In der DDR wurde Reiner Kunzes Buch Die wunderbaren Jahre, bestehend aus einer Abfolge kunstvoll gedichteter Prosa-Miniaturen, erwartungsgemäß als »verleumderisch« bezeichnet; in der Bundesrepublik hingegen avancierte die Ab rechnung mit dem DDR-Staat zum überraschenden Bestseller. Dieser unerwartete Erfolg verhalf dem Schriftsteller Kunze zu seiner ersten eigenen Regiearbeit, mit der der Autor versuchte, seinem literarischen Werk gerecht zu werden. Um es gleich vorwegzunehmen : Dieses Unterfangen ist ihm gründlich missglückt. In einzelnen episodenhaft erzählten Begebenheiten entwirft Kunze ein wenig schmeichelhaftes Bild vom Leben in einer kleinen thüringischen Stadt, wobei die DDR aber »nicht der einzige Schauplatz ist, an dem dieser Film spielen könnte«, wie Kunze immer wieder betonte. Das Mädchen Cornelia (Marr) stammt aus einem liberal eingestellten Elternhaus. Sie verliebt sich in den 17-jährigen Stephan (May), der sich nach einer ideologiekritischen Äußerung mit der Schulb ehörde anlegt, was zur Folge hat, dass er nicht den Beruf des Musikers ergreifen darf. In seiner Verzweiflung und grenzenlosen Enttäuschung nimmt Stephan sich das Leben. Cornelia kann im letzten Moment von ihren Eltern davon zurückgehalten werden, dem Beis piel ihres Freundes zu folgen. Für die konservative Presse, allen voran Springers Vorzeigeblatt Die Welt, war Kunzes Film schlichtweg ein »Kunstwerk«, die linksliberalen Kreise warfen dem Autor und glücklosen Regisseur indes vor, mit seinem Werk die ohnehi n schon zur Genüge bestehenden Vorurteile gegenüber der DDR und ihren Menschen zusätzlich geschürt zu haben. Dort, wo es Erklärungen bedurft hätte, rettet sich die 2,7 Mio. DM teuere Produktion in platte Klischees. Anstelle von versierten Schauspielern agi ert hilflos eine blasse Laiengarde, die den provinziellen Charakter des Films nur noch unterstreicht. »Dass man den beklemmenden Eindruck hat, nicht einen Film über die DDR zu sehen, sondern einen DDR-Film, und zwar einen aus den 1950er-Jahren, dass Kunze ständig in Bild und Ton unfreiwillig die Atmosphäre jenes Spießer-Muffs erzeugt, den er anprangern will, dekuvriert ihn selbst als das verklemmte Produkt jenes stickigen Milieus.« (Der Spiegel)
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