allerdings nicht identifizieren und bezichtigte einen anderen Mann.
Dessen ungeachtet wurde Broadwater vor Gericht gestellt, wo ihn die traumatisierte Sebold dann doch als vermeintlichen Vergewaltiger identifizierte. Ein Trugschluss, wie sich viel später herausstellten sollte. 1982 wurde Broadwater verurteilt. Er saß 16 Jahre, bis 1998, im Gefängnis. Erst im November 2021 wurde der inzwischen 61-jährige Mann von den Vorwürfen freigesprochen und gilt seitdem als rehabilitiert. Kurz darauf hat sich Sebold bei Broadwater entschuldigt.
Sebold wollte Gerechtigkeit
In einer bei Associated Pressveröffentlichten Erklärung schrieb Sebold, dass sie sich damals als "traumatisiertes 18-jähriges Vergewaltigungsopfer" entschieden habe, sich auf das amerikanische Rechtssystem zu verlassen. "Mein Ziel im Jahr 1982 war Gerechtigkeit – nicht die Fortsetzung von Ungerechtigkeit", schrieb Sebold und fügte hinzu: "Und schon gar nicht, das Leben eines jungen Mannes durch dasselbe Verbrechen für immer und unwiederbringlich zu verändern, das meines verändert hatte."
Broadwater weinte Freudentränen
Broadwater erklärte im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP, er habe "Tränen der Freude und Erleichterung" geweint, als er von dem Freispruch erfuhr. Sebold sagte: "Ich bin dankbar, dass Herr Broadwater endlich entlastet wurde, aber es bleibt die Tatsache, dass er vor 40 Jahren ein weiterer junger, schwarzer Mann war, der durch unser fehlerhaftes Rechtssystem zu Schaden kam. Was ihm angetan wurde, wird mir für immer leidtun."
Wie welt.de berichtet, ließ es sich Sebold nicht nehmen, sich auch direkt an Broadwater zu wenden und zu erklären: "Am meisten tut mir leid, dass Ihnen das Leben, dass Sie hätten führen können, zu Unrecht genommen wurde. Ich weiß, dass keine Entschuldigung etwas an dem ändern kann, was Ihnen widerfahren ist und es auch nie wird."
Immerhin erhält Broadwater eine finanzielle Entschädigung. Wie CBSNews im März 2023 berichtete, hat der Staat New York sich bereit erklärt, 5,5 Millionen US-Dollar (mehr als 5 Millionen Euro) an Broadwater zu zahlen.