Am 30. Januar 2020 startet im Kino Greta Gerwigs Verfilmung des vor allem in den USA verehrten Kultromans "Little Women", den Louisa May Alcott in zwei Teilen 1868/1869 veröffentlichte. Sechs Nominierungen für den Oscar 2020 heimste die neuste Adaption des Romans ein, der nicht zum ersten Mal verfilmt wurde. So spielten bereits Stars wie Katharine Hepburn, Elizabeth Taylor oder Winona Ryder die vier March-Sisters. Die bekannteste Verfilmung war bisher 1994 "Betty und ihre Schwestern", den man sich bei Amazon Prime Video (Abo für 7,99 Euro/Monat nach Ablauf des 30-tägigen Gratiszeitraums) zu Gemüte führen kann.
Nun hat sich mit Greta Gerwig ("Lady Bird") eine der wichtigsten Stimmen des jungen US-Indie-Kino dem klassischen Stoff, in Deutschland manchmal auch als "Kleine Frauen" bekannt, angenommen, mit Jungstars wie Saoirse Ronan und Timothee Chalamet. Sie bleibt dem feministischen Geist der Vorlage natürlich treu, erlaubt sich aber auch Freiheiten gegenüber der Vorlage und setzt andere Schwerpunkte als frühere Adaptionen. Wir haben die wichtigsten Unterschiede gesammelt.
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Zeitsprünge und Politik
Achtung: Es folgen selbstverständlich SPOILER zum Buch und zum Film!
Zeitsprünge
Der Roman von Louisa May Alcott setzt zu einem bestimmten Zeitpunkt im Leben von Meg, Jo, Beth und Amy ein und schreitet dann linear weiter voran. Greta Gerwig nimmt sich eine größere Freiheit heraus. Sie beginnt mit einer Vorblende, bei der die schriftstellerisch ambitionierte Jo (Saoirsie Ronan) ihr Buch einem Verleger vorstellt. Später springt die Handlung munter und mutig durch die Zeiten.
Jo schreibt "Little Women"
Wie gerade beschrieben, startet der Film damit, dass Jo ihr Buch vorstellt. Dabei handelt es sich um kein anderes als eben um "Little Women", der Rest des Films beschreibt also, was Jo über ihre Familiengeschichte zu Papier gebracht hat. Im Roman wird Jo auch eine Schriftstellerin, schreibt aber nicht, wie in Gerwigs Meta-Kniff "Little Women".
Aunt March ist präsenter
Im Buch ist die strenge, aber die Mädchen auch fördernde Tante die graue Eminenz im Hintergrund. Im Film ist sie deutlich präsenter, auch weil sie von Schauspieltitanin Meryl Streep gespielt wird, die wir natürlich sehen wollen. Anders als im Buch ist sie übrigens nicht die Tante vom Vater der March-Mädels, sondern seine Schwester.
Sklaverei wird angedeutet
Im Roman, der immerhin wenige Jahre nach dem Ende des Amerikanischen Bürgerkriegs erschien, spielt die Politik kaum hinein, obwohl Vater March als Priester im Krieg dient. Gerwig holt die historischen Hintergründe an einer Stelle in Erinnerung. Amy weigert sich, eine Karikatur von Präsident Lincoln zu zeichnen und nimmt lieber ihre Lehrerin aufs Korn (im Buch wird sie bestraft, weil sie verbotenerweise eingelegte Limetten ist). Eine Klassenkameradin plädiert im Streit dafür, dass der Süden seine Arbeitsweise (also Sklavenarbeit) behalten solle.
Jos Liebesleben
Hauptfigur Jo ist in Film wie Buch eine starke, unabhängige junge Frau, in der aktuellen Version noch etwas mehr. Sie kann aber auch Gefühle zeigen. Sie sagt in einem Monolog, dass sie sich trotz oder wegen ihrer Unabhängigkeit einsam fühle. Sie schreibt Laurie (Timothee Chalamet) einen Brief, in dem sie bereuet, seinen Antrag abgelehnt zu haben. Als sie Professor Bhaers Antrag annimmt, küssen sie sich zwar mit Leidenschaft, es wird aber auch deutlich, dass sie nur wegen gesellschaftlicher Zwänge heiratet.
Professor Bhaer und Beths Tod
Professor Bhaer
Keine Figur unterscheidet sich so stark in Buch und Film wie Professor Bhaer. Der Deutsche, der Jo schließlich einen Antrag macht, ist im Buch deutlich älter als sie und wird als unattraktiv beschrieben. Während Bhaer im Roman ein hartnäckiger Kritiker von Jos schriftsteller Arbeit ist, fördert sie der Film-Bhaer stärker. Ihn verkörpert bei Gerwig der 36-Jährige, nicht gerade hässliche Louis Garrel.
Beths Tod
In Buch wie Film stirbt die arme Beth an Scharlach. Während ihr Tod im Film von Greta Gerwig eher überraschend kommt, siecht sie im Buch über sehr viele Seiten langsam dahin.
Christlicher Glaube
Im Roman spielt der christliche Glaube eine große Rolle als Motivation für die Handlungen der March-Familie, vor allem was das Kümmern um die arme Nachbarsfamilie Hummel betrifft. Auch wenn der Vater auch im Film ein Pfarrer ist, wird das Christentum nicht explizit erwähnt.
Schule für Jungs
Eine kleine Änderung: Am Ende des Romans bauen Jo und Bhaer eine Schule für Jungen auf. Im Film ist es eine Bildungsanstalt für Mädchen, was den feministischen Charakter noch stärker betont.
Den Trailer zur Neuverfilmung seht ihr übrigens hier: