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Netflix vs. Bayer: Dokumentarfilm "The Bleeding Edge" sorgt für Ärger mit Pharmakonzern

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Ein Dokumentarfilm bei Netflix hat den Pharmakonzern Bayer auf den Plan gerufen Montage: Sender / Getty Images

In dem Netflix-Dokumentarfilm "The Bleeding Edge" geht es um die Medizingerätebranche und darum, wie ihr Handeln die Gesundheit der Patienten gefährdet. Pharmariese Bayer hat die Filmemacher scharf kritisiert - doch die feuern nun zurück.

Erst kürzlich, am 27. Juli 2018, wurde mit "The Bleeding Edge - Das Geschäft mit der Gesundheit" ein neuer Dokumentarfilm bei Netflix online gestellt, in dem es insbesondere um den Teil der Pharmaindustrie geht, der medizinische Geräte und Instrumente herstellt. Laut eigenen Angaben des Streaming-Dienstes wird aufgezeigt, wie der Innovationsdruck, lasche Regulierungen, Vertuschungen und Profitorientiertheit zur Gefahr für die Patienten werden. Das wirft natürlich kein besonders gutes Licht auf die Konzerne und weil unter anderem auch ein Produkt von Bayer im Film behandelt wird, meldete sich der Hersteller selbst zu Wort, um das Werk von Kirby Dick and Amy Ziering scharf zu verurteilen. Wie Variety berichtet, lassen sich das die Filmemacher aber nicht gefallen.

Stein des Anstoßes: Essure

Grund für die Kritik des Pharmagiganten an dem Film ist die Darstellung des Verhütungsmittels Essure. In "The Bleeding Edge" gibt es Passagen, in denen eine Nutzerin von heftigen Schmerzen und chronischen Blutungen spricht, die sie wegen Essure hat. In der Doku wird gezeigt, wie sich ihr Gesundheitszustand so sehr verschlechtert, dass sie nicht mehr zur Arbeit gehen und deswegen ihre Miete nicht zahlen kann, weshalb sie schlussendlich dazu gezwungen ist, die vier Kinder in ein Heim zu bringen.

Zudem gibt es Aufnahmen von der US-Lebensmittelüberwachungs- und Arzneimittelbehörde FDA und der Anhörung zur Genehmigung des Arzneimittels. Im Film entsteht der Eindruck, dass Fragen zur Sicherheit nur unzureichend beantwortet wurden.

Die Kritik von Bayer

In einem offiziellen Statement wetterte Bayer kurz nach der Veröffentlichung von "The Bleeding Edge" gegen den Film und seine Macher. Darin heißt es, dass ein falsches und irreführendes Bild von Essure gezeichnet werde, das sich weitestgehend auf Anekdoten stützen würde und für das nur bestimmte Informationen aufgegriffen worden seien, damit diese in eine vorgefertigte Schlussfolgerung passen. Für die Doku seien wissenschaftliche Beweise ignoriert worden, ebenso wie die Tatsache, dass ohnehin schon ausreichend vor der Nutzung von Essure gewarnt werde.

Der Konzern habe den Filmemachern zur Genüge mit Informationen geholfen und sei der Meinung, dass viele Personen, die im Werk zu Wort kommen, eigene, unbekannte Interessen verfolgen könnten. Der Film würde jedenfalls all den Frauen keinen Gefallen tun, die sich auf das Produkt verlassen und die jetzt dazu genötigt werden könnten, in einem riskanten Prozedere Essure, das zuvor in den Körper eingesetzt wurde, wieder zu entfernen.

Ist die Kritik haltbar?

Dem Bericht zufolge hat Bayer aber auch bekannt gegeben, dass man offenbar bei der Firma "The Bleeding Edge" zu dem Zeitpunkt der Veröffentlichung des Statements nicht gesehen hat. Schließlich räumte man ein, dass man den Film auf Basis einer Besprechung von der Premiere beim Tribeca Film Festival angreift. Wenn also das milliardenschwere Unternehmen das Werk nicht in der Gänze zur Kenntnis genommen hat, lässt es seine Kritik daran weniger glaubwürdig erscheinen.

Vor Kurzem hat Bayer angekündigt, dass der Verkauf von Essure in den USA eingestellt werde, weil weniger Frauen insgesamt einen Bedarf an dauerhaften Verhütungsmitteln hätten. Zusätzlich schiebt man schlechter Publicity den schwarzen Peter zu, womit auch "The Bleeding Edge" gemeint ist. Ob aber auch an diesen Behauptungen etwas dran ist, dürfte fraglich sein: Variety schreibt, dass mehr als 16.000 Klagen gegen Bayer vorliegen würden, die alle mit der Nutzung von Essure im Zusammenhang stünden.

Die Reaktion der Filmemacher

Auf die Vorwürfe von Bayer hat nun das Team hinter "The Bleeding Edge" in einer gemeinsamen Antwort reagiert. "Wir sind nicht darüber überrascht, dass Bayer unseren Film attackiert hat", heißt in dem Schreiben. Der Konzern habe schon häufig Kritiken an Essure verleumdet, statt zu den dadurch verursachten Schäden Stellung zu beziehen.

Die Wahrheit sei, dass das Produkt voreilig auf den Markt gebracht worden wäre und es im Vorfeld nur unzureichende Studien gegeben habe. Die Fakten im Film seien jedenfalls korrekt und ausführlich überprüft worden und man sei froh darüber gewesen, als man von der Entscheidung hörte, den Verkauf zukünftig zu stoppen.

Wie die Kontroverse weitergehen wird, ist aktuell noch nicht abzusehen, aber klar ist, dass die Filmemacher erfolgreich das Pharmaunternehmen aus der Reserve gelockt hat - ob das nun so intendiert war oder nicht. "The Bleeding Edge - Das Geschäft mit der Gesundheit" ist aktuell bei Netflix zu sehen.
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